- Literarischer Spaziergang am 02.09.2020
Landleben in Hürth am Beispiel der Pescher Höfe
Diese Veranstaltung der Lesefreunde Hürth war eigentlich schon für das Frühjahr geplant, musste aber wegen der Corona-Situation verschoben werden. Wie zur Belohnung für das Warten konnten sich die Teilnehmer*innen nun an einem strahlenden Spätsommertag erfreuen. Treffpunkt war das namenlose Plätzchen an der Straßenecke „An den Pescher Höfen“ und „Kringsweg“. Hier informierte Stadtarchivar ausführlich und anschaulich über die Geschichte dieses großen Landgutes und das bäuerliche Leben in Hürth.
Foto: Lesefreunde Hürth
Der große Hof wurde abgerissen, als die Einwohner*innen von Knapsack ab 1970 wegen der zunehmenden Luftverschmutzung in diesem Ortsteil die Möglichkeit der Umsiedlung erhielten und in dem Gebiet um die Pescher Höfe neu bauen konnten. Alle Straßennahmen wurden mit Bezug zu Knapsack und bekannten Persönlichkeiten dieses Ortes gewählt. Vor allem von Pastor Krings gibt es zahlreiche Anekdoten. Eine Teilnehmerin trug eine dieser Geschichten mit typisch rheinischem Sprachklang vor.
Der weitere Spaziergang führte die Gruppe dann durch die Siedlung und einem schmalen Fußweg weiter über den Villering hin zu den Kirchen St. Joseph und Martin- Luther-King.
Sowohl die Katholische als auch die Evangelische Kirche sind erst nach der Umsiedlung der Knapsacker erbaut worden und stehen seitdem in baulicher Ökumene nebeneinander. Die Gemeinderäume von St. Joseph werden inzwischen von der Stadt Hürth als Familienzentrum genutzt.
„I have a dream“, hatte Martin Luther King vor über 50 Jahren den Menschen zugerufen. Eindrucksvoll hat eine Teilnehmerin Ausschnitte dieser berühmten Rede in Englisch und Deutsch vorgelesen. Die Zuhörer*innen waren sich einig, dass der Text nach wie vor hoch aktuell ist.
Viele Menschen gehen jeden Tag über den Berliner Platz unterhalb des Einkaufszentrums. Aber wie viele von ihnen mögen den Gedenkstein beachten, der dort Hürther Opfer des Nationalsozialismus nennt? Michael Cöln gab einen Überblick über diese Zeit in der Stadt und führte dann zur Skulptur „Der Schrei“ im dahinterliegenden Grün. Der Hürther Künstler Hubert Bruhs hat sie ebenfalls zum Gedenken an die Opfer geschaffen.
Dort machten einige vorgelesene Zitate der Schriftstellerin Irmgard Keun deutlich, dass sie – wie viele andere Künstler auch – schon im Jahr 1933 die Düsternis und die Repressalien des Nationalsozialismus bemerkt hat.
Auch der Autor Erich Kästner hat das kommende Unheil früh geahnt und ausgesprochen. Mit ihm und seinen Texten werden sich die Lesefreunde im November in drei Lese-Café-Veranstaltungen beschäftigen. Der heutige Spaziergang wurde deshalb bereits mit einem Gedicht von ihm passend zu diesem Monat beendet: September.
Am Ende waren sich die Teilnehmenden einig, dass trotz Abstand und Maske eine interessante und lebendige Veranstaltung möglich ist. Die Mischung aus Sachinformationen durch den Stadtarchivar und passende literarische Beiträge hat sich wieder bewährt, und es gibt bereits weitere Ideen für zukünftige Literarische Spaziergänge der Lesefreunde zusammen mit dem Stadtarchivar Michael Cöln.
Text: Ulla Buse