Unsere Lesetipps

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Lesetipps vom 10. Oktober 2024 zu Dresden

Florian Illies: Zauber der Stille (2023) *

„Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten“ hat der Autor als Untertitel für sein Buch über das Leben dieses berühmten deutschen Malers genannt. Erzählerisch begleitet er den Künstler von seinem Geburtsort Greifswald an der Ostsee und bei seinen Wanderungen durch Brandenburg, die Sächsische Schweiz und das Riesengebirge. Vor allem aber beschreibt er das Leben Friedrichs in Dresden, wo dieser mit seiner Familie jahrzehntelang direkt an der Elbe wohnte und in seinem Atelier malte. Durch Erklärungen zu einzelnen Bildern und der Arbeitsweise des Malers weckt Illies gleichzeitig Verständnis für den Menschen Caspar David.

Friedrich ist ein Künstler, der kurz nach seinem Tod vergessen war, dessen Bilder schwer zu verstehen sind, der aber heute wieder äußerst populär ist. Der Autor schreibt in diesem Sachbuch spannend über mögliche Gründe dafür. Vielleicht regt dies zu einem Besuch der Ausstellung in Dresden an, die bis Januar 2025 seine wichtigsten Bilder zeigt.

Hans Pleschinski: Der Flakon (2023)

Der preußische König Friedrich ist im August 1756 in Sachsen einmarschiert und hat bald erste Gebiete erobert. Friedrich August, Herrscher über Sachsen und Polen, und sein Premierminister Heinrich von Brühl sind aus Dresden nach Warschau geflohen. Die Königin, Reichsgräfin Frau von Brühl, ihre Kammerzofe und einige Bedienstete harren in der Dresdner Residenz aus. Von dort plant die Reichsgräfin die Ermordung Friedrich des Großen. Dazu braucht sie allerdings Menschen mit direktem Kontakt zum König. So reist sie unter einem Pseudonym mit der Zofe in einer Postkutsche nach Leipzig und hat dabei einen Flakon mit Gift in ihrem Gepäck. In der Stadt sucht sie in einigen Gesprächen jemanden, der bereit zur Tat ist.

Geschichtsinteressierte Leser*innen werden den Erzählstil des Autors und den Einblick in ein wenig bekanntes Ereignis und eine sich verändernde Zeit sicher schätzen. Im Epilog erfährt man auch noch mehr über den historisch belegten Hintergrund.

Durs Grünbein: Der Komet (2023)

Am 13. Februar 1945 wurde die Stadt Dresden in einer Nacht nahezu vollständig durch englische und amerikanische Bombenwürfe zerstört. Diesem ersten Angriff folgten vier weitere Wellen, bei denen ca. 25.000 Menschen in einer Feuersbrunst starben. Dora W. ist eine der Frauen, die den Schrecken überlebt hat. Als junges Mädchen von Schlesien aus Liebe zu einem Fleischer umgezogen, erlebt sie einige glückliche Jahre in dieser Stadt voller Schönheit und Kultur. Hinweise auf die Judenverfolgung und die Grausamkeit des Krieges kann sie ebenso wie viele andere verdrängen. Aber war der Halleysche Komet, der zu Beginn des Jahrhunderts zu sehen war, nicht schon ein Hinweis auf ein drohendes Unglück mit viel Feuer?

Der Autor beschreibt am Beispiel seiner Protagonistin, wie und wo das Leben in Dresden vor der Schicksalsnacht stattgefunden hat. Das Bild von Dora bleibt dabei etwas blass, die Beschreibung der Stadt und dem Leben dort gelingt ihm eindrücklicher.

(alle Empfehlungen von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. #= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

 

Lese- und Hörtipps zum Lese-Café vom 02. Oktober 2024 zu Anne Beaumanoir

Anne Weber: Annette, ein Heldinnenpos (2020) *#

Anne Beaumanoir, im Buch Annette genannt, wächst in einer liebevollen Familie in der Bretagne auf. Hier erlebt sie von Kindheit an, wie wichtig es ist für Recht und Gerechtigkeit einzustehen. Kurz nach Beginn ihres Medizinstudiums besetzt die deutsche Wehrmacht den größten Teil des Landes. Annette hat schon bald Kontakt zu Mitgliedern der Résistance und übernimmt zuerst kleinere Botenaufträge für diese Widerstandsbewegung. Im Laufe der Kriegsjahre wird sie zunehmend aktiv und nimmt dabei auch persönliche Einschränkungen in Kauf. Nach Kriegsende beendet sie ihr Studium, wird sie eine geachtete Neurologin, heiratet, und gibt kurz nach Geburt ihres dritten Kindes dieses Leben auf, um sich intensiv in der algerischen Unabhängigkeitsbewegung zu engagieren. Anne Beaumanoir lebt später hochgeachtet in Südfrankreich und stirbt dort im März 2022 im Alter von 98 Jahren.

Anne Weber erzählt in ungewöhnlicher Form vom lebenslangen Kampf Anne Beaumanoirs um Gerechtigkeit und Freiheit sowie von ihrem Schicksal in der Résistance und im algerischen Widerstand. Ein lebendiges Porträt einer Frau, die ihren Überzeugungen treu geblieben ist.

(Empfehlung von Lesementorin Jutta Niermann)

 

Uwe Wittstock: Marseille 1940. Die große Flucht der Literatur (2024)

Im Juni 1940 hat die deutsche Wehrmacht nach wenigen Angriffstagen bereits große Teile Frankreichs besetzt. Widerstand gegen die Herrschaft der Nationalsozialisten gibt es nur noch im Untergrund. Dies bedeutet für Hunderttausende Menschen erneut große Gefahr – waren sie doch aus Deutschland hierher geflohen und hatten sich sicher gefühlt. Nun müssen sie versuchen, in Übersee Asyl zu bekommen. Das ist nicht einfach, denn die neue französische Regierung unter Pétain paktiert mit den Deutschen, mögliche Aufnahmeländer zögern mit der Ausstellung von Visa, es fehlt an Geld und sicheren Fluchtmöglichkeiten. Dabei besteht im Ausland durchaus Interesse daran, zumindest bekannten deutschen Intellektuellen und Künstler*innen zu helfen. Treffpunkt für alle ist die Hafenstadt Marseille. Dort können die Flüchtlinge auf organisatorische Hilfe und finanzielle Unterstützung hoffen.

Der Autor führt durch die bedrohliche Situation derer, die in Frankreich vermeintlich sicher im Exil gelebt haben und nun um ihr Leben fürchten. Beim Lesen entsteht ein Bild vom Schrecken unzähliger Menschen – aber auch dem Mut und der Einsatzbereitschaft vieler.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Anne Frank: Tagebuch (2001) *

Anne Frank wurde 1929 in Frankfurt geboren. Ihre Eltern flohen bereits 1933 vor den Nationalsozialisten und zogen nach Amsterdam. Doch die Deutsche Wehrmacht besetzte die Niederlande, und ab 1942 verstärkten sich die Einschränkungen für und Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung. Im gleichen Jahr versteckten mutige Menschen die Familie Frank und weitere Personen in einem Hinterhaus. Hier lebten acht Personen auf engstem Raum, bis sie im August 1944 verraten und in die Konzentrationslager Auschwitz und Bergen-Belsen verschleppt wurden. Anne und ihre Schwester starben dort an Typhus und Entkräftung.

Nach vielen Jahren habe ich das Buch noch einmal gelesen. Die Geschichte der Familie erschüttert unvermindert. Nicht in Erinnerung hatte ich, wie erfrischend und ehrlich Anne von ihrem Heranwachsen und ihren Gefühlen erzählt.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Anthony Doerr: Alles Licht das wir nicht sehen (2014)

Werner Hausner wächst in den 1930-er Jahren in einem Essener Waisenhaus auf. Einmal findet er ein defektes Radio und ihm gelingt die Reparatur. Danach hört er am liebsten die abendliche private Sendung eines Franzosen. Werner erweitert sein technisches Wissen enorm und wird deshalb von den Nationalsozialisten für die Ortung von gegnerischen Funkgeräten an der Front ausgebildet. Gegen Kriegsende ist er in der Bretagne. Dort lebt die blinde Marie-Laure, die mit ihrem Vater Daniel von Paris zu Verwandten nach Saint-Malo geflohen ist. Bald ist er dort im Widerstand aktiv, wird jedoch verraten und verschwindet. Das Mädchen hat ein enges Verhältnis zu ihrem Onkel, der aus dem Wohnhaus über Funk im Rahmen einer Sendestunde Nachrichten der Résistance verschickt. Diese werden auch von Werner empfangen, aber nicht weiterverfolgt, da er seine frühere Lieblingssendung wiedererkennt. Dann beginnt in der Normandie die Gegenoffensive der Alliierten, und Werner trifft noch in den letzten Kriegstagen auf Marie-Laure, in die er sich gleicht verliebt.

Voller Farben schildert der Autor das Leben des blinden Mädchens, bedrückend den Weg des Jungen, der sich eigentlich nur für Technik interessiert und damit vom politischen System ausgenutzt wird. Eine Geschichte, die bis zuletzt berührt und aufwühlt.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Anne Beaumanoir: Wir wollten das Leben ändern. Band 1 und 2 (2019-2020)

Band 1 (Leben für Gerechtigkeit) umfasst Kindheit, Jugend und die Zeit in der Résistance bis zum Jahr 1944. In Band 2 (Kampf für Freiheit) geht die Autorin auf die Umstände ein, die zu ihrem Engagement in der algerischen Befreiungsbewegung führten und schildert die Jahre in Algerien.

Was Anne Weber aus den Lebenserinnerungen Anne Beaumanoirs und vielen Gesprächen mit ihr literarisch umgesetzt hat, wird hier minutiös nachvollziehbar: Hintergründe, politische Verhältnisse und konkrete, anekdotisch beschriebene Situationen.

Bettina Storks: Die Kinder von Beauvallon. Ein Roman nach wahren Begebenheiten (2023) Die engagierte Radiomoderatorin Agnes kommt 1965 bei Recherchen für einen Beitrag auf die Spur ihrer tot geglaubten Freundin Lily, die 1940 zusammen mit ihrer Familie und vielen anderen südwestdeutschen Juden nach Gurs in Südfrankreich deportiert wurde. Lily konnte mit Hilfe einer Résistance-Angehörigen aus dem Lager fliehen und in einer Internatsschule in der Drôme den Krieg überleben. 1965 arbeitet sie bei der Zentralen Verfolgungsstelle für Naziverbrechen in Ludwigsburg. Die Wiederannäherung der beiden Freundinnen ist nach all den Jahren schwierig, Lily leidet an den Erinnerungen und am Verlust ihrer Familie. Mit Unterstützung von Lilys Jugendfreund aus dem Internat, Jean, kommen sich die beiden Freundinnen wieder näher.

Dass im französischen Dorf Dieulefit bis Kriegsende 1500 Flüchtlinge überleben konnten, ist auch den Leiterinnen der nahe gelegenen Internatsschule von Beauvallon zu verdanken. Reale Ereignisse eingebettet in eine fiktive Geschichte mit wechselnden Zeitebenen.

 

Anna Tüne: Von der Wiederherstellung des Glücks (2010)

Eine deutsche Familie versucht in den 1950er Jahren im Rahmen eines Besiedlungsprogramms einen Neuanfang auf einem verlassenen Bauernhof in der Drôme. Die Stimmung in der Nachbarschaft ist uneinheitlich. Es gibt Skepsis und Feindseligkeiten gegenüber den neuen Mitbürgern, aber die Familie erfährt von Anfang an auch Unterstützung durch integere und einflussreiche Personen im Ort, die beim Einleben in die schwierigen äußeren Umstände und in die Gemeinschaft helfen. Nach zehn harten, arbeitsreichen Jahren, die aber auch insbesondere bei den Kindern mit vielen eindrucksvollen Erfahrungen mit Natur, Tieren und Menschen einhergehen, geht die Familie wieder nach Deutschland zurück und verabschiedet sich mit einem großen Fest.

Eine deutsche Familie im Frankreich der 1950er Jahre – auch in der Nähe von Dieulefit ein Wagnis. Anna Tüne erzählt aus der Sicht „der Kleinen“ der Familie von Zerrissenheit, Ablehnung, Annäherung, Toleranz und einer Kindheit mit wunderbaren Lebenserfahrungen.

• Anne Weber: Annette, ein Heldinnenepos. Verbeugung vor einer kleinen, schmächtigen und mutigen Frau. Gespräch Anne Weber, Andrea Gerk https://www.deutschlandfunkkultur.de/anne-weber-annette-ein-heldinneneposverbeugung-vor-einer-100.html

• Thomas Pfaff: Zweimal im Widerstand. WDR Zeitzeichen 30.10.2023 https://www1.wdr.de/mediathek/audio/zeitzeichen/audio-zweimal-im-widerstand-dasleben-der-anne-beaumanoir-100.html

• Thomas Pfaff: Das „Wunder von Dieulefit“ beginnt. WDR Zeitzeichen 10.07.2015 https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/dieulefit-frankreich-krieg-

104.html

(Alle Empfehlungen von Lesementorin Jutta Niermann)

*= Dieses Buch kann in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. #= Dieses Buch kann in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

Lesetipps vom 05. September 2024

Alba de Céspedes: Aus ihrer Sicht (1949/2023) # Alessandra wächst in Rom auf, das 1939 fest unter faschistischer Herrschaft steht. Dies bedeutet auch, dass den Frauen sehr viel weniger Entfaltungsmöglichkeiten als den Männern zugestanden werden. Das Mädchen erlebt es tagtäglich in der Familie, denn ihre Mutter muss sich den Wünschen und Bedingungen des Vaters unterordnen. Nach ihrem frühen Tod schickt der Vater Alessandra in ein kleines Dorf in die Abruzzen. Dort fügt sie sich aber nicht wie erwartet ein, sondern strebt schon bald nach Freiheit und Gleichberechtigung. Davon ist später auch ihre Beziehung zum Philosophen Francesco geprägt, die aber unglücklich endet.

Ich fand die Beschreibung der Lebenssituation einer armen italienischen Familie und die unterschiedlichen Möglichkeiten von Männern und Frauen in dieser Zeit sehr interessant.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Conny Werner)

Lena Frings: Talmäander (2023) Lena Frings ist in Kreuzberg an der Ahr aufgewachsen. Sie erzählt von ihrer Kindheit und Jugend mit intensiven Erlebnissen der Natur und als Kind umweltbewusst denkender und lebender Eltern. Parallel beschreibt sie Entstehung, Struktur, Schönheit und Probleme mäandrierender Flüsse wie der Ahr. Die Flutkatastrophe 2021 hat auch ihre Familie stark betroffen, ihre Spuren hinterlassen und Menschen wie Landschaft verändert.

Wie gut Lena Frings Landschaft und Menschen charakterisiert und beides miteinander in Beziehung setzt, hat mich fasziniert. Das Hochwasser an der Ahr von 2021 und seine Folgen werden ohne Dramatisierung geschildert. Ein sehr informatives, gut beobachtendes, dabei empfindsames und mitfühlendes Buch über eine besondere und veränderte Landschaft und ihre Menschen.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Jutta Niermann)

Roswitha Quadflieg: Neun Monate: Über das Sterben meiner Mutter (2014) Neun Monate dauert es von der Empfängnis bis zur Geburt eines Kindes und jeder Tag bedeutet eine Veränderung und Entwicklung. Ebenso lange dauert es von dem Zeitpunkt an, als die 92-jährige Mutter der Autorin sterben will, bis zu ihrem tatsächlichen Tod. Wie in einer Schwangerschaft verändert sich auch in dieser Zeit täglich etwas in ihrem Verhalten, ihrem Blick auf die Welt und im Verhältnis zu ihrer Tochter. Diese beobachtet ihre Mutter, stellt Fragen, lässt sie über ihr Leben erzählen und dokumentiert die Entwicklung. Einfühlsam und geduldig begleitet die Autorin so ihre Mutter auf deren monatelangem Weg zum Lebensende.

Es hat mich sehr berührt, wie sensibel die Tochter auf die Veränderungen im Wesen ihrer Mutter reagiert und immer auch wieder die Persönlichkeit, die diese einmal war, in den Fokus stellt. Sie schildert manche Situationen mit so viel Witz und Humor, dass es trotz allem Freude macht, das Buch zu lesen.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Schatzmeisterin der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. #= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

 

Lesetipps vom 29. August 2024 zu Sigrid Undset,

Literaturnobelpreisträgerin von 1928

 

Das glückliche Alter (1908/2019)

„Ach, das ist ein glückliches Alter, Kinder, in dem ihr jetzt seid – das ganze Leben, die ganze herrliche Jugend noch vor euch!“ Das sagt Frau Iversen zu ihrer 18 jährigen Tochter Birgit und der gleichaltrigen Nichte Uni. Doch die beiden jungen Frauen und ihre Freundinnen empfinden das keineswegs immer so. Ihre Suche nach einem selbstbestimmten Leben ist anstrengend, weil sie von gesellschaftlichen Konventionen eingeengt sind. Sie erleben, dass ein beruflicher Erfolg bestenfalls vorübergehend bis zu einer Heirat geduldet wird und ihr persönliches Glück sehr vom Verhalten und Status des Ehemannes abhängt. Für eine voreheliche Schwangerschaft müssen sie sich als Frau schuldig fühlen und werden von der Gemeinschaft sozial abgestraft.

Die Geschichte ist über 100 Jahre alt und dennoch erstaunlich aktuell. Mich hat es erschrocken, wie tief viele der Gedanken und Einstellungen auch heute noch wirken und sogar erstarken.

 

 

Trilogie: Kristin Lavranstocher – Erstes Buch: Der Kranz (1920/2021)

Kristin wächst auf dem Jörundhof auf und lernt durch besondere Zuwendung ihres Vaters das Land, die Tiere und die Landwirtschaft gut kennen und lieben. Das Verhältnis zu ihrer Mutter ist distanziert. Als ganz junges Mädchen wird sie Simon zur Heirat versprochen, den sie durchaus angenehm findet. Während eines längeren Aufenthaltes in einem Kloster, der eigentlich ihrer Erziehung dienen soll, lernt sie Erlend kennen,  und die beiden verlieben sich. Trotz aller Verbote und Gefahren lassen sie sich auf eine intime voreheliche Beziehung ein. Beide müssen große Schwierigkeiten überwinden, um heiraten zu können. Während fast alle noch an eine Jungfrauenheirat von Kristin glauben, ist sie bei der Hochzeit bereits schwanger.

 

                                                     Zweites Buch: Die Frau (1921 /2022)

Kristin und Erlend leben nun auf seinem Gut Husaby. Es stellt sich allerdings heraus, dass er kein guter Verwalter ist, sich vielmehr in politischen Ränkespielen engagiert. Die Sorgen um den Hof und die sieben Söhne ruhen auf Kristins Schulter. Sie hat große Schuldgefühle wegen ihrer verschwiegenen ersten Schwangerschaft und nimmt dafür alle Sorgen als Buße auf sich.

 

                                                     Drittes Buch: Das Kreuz (1922/2022)

Kristin und Erlend leben sich immer weiter auseinander. Familiäre Schicksalsschläge und fatale Entscheidungen beschleunigen ihre Entfremdung. Die Söhne haben nicht viel Interesse daran, den elterlichen Hof weiterzuführen und verlassen ihn nach und nach. Auch Erlend zieht fort und stirbt. Kristin sucht ihren Frieden im Kloster, wo sie während einer Pestepidemie stirbt.

 

Eine Romanfolge, für die man Leseausdauer braucht. Belohnt wird man mit wunderbaren Beschreibungen der Landschaft Norwegens und seiner Bewohner*innen, einem Einblick in das Leben dort im 14. Jahrhundert und der Erzählung über eine starke Frau, die trotz aller Schwierigkeiten und  gesellschaftlichen Anforderungen ihren eigenen Weg sucht.

 

 Rückkehr in die Zukunft. Autobiographische Erzählung (1945/2023)

Sigrid Undset hat im Jahr 1928 mit der Verleihung des Nobelpreises als Schriftstellerin alles erreicht, was sich eine Autorin wünschen kann. Aber ihre Ehe ist gescheitert, sie muss ihre drei Kinder alleine versorgen und ernähren. Ihre geistig behinderte Tochter ist bereits gestorben, als die deutsche Wehrmacht 1940 Norwegen besetzt. Ihr ältester Sohn Anders stirbt schon in den ersten Tagen des Widerstandes im Kampfgeschehen. Sie selber muss als überzeugte Antifaschistin die Verfolgung durch die Nationalsozialisten fürchten. Mit ihrem Sohn Hans kann Sigrid Undset über Russland und Japan in die USA ausreisen und lebt dort einige Jahre im Exil.

Dieses Buch ist 2023 das erste Mal auf Deutsch erschienen. Auch in dieser Erzählung  zeigt die Autorin, wie meisterhaft sie Landschaften und Menschen beschreiben kann. Ihre politischen Aussagen sind kritisch, klar und am Ende immer versöhnlich.

  

Kirsten Boie:   Aufruf zum Größenwahn. (2024)

Warum Frauen den Mut haben sollten, alles zu wollen

Die Kinderbuchautorin, geboren 1950, hat am 8. März 2020 aus Anlass des Internationalen Frauentages beim Senatsempfang im Hamburger Rathaus eine Rede gehalten und sie für dieses Buch noch einmal überarbeitet. Dabei erzählt sie von den eingeschränkten Entscheidungsmöglichkeiten von Frauen ab den 1950-er Jahren und verknüpft dies mit ihrer persönlichen Lebenssituation. Vieles hat sich seitdem glücklicherweise geändert. Sie erklärt auch den Einfluss der Kinder- und Jugendliteratur auf das Weltbild und die Entwicklung von jungen Leser*innen und erzählt, inwieweit das ihre Arbeit als Schriftstellerin beeinflusst hat. 

Wenige Jahre jünger als Frau Boie habe ich natürlich Erfahrungen aus meinem Leben wiedererkannt. Ihre Gedanken über Kinderliteratur sind wichtig für alle, die Bücher für Kinder aussuchen.

 

Interessante Sendungen zu Sigrid Undset und ihrer Zeit:

 Archiv von Deutschlandfunk Kultur zu Sigrid Undset:

 05.01.2022:    Kristin Lavranstochter. Eine konservative Feministin

 29.06.2022:   
Kristin Lavranstochter – Das Kreuz.
Menschliche Tragödie von Shakespearscher Wucht

ARD – Mediathek im Fernsehen:
Serie: Atlantic Crossing
Über das Meer für ihr Land und die Familie
Die norwegische Kronprinzessin Märtha und ihre Kinder in den USA

(Alle Empfehlungen von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

 

 

Lesetipps vom 22. August 2024

Henrik Fexeus, Camilla Läckberg: Schwarzlicht (2022) *

Dieser Leichenfund erschreckt auch die Mitglieder der Stockholmer Mordkommission: Vor einem Vergnügungspark finden sie in einer speziellen Holzkiste für Zaubertricks eine Frau, die durch Schwertstiche grausam ermordet wurde. Bei der Aufklärung des Falles erhält Kommissarin Miri Dabiri Unterstützung durch den Mentalisten Vincent Walder. Er ist Psychologe und trotz seiner persönlichen Schwierigkeiten ein äußerst genauer Beobachter und Kenner des menschlichen Verhaltens. Die anfängliche Theorie von einem missglückten Zauberversuch ist nicht mehr haltbar, als ein zweiter Mord geschieht. Zum Glück entdeckt Walder nun einen Code, dessen Entschlüsselung bei den weiteren Ermittlungen hilft. Dabei spielen Geheimnisse aus der Vergangenheit der Kommissarin und des Psychologen eine Rolle.

Auch wer über die Beschreibungen des ersten brutalen Mordes rasch hinwegliest, kann mit Spannung die Aufklärung der Fälle verfolgen. Sehr gut gefallen haben mir die ausführlich geschilderten Charaktere des Ermittlerduos und des Teams.  Krimifreunde können sich auf die weitere Zusammenarbeit der schwedischen Autorin Camilla Läckberg mit Henrik Fexeus freuen.

 (Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Ruth Baumeister)

 

Matt Haig: Die Mitternachtsbibliothek (2021) *#

Die fünfunddreißigjährige Nora Seed ist gerade so verzweifelt über ihr Leben, dass sie beschlossen hat zu sterben. In dieser Stimmung strandet sie in einer Welt zwischen Leben und Tod, in der es immer Mitternacht bleibt. Zudem befindet sie sich in einer riesigen Bibliothek, in der jedes Buch für einen anderen Lebensweg steht, den sie hätte einschlagen können. So kann sich Nora noch einmal bewusst mit ihren früheren Entscheidungen auseinandersetzen.

Was wäre aus uns geworden, wenn… diese Vielzahl von Möglichkeiten, in denen das Leben eine andere Wendung genommen hätte? Matt Haig spielt vortrefflich diverse Leben von Nora durch mit immer wieder spannenden Wendungen, die dazu führen, dass ich das Buch nicht aus der Hand nehmen konnte. Dringend lesen, falls nicht schon geschehen!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Iris Wolff: Lichtungen (2024) *

Schon seit vielen Jahren hat Lev selbstgemalte Postkarten von Kato erhalten, die sie ihm aus zahlreichen Ländern Europas in ihre gemeinsame rumänische Heimat Siebenbürgen geschickt hat. Während er dortgeblieben ist, hat sie die politische Öffnung und neue Freiheit genutzt, um der Enge ihrer Herkunft und des Landes zu entfliehen. Doch nun möchte sie Lev wiedersehen, und er reist nach Zürich, wo Kato als Straßenmalerin ihr Geld verdient. Es bleibt unklar, ob es eine gemeinsame Zukunft gibt und wie diese aussehen wird, aber die gemeinsame Vergangenheit und ihre Freundschaft seit Kindheitstagen verbindet weiterhin.

Das Buch beginnt in der Gegenwart und mit dem Treffen der beiden jungen Menschen. Kapitelweise wird ihre Vergangenheit erzählt, und so endet die umgekehrte chronologische Reihenfolge in der Kindheit beider. Die Erzählung besticht durch ihre sanfte, fließende Sprache.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

#= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 


Lesetipps vom 08.08.2024


Elizabeth von Arnim: Die Reisegesellschaft (2022)
Der preußische Offizier Baron Otto von Ottringel will seine Silberhochzeit mit einer Reise
feiern. Dabei stört es ihn gar nicht, dass seine erste Ehefrau schon lange tot ist und er die
fünfundzwanzig Jahre nur durch Addition seiner Ehezeiten erreicht. Auch will er nicht viel Geld
ausgeben. So reist er mit seiner zweiten Frau nach England und findet sich dort bald in einer
bunt zusammengewürfelten Reisegruppe wieder, die mit Pferd und Wohnwagen durch Sussex
geht und fährt. Dies ist natürlich für alle Reisenden zu Anfang des letzten Jahrhunderts eine
große Herausforderung. Der dünkelhafte Baron fällt aber in allen Situationen besonders durch
sein chauvinistisches Denken und Verhalten auf. Wie gut, dass die Mitreisenden Humor zeigen.
Die Autorin beschreibt überhebliches Verhalten mit scharfem Blick und erzählt dabei äußerst
launig und humorvoll. So bietet der Roman auch über 100 Jahre nach der Ersterscheinung
immer noch ein großes Lesevergnügen – nicht nur für Campingfreunde und Gruppenreisende.
(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Ute Grieger-Jäger)

Alexa Henning von Lange: Die karierten Mädchen (2022) *
Im Jahr 1929 bereitet die Weltwirtschaftskrise den Menschen große Sorgen. Die junge Klara
ist deshalb sehr glücklich, dass sie eine Stelle als Hauswirtschaftslehrerin in einem Kinderheim
in Oranienbaum antreten kann. Eines Tages wird ein Baby im Heim abgegeben, zu dem Klara
bald eine ganz besondere Beziehung entwickelt. Sie zieht die kleine Tolla so auf, als wäre sie
ihr eigenes Kind. Klara wird Heimleiterin, und weil die wirtschaftliche Lage der Einrichtung
immer schwieriger wird, sucht sie die Nähe der neuen nationalsozialistischen Machthaber.
Dann stellt sich heraus, dass Tolla jüdischer Herkunft ist, und das Kind und sie sind in Gefahr.
Die Geschichte hat mich durch das ambivalente Verhalten der Protagonistin und ihre Suche
nach Balance zwischen persönlichem Glück und politischer Notwendigkeit schwer beeindruckt.
(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Marita Schumann)


Freya Sampson: Die letzte Bibliothek der Welt (2021) *
Die 29-jährige June leitet im kleinen englischen Dorf Chalcot die Gemeindebücherei. Sie findet
für alle Leser und Leserinnen stets die passende Lektüre und zeigt selbst für deren kauzige
Eigenarten Verständnis. Auch nach der Arbeit verbringt die schüchterne junge Frau die Zeit
meist nur mit Büchern, denn seit dem Tod ihrer Mutter lebt sie allein. Dann erfährt June, dass
der städtische Etat gekürzt werden muss und deshalb die Bücherei geschlossen werden soll.
Dies will sie auf jeden Fall verhindern und entwickelt in ihrem Widerstand erstaunliche
Energien und Ideen. Unterstützt wird sie dabei nicht nur von der Leserschaft, sondern auch
von ihrem ehemaligen Schulfreund Alex, der nun für June zunehmend auch privat wichtig wird.
Dies ist ein schönes Buch für vergnügliche Stunden und für alle, die Bücher lieben und gerne
eine Bibliothek aufsuchen.
(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Gudrun Knäpper)
*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.
#= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

Lesetipps vom 01. August 2024

– Literarische Grüße aus Österreich
Robert Seethaler: Der Trafikant (2012) *
Im Jahr 1937 kommt Franz Huchel aus der österreichischen Provinz nach Wien und beginnt
dort eine Lehre in einem Tabak- und Zeitschriftengeschäft. In dieser Trafik ist zufällig Sigmund
Freud Stammkunde. Zwischen dem 17-jährigen Trafikanten und dem berühmten Psychologen
entwickelt sich im Laufe der Zeit eine freundschaftliche Beziehung. Als der junge Mann ihn in
einer Liebesangelegenheit um Rat fragt, kann Freud ihm aber nicht helfen, denn trotz all seiner
Kenntnisse versteht er die Frauen nicht wirklich. Die Liebe zwischen Franz und Anezka wird
zudem durch die politische Entwicklung stark gefährdet, und auch Sigmund Freud muss als
Jude angesichts des zunehmenden nationalsozialistischen Einflusses um sein Leben bangen.
Fast könnte man dieses Buch als modernen Klassiker bezeichnen. Die Verknüpfung einer
persönlichen Geschichte mit geschichtlichen Ereignissen ist dem Autor in diesem Roman
außerordentlich gut gelungen. Zudem ist es für mich immer ein Genuss Seethaler zu lesen.


Karin Duve: Sisi (2022) *#
Wer denkt bei der österreichischen Kaiserin Elisabeth nicht an die „Sissi“ der Romy Schneider?
In Wirklichkeit war sie keineswegs so süß wie in den Filmen dargestellt. Vielmehr entzog sie
sich schon nach wenigen Ehejahren zunehmend den Anforderungen des kaiserlichen Hofes
und widmete sich nur ihren persönlichen Interessen. Auch war Sisi (das ist die authentische
Schreibweise) davon besessen, so dünn wie möglich zu sein und ihre Schönheit zu erhalten.
Dafür verbrachte sie täglich viele Stunden mit Körperpflege, Turnübungen, Wanderungen und
wilden Reitausflügen. Die Autorin erzählt von einem Lebensabschnitt der 38-jährigen Kaiserin
und beschreibt eine unglückliche Frau, die mit ihrer Position und mit ihrem Schicksal haderte.
Verhielt Sisi sich deshalb so egoistisch und manipulierte die Menschen in ihrer Umgebung?
Die historische Sisi war mit all ihren Facetten tatsächlich eine interessante Persönlichkeit. Karin
Duve kann das in ihrem Buch sehr deutlich machen. Ich finde aber auch die Frage spannend,
was Sisi heute wäre: Schriftstellerin, Hochleistungssportlerin oder vielleicht sogar Influenzerin?

Tonio Schachinger: Echtzeitalter (2023) *#
Till Kokorda ist von seinen Eltern in ein elitäres Wiener Internat gegeben worden und muss
dort ausgerechnet die Klasse eines äußerst strengen und konservativen Lehrers besuchen, der
alle Schüler*innen seiner Klasse auch in ihrer Freizeit kontrollieren will. Till fühlt sich in keiner
Weise wohl und schafft sich deshalb mit regelmäßigem und stundenlangem Computerspiel
einen Ausgleich. Sein Lieblingsspiel ist „Age of Empires 2“, ein Echtzeit-Strategiespiel. Er wird
so gut, dass er bereits mit 15 Jahren zu den zehn weltweit besten Online – Spielern gehört.
Dies ist ein hochgelobter und 2023 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneter Roman, der
interessant und verständlich in die Welt der Computerspiele einführt. Dabei stellt der Autor sie
immer wieder dem traditionellen Literaturkanon gegenüber.
(Alle Empfehlungen von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)
*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.
#= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.


Lesetipps vom 13.06.2024 zur Fußball – Europameisterschaft

Tonio Schachinger: Nicht wie ihr (2019) Profifußballer Ivo war immer schon davon überzeugt, dass er außergewöhnlich ist. Jedenfalls hat ihm dies seine Umwelt gespiegelt, und nun ist er einer der höchstbezahlten Fußballer der Welt. Für ihn sind Statussymbole seines Reichtums wie z.B. ein großer Sportwagen selbstverständlich geworden. Er liebt seine Frau und seine zwei Kinder, gerät aber in Schwierigkeiten, als seine Jugendliebe Mirna wieder in sein Leben tritt. Es ist für Ivo wegen seines intensiven spielerischen Einsatzes nicht nur schwierig, Familienleben und Affäre zu koordinieren. Auch auf die fußballerischen Leistungen kann sich das Gefühlschaos auswirken.

Der Hauptdarsteller ist Profifußballer und als solcher muss man wahrscheinlich mit einem guten Selbstbewusstsein ausgestattet sein. Zweifel an sich lässt man nicht so leicht zu, obwohl sie doch da sind. Sehr deutlich wird, was das große Geld, welches in diesem Beruf verdient wird, mit einem Menschen macht. Die Sprache des Autors fand ich ziemlich gewöhnungsbedürftig.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Schatzmeisterin der Lesefreunde)

 

Frank Goosen: Spiel ab! (2023) * Unerwartet brauchen die pubertierenden Jugendlichen einer Bochumer Fußballmannschaft einen neuen Trainer. Spontan übernimmt „Fränge“, ein Spielervater, die Aufgabe. Er kann seine Freunde Förster und Brocki überreden, ihn bei seiner Aufgabe zu unterstützen. Mit Freude und Engagement, aber ohne große Sachkenntnis beginnt das Trio seine ehrenamtliche Tätigkeit. Dabei müssen die Männer nicht nur die Spieler zum regelmäßigen Training motivieren. Viel schwieriger sind Eltern, die sich einmischen, Trainer anderer Mannschaften und Schiedsrichter mit unfairen Entscheidungen. Doch nach und nach wird das Team eine richtige Gemeinschaft.

Frank Goosen widmet dieses Buch über eine Jugendfußballmannschaft allen, „die kleine Vereine am Laufen halten.“ Dabei erzählt er mit unverwechselbaren „Ruhrpott“-Humor, so dass auch Leser*innen ohne Fußballleidenschaft Freude an diesem Roman haben können.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Nick Hornby: Fever Pitch. Ballfieber – Die Geschichte eines Fans (2013) Der Autor erzählt gleichzeitig verständnisvoll und selbstkritisch von seiner großen Leidenschaft für den Londoner Fußballclub Arsenal, die durch gemeinsame Stadionbesuche mit seinem Vater in ihm geweckt wird. Später bestimmen die Spieltermine des Vereins Hornbys Terminkalender, Sieg oder Niederlage von Arsenal entscheiden über seinen emotionalen Zustand, und Freundschaften und Beziehungen haben nur Bestand, wenn seine Begeisterung akzeptiert wird. Auch wenn seit der Erstveröffentlichung des Romans und seinem großen Erfolg schon mehr als 30 Jahre vergangen sind, ist der Blick auf Fans eines Vereins noch aktuell.

Die zahlreichen Beschreibungen einzelner Spiele begeistern sicher nicht mehr so wie bei Erscheinung des Buches, der Blick in die Seele eines „Hardcore-Fußballfans“ und auf einzelne Fangruppen ist aber immer noch interessant. Vielleicht ist dies Buch gerade deshalb eine Lektüre für Frauen?!

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. #= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

 

Lesetipps vom 06.06.2024

Lisa Graf: Dallmayr. Eine Trilogie Bd. 1: Der Traum vom schönen Leben (2021) *# Die Geschichte des berühmten Familienunternehmens beginnt 1897, kurz nachdem Anton und Therese Randlkofer einen Feinkostladen in München eröffnet haben. Sie haben rasch Erfolg. Doch dann verstirbt Anton plötzlich, und die Witwe erlebt, dass ihr Schwager Max das Geschäft mit allen Mitteln übernehmen will. Aber Therese weiß sich erfolgreich zur Wehr zu setzen.

Bd. 2: Der Glanz einer neuen Ära (2022) *# Therese Randlkofer kann das Feinkostgeschäft trotz der ständigen Einmischungen ihres Schwagers Max erfolgreich weiterführen und sogar ausbauen. Auch durch die schwierigen Jahre rund um den Ersten Weltkrieg führt sie ihr Unternehmen mit starkem Willen und Einsatz.

Bd. 3: Das Erbe einer Dynastie (2023) * Im Jahr 1933 leiten inzwischen vor allem Thereses Sohn Paul und Schwiegertochter Lotte Randlkofer das Geschäft in der Dienerstraße. Die junge Frau möchte zukünftig nicht nur Delikatessen verkaufen, sondern der Kundschaft auch besten Kaffee anbieten. So rösten sie bald auch selbst Bohnen und stellen das Getränk her. Aber schwierige politische Zeiten drohen.

Diese drei Bände über eine Familiendynastie sind verbunden mit geschichtlichen Begebenheiten zwischen 1897 und 1945 und lassen sich sehr gut lesen. Dafür muss man München und die Marke „Dallmayr“ nicht einmal kennen. Mir hat die Reihe sehr gut gefallen, und meine Kenntnisse in Geschichte wurden beim Lesen wieder aufgefrischt.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Gudrun Knäpper)

 

Mahbuba Maqsoodi, Hanna Diederichs: Der Tropfen weiß nichts vom Meer (2017) Dieses Buch erzählt die Geschichte der Lehrerin und Künstlerin Mahbuba Maqsoodi, die in einem Dorf in Afghanistan geboren wurde. Es war schon ungewöhnlich, dass sich ihr Vater über jede seiner sieben Töchter freute, dass sie eine Ausbildung erhielt, ihren Ehemann selber auswählen und auch arbeiten durfte. Mahbuba konnte zusammen mit ihrem Mann Fazl für einige Jahre in Leningrad leben und dank eines Kunststipendiums dort studieren. Dann brach in Afghanistan der Bürgerkrieg aus, und es gab keinen Weg mehr zurück. Im Jahr 1994 erhielt sie in Deutschland politisches Asyl und lebt nun seit 1996 in ihrer neuen Heimat München.

Für mich war der Einblick in die Denkweise und Empfindungen der afghanischen und persischen Kultur so interessant. Durch das Buch erfährt man auch einiges über die russische Seele.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Conny Werner)

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Lesetipps vom 23.05.2024

Alex Schulman: Die Überlebenden (2021) #

Ihr Vater ist schon lange tot, nun ist die Mutter gestorben. Zum großen Erstaunen der drei Söhne wollte sie aber nicht neben ihrem Mann beerdigt werden. So reisen Pierre, Benjamin und Nils mit ihrer Urne zu dem idyllisch gelegenen Holzhaus am See zurück, wo sie einen großen Teil ihrer Kindheit verbracht haben. Dort holen sie alte Konfliktthemen und Verhaltensmuster wieder ein. Obwohl sich die Brüder emotional nahe sind, haben sie kein wirkliches Vertrauen zueinander. Rückblicke auf die Ehe der Eltern, ihren oft unverständlichen Umgang miteinander und ihre unsichere Erziehung zeigen, dass dort viele Ursachen liegen.

Dieser Roman ist eine raffiniert und fesselnd erzählte Familiengeschichte über Schuld und Schicksal, über ein Familiengeheimnis und Trauma.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Vera Dumpert)

 

Sylvia Roth: Claire Waldoff: Ein Kerl wie Samt und Seide (2016)

Die Sängerin Claire Waldoff ist selbst im freien und offenen Berlin der 1920-er Jahren eine auffällige Person. Sie wäre gerne Ärztin geworden, konnte aus Geldmangel aber nicht studieren und wählte den Weg auf die Bühne. In Männerkleidung und mit Bubikopf singt Claire mit unverwechselbarer Stimme und kessem Auftreten über ihre Stadt und das Leben. Dabei kommen die Männer nicht immer gut weg. Sie lebt selber mit einer Frau zusammen, ihrer großen Liebe Olly von Roeder, und das Paar bewegt sich selbstbewusst in der lesbischen Szene. Mit zunehmendem Einfluss der Nationalsozialisten wird das aber auch für Claire zum Problem.

Die Musikjournalistin Sylvia Roth erzählt in ihrem Roman mit realen historischen Bezügen aus dem Leben der beliebten Claire Waldoff zwischen dem 1. und zweiten Weltkrieg. Über die politische Entwicklung dieser Zeit kann man z.T. das kalte Grausen bekommen.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Schatzmeisterin der Lesefreunde)

 

Jane Campell: Kleine Kratzer (2023)

Die Autorin ist selbst über 80 Jahre alt und hat nun ihr erstes Buch veröffentlicht. Sie zeichnet in ihren Kurzgeschichten ein so vitales und abwechslungsreiches Bild von älteren und alten Frauen, dass man sich beim Lesen geradezu wünscht, eine dieser Damen zu sein oder zu werden. Natürlich thematisiert sie auch körperliche Einschränkungen, ernste Krankheiten, erlebte Schicksalsschläge, drohende Demenz und den bevorstehenden Tod. Aber all den Frauen dieser Erzählungen gelingt es, ihr Leben weiterhin aktiv zu gestalten oder ihm eine ganz neue Richtung zu geben. Sie öffnen den Blick für neue Lebensmöglichkeiten beim Älterwerden.

Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal ein so kurzweiliges und ermunterndes Buch über Frauen in ihrer letzten Lebensphase gelesen zu haben. Wer Katze oder Kater hat, kann sogar beim Lesen über ihr Fell streichen („Cat Brushing“) und eigene „Kleine Kratzer“ bedenken.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

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Lesetipps vom 16.05.2024

Per J. Andersson: Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr,  um dort seine große Liebe wiederzufinden (2015)*

Pikay wächst als kastenloser „Unberührbarer“ in sehr armen Verhältnissen in einer indischen Provinz auf. Der Junge setzt aber seinen Schulbesuch durch und wird nach dem Abschluss in eine Kunsthochschule aufgenommen. Um sein Studium zu finanzieren, portraitiert er in den Straßen Neu-Delhis die Menschen und ist aufgrund seines Talentes schon bald ein gefragter Künstler. Auch die junge adlige Schwedin Lotta lässt sich von ihm malen, und die beiden verlieben sich. Sie muss allerdings bald zurück in ihre Heimat reisen, doch das Paar bleibt in Briefkontakt. Als Pikay ein altes Fahrrad bekommen kann, bricht er auf und radelt ca. 7000 km bis zu Lotta nach Südschweden. Dort hat ihre Liebe trotz aller kulturellen Unterschiede und Probleme weiterhin Bestand. Inzwischen sind sie schon fast 50 Jahre miteinander verheiratet.

Hier wird sehr anschaulich das Leben eines „Unberührbaren“ geschildert. Offiziell gibt es das Kastensystem zwar nicht mehr, aber in Teilen der indischen Bevölkerung bestimmt es wohl immer noch das Leben. Sehr eindrucksvoll finde ich die Schilderung, wie der Mann die anderen Welten wahrnimmt und erlebt.

 (Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Schatzmeisterin der Lesefreunde)

 

Thommie Bayer: Fallers große Liebe (2010)

Alexander ist ein junger Buchhändler und Antiquar, bei dem es gerade beruflich und privat nicht so gut läuft. Eines Tages trifft er den deutlich älteren Faller, einen Mann, dem es scheinbar in jeder Hinsicht gut geht. Er ist wohlhabend und kann auf eine erfolgreiche Vergangenheit zurückblicken. Erstaunlicherweise bietet Faller dem jungen Mann eine Reise auf seine Kosten quer durch Deutschland an, verrät aber nicht, welche Städte sie besuchen werden und was das Ziel dieser Fahrt ist. Alexander lässt sich darauf ein, und bis zum überraschenden Ende haben die Männer bereits Freundschaft geschlossen und auch viel über die Liebe gesprochen.

Der Stil des Buches und die Sprache haben mich so gefesselt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.

 (Empfehlung von Lesementor Kurt Schürmann)

 

Susanne Matthiessen: Lass uns noch mal los (2024) *

Es gab viel Frauenpower im Berlin der 1980-er Jahre. Auch Susanne kämpft mit ihren Freundinnen um Gleichberechtigung und den Wegfall des Abtreibungsgesetzes § 218. Die Zeiten sind wild und bewegt. Mehr als 30 Jahre später steht Susannes Leben auf dem Prüfstand – der Job ist weg, die Altersarmut droht – doch wo ist der Kampfgeist von früher?

Sehr komisch und mit viel Lokalkolorit erzählt Matthiesen vom wilden Leben in Kreuzberg. Besonders das erste Drittel des Romans hat es mir angetan, gut geschrieben mit sehr lebendigen Charakteren. Und der Frage, die sich wohl jede Frau stellt: Ist es inzwischen wirklich besser geworden?

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

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Lesetipps vom 02. Mai 2024

 

Ralf Rothmann – Trilogie:     Im Frühling sterben (2015) *  

Der Gott jenes Sommers (2018) *

                                                  Die Nacht unterm Schnee (2022) *#

Walter Urban und Fiete Caroli arbeiten als Melkerlehrlinge auf einem norddeutschen Bauernhof. Der Krieg ist für die Deutschen eigentlich schon verloren, da werden die jungen Männer doch noch eingezogen. Mit 17 Jahren zwangsrekrutiert, wird Walter als Fahrer für eine Einheit der Waffen-SS eingesetzt und Fiete an die Front in Ungarn geschickt. Auf schicksalhafte Weise führt sie das Kriegsgeschehen später wieder zusammen.

 

Im zweiten Band erzählt der Autor das Schicksal der zwölfjährigen Luisa Norff, die die letzten Kriegsmonate auf dem Gut ihres Schwagers verbringen kann, statt im zerbombten Kiel auszuharren. Dort lernt sie auch den Melker Walter kennen, der bald darauf zu einem Fronteinsatz nach Ungarn aufbrechen muss. Lisa fürchtet vieles für sie noch Unerklärliche und erleidet doch das Schicksal vieler Frauen.

 

Im letzten Teil der Trilogie steht das Schicksal der sechzehnjährigen Elisabeth im Mittelpunkt. Sie ist vergewaltigt worden und liegt schwerverletzt in einem Bunker. Auch ein russischer Deserteur versteckt sich dort. Er verfügt über medizinische Kenntnisse und hilft der jungen Frau.  Elisabeth überlebt und sucht ihren Weg zurück in einen normalen Alltag.

Diese drei Romane sind jeweils in sich abgeschlossen, gehören aber inhaltlich und personell zusammen. Hinter den Erzählungen verbirgt sich die Geschichte der Eltern des Autors. Ihm gelingt es, das alles behutsam, einfühlsam und diskret zu erzählen. Teilweise deutet er Ereignisse nur an. Da ich der Generation Rothmanns angehöre und auch meine Eltern diese prägende Kriegs- und Nachkriegszeit erlebt haben, war ich sehr berührt von seiner Erzählweise.

 (Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Vera Dumpert)

 

Jürgen Wiebicke: Sieben Heringe. Meine Mutter, das Schweigen der Kriegskinder und das

                                Sprechen vor dem Sterben (2021)

Der 1962 geborene Philosoph und Journalist Jürgen Wiebicke hat erlebt, wie sein Vater in seiner letzten Lebenszeit vieles aus der Vergangenheit erzählt hat, was bis dahin verborgen geblieben war. Nun ist seine Mutter todkrank, und er will ihren Geschichten nicht nur gut zuhören, sondern diese auch aufschreiben. Dafür nimmt er sich viel Zeit und verbringt geduldig viele Stunden mit ihr. Aufgewachsen in Köln, hat die 88-jährige dort Aufstieg und Herrschaft der Nationalsozialisten miterlebt und den Krieg überlebt. Nun arbeitet sie mit ihrem Erzählen diese Vergangenheit auf und versucht so eine Deutungshoheit über das Erlebte zu erlangen.

Einfühlsam, informativ und mit vielen Denkansätzen schreibt der Autor über das Leben seiner Mutter. Dabei setzt er sich mit den Erfahrungen seiner Elterngeneration und ihrer Auswirkungen auf ihr Leben und das Leben seiner Generation auseinander.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

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Lesetipps vom 18. April 2024

 

Elizabeth von Arnim: Verzauberter April (1922/1991)

Als Lotty Wilkins an einem grauen und regnerischen Londoner Tag die Annonce mit einem Mietangebot für ein kleines Castello an der italienischen Mittelmeerküste entdeckt, würde sie am liebsten sofort zusagen und den April dort verbringen. Aber alleine kann sie sich den Aufenthalt nicht leisten. Doch nach und nach findet sie drei weitere Reisegefährtinnen, die aus unterschiedlichen Motiven eine Auszeit im Süden suchen. Die Reise ist teilweise ziemlich beschwerlich und der Aufenthalt in dem Castello auch nicht konfliktfrei. Aber eigentlich genießen alle die Sonne, die Natur und überraschenderweise auch ein bisschen Liebe.

Dies ist ein Buch, das immer wieder gute Laune macht und durch die stilvolle Sprache und Erzählweise der Autorin keineswegs antiquiert ist. Ein ideales Geschenk für eine gute Freundin!

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Brigitte Lange)

 

Monika Maron: Das Haus (2023)

Katharina, Tierärztin im Ruhestand, lebt alleine in Berlin. In der Stadt steigen die Mieten unaufhörlich, und so ist es Fügung, dass sie ein großes, abgelegenes Gutshaus in Mecklenburg-Vorpommern erbt. Hier ist ausreichend Platz für viele Personen, und die Frau entschließt sich, eine Alters-Wohngemeinschaft zu gründen. Es ist nicht ganz so einfach wie erhofft, aber schließlich sind sieben Personen älter als sechzig Jahre bereit, miteinander einen Neuanfang zu wagen und trotz ihrer Unterschiedlichkeit ein gemeinsames Leben in dem Haus zu führen. 

Das Buch hat mich nachdenklich zurückgelassen, zumal ich auch früher immer mal wieder über ein Leben in einer Alters-WG nachgedacht habe. Wie gestaltet sich solch ein Leben? Wird das Trennende der Einzelnen nicht letzten Endes den Ausschlag geben?

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Ilse Große-Boes)

 

Rye Curtis: Cloris (2020) *#

In den Bitterroot Mountains im Norden der USA stürzt ein Kleinflugzeug ab. Einzige Überlebende ist die zweiundsiebzigjährige Cloris. Ihr bleiben nur ein Stiefel, eine Bibel und ein Karamellbonbon für ihr Überleben in diesem unwegsamen Gelände. Ein eingesetzter Suchtrupp hält ihr Überleben bald für unmöglich. Einzig die Rangerin Debra glaubt an eine mögliche Rettung und unternimmt alles um die alte Dame zu finden, immer begleitet von einer Flasche Merlot. Nach und nach lernt Cloris ihr gewohntes Leben loszulassen und sich in der Einsamkeit zurechtzufinden. Dabei fühlt sie sich von einer unsichtbaren Begleitung beschützt.

Ruhig und dennoch spannend erzählt, begleitet man als Leser*in die beiden sehr unterschiedlichen Frauen auf ihrer Suche nach Rettung. Dabei geht es nicht nur um körperliches Befinden, auch die Psyche der Protagonistinnen verändert sich auf ihren Wegen.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

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Lesetipps vom 21.03.2024 zum Weltglückstag mit Literarischen Glückskeksen

Axel Hacke: Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der 

                      Ernst des Lebens sein sollte (2023) *

In leichter Erzählweise und doch sehr ernsthaft beleuchtet der Autor Fragen, die sicher viele Menschen umtreiben: Kann man jetzt noch heiter sein und das Leben nicht ganz so ernst nehmen? Oder wird dieses Verhalten dem Ernst der allgemeinen Lage nicht gerecht? Er sucht Antworten mit Gedanken der Philosophie, der Religionen, der Psychologie und Erfahrungen in alltäglichen Lebenssituationen. Dabei zeigt Axel Hacke auf, dass Gelassenheit und Heiterkeit sogar erstrebenswert sind, denn diese Einstellungen helfen, das Leben glücklicher zu genießen.

Mir hat besonders gefallen, dass dies kein Anleitungsbuch mit erhobenem Zeigefinger zu mehr Heiterkeit ist. Vielmehr regt Axel Hacke zum Nachdenken an und ermutigt, den Ansprüchen und Zumutungen des Lebens mit Heiterkeit entgegenzusehen.

 

Rutger Bregman: Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit (2022) *

Der niederländische Historiker setzt sich in diesem Buch mit der Annahme auseinander, dass der Mensch nicht gut sei und sich in Krisenzeiten seine schlechtesten Eigenschaften und Verhaltensweisen verstärkt zeigen. Rutger Bregman widerlegt diese Prämisse mit zahlreichen Beispielen außergewöhnlicher Ereignisse, mit der europäischen Geschichte und weltweiten Herausforderungen. So kommt er zu der Schlussfolgerung: Der Mensch ist im Grunde gut. 

 

Ein Buch, das den Leser*innen Mut macht und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken lässt. Das Lesen regt an, doch grundsätzlich positiv auf die Menschen und ihr Verhalten zu blicken.

(Empfehlungen von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Ursula Kollritsch: Das Glück wartet gleich um die Ecke. 75 Wohlfühlorte zum Auftanken (2023)

Ob es der Duft frisch gebackenen Brotes oder der eines Kräuterbeetes ist, ob es die Bank ist mit Blick auf einen See oder die Buchregale einer gemütlichen Buchhandlung – überall finden sich Orte zum Wohlfühlen und Auftanken. Dies hat jedenfalls die Autorin festgestellt und in ihrem Buch zahlreiche Ideen und Anregungen für solche kleinen Glücks – Auszeiten gesammelt.

In diesem Buch ist sicher für jede und jeden ein Vorschlag dabei, der gefällt und mit wenig Aufwand in glücksbringende Momente umzusetzen ist.

(Empfehlung von Lesementorin und Lesefreundin Sabine Güllich)

 

Hermann Hesse: Über das Glück (2013)

Der Autor hat in seinem langen Leben vielfältige Texte über Eindrücke und Emotionen geschrieben und dabei wunderbare Worte gefunden. In dieser Sammlung beschäftigt er sich mit dem Thema „Glück“ und beleuchtet dieses Gefühl aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Hermann Hesse schreibt sehr warm und persönlich über Glückserlebnisse und Empfindungen. Vor allem seine kurzen Gedichte haben viel Tiefe.

 (Empfehlung von Lesefreundin und Lese-Café-Besucherin Irene Grentz)

 

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Lesetipps vom 14.03.2024

Claire Keegan:  Kleine Dinge wie diese (2022) #

In einer der Magdalenen-Wäschereien müssen auch im Irland der 1980-er Jahre noch sogenannte „gefallene Mädchen“ unter schwierigsten Bedingungen und ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit die Wäsche für reiche Bewohner*innen der jeweiligen Umgebung waschen. Die Menschen in den umliegenden Dörfern erahnen zwar die Situation dieser jungen Frauen, wollen aber nicht so genau hinschauen und sich nicht einmischen. Als der ehrbare Kohlenhändler Billy Furlong einmal kurz vor Weihnachten viel zu früh mit seiner Lieferung in die Wäscherei kommt, entdeckt er dort etwas, das sein Gewissen sehr stark herausfordert.

 Unspektakulär und ohne Besserwisserei beschreibt die Autorin das Ringen des Kohlenhändlers um mitmenschliche Verantwortung. Das Leid, das er zufällig mitbekommt, will er sich nur vom Hals halten, um die wirtschaftliche Existenz seiner Familie nicht zu gefährden. Der Skandal der katholischen Magdalenenheime war auch Thema im Film „Philomena“ mit Judy Dench.

  

Claire Keegan: Das dritte Licht (2023) #

Im katholischen Irland ist Empfängnisverhütung im Jahr 1980 noch streng verboten, und die Geburt eines weiteren Kindes bringt zahlreiche Familien in finanzielle Not. Auch die Mutter eines kleinen Mädchens ist wieder schwanger, und die Eltern haben nicht genug Auskommen, um eine größere Familie zu versorgen. So geben sie ihre Tochter, die in dieser Erzählung namenlos bleibt, zu entfernten Verwandten. Dort staunt das Kind über die Fülle an fester und flüssiger Nahrung und genießt vor allem die Zuneigung, die ihm das kinderlose Paar entgegenbringt. Aber auch John und Edna haben Trauriges erlebt, das ihr Handeln bestimmt.

Sehr fein und diskret erzählt die Autorin die Geschichte von überforderten Eltern, die ihr Kind abschieben. Für das Mädchen und die Verwandten ist diese Begegnung gut; dennoch gibt es kein Happy End. Hochgelobt ist die Verfilmung „The Quiet Girl“ auf Grundlage des Buches.

(Empfehlungen von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Vera Dumpert)

 

Roddy Doyle: Lächeln (2022) *

Nach dem Scheitern seiner Ehe lebt Victor das erste Mal in seinem Leben alleine. Deshalb verbringt er die Abende gerne in einem Pub nahe seiner Wohnung. Eines Tages kommt Fitzpatrick dorthin und spricht ihn an. Er sei zusammen mit Victor in die St. Martins School of Christian Brothers gegangen und damals eng mit ihm befreundet gewesen. Victor erkennt ihn jedoch nicht, will das aber nicht zugeben. Bald hat er Panikattacken, erinnert sich aber nach jeder Begegnung mit Fitzpatrick deutlicher an seine Schulzeit und an körperliche und sexuelle Übergriffe durch Lehrer. Schließlich erkennt er die Bedeutung dessen für sein bisheriges Leben.

Der Autor beschreibt meisterhaft die Mechanismen von Verdrängung sowie die Anstrengungen eines Mannes, erlittenes Unrecht in seine Persönlichkeit zu integrieren und ein „normales“ Leben zu führen. Ein Buch, das mich gefesselt und noch lange beschäftigt hat.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

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Lesetipps vom 07.03.2024

Isabel Allende: Was wir Frauen wollen (2021) *#

In diesem Buch berichtet die weltbekannte Autorin von ihrem privaten und beruflichen Werdegang. Sie beginnt mit den Mühen ihrer Mutter, nach dem Scheitern der Ehe sich und ihre Tochter alleine in Santiago de Chile durchzubringen. Isabel wurde früh selbstständig und arbeitete bereits mit 18 Jahren als Journalistin. Dann putschte 1973 das chilenische Militär unter Pinochet und dabei wurde ihr Onkel, Präsident Salvador Allende, ermordet. Zwei Jahre später ging die junge Frau ins Exil. Bereits ihr erstes Buch „Das Geisterhaus“ wurde 1982 ein weltweiter Erfolg. Heute lebt Isabel Allende in dritter Ehe in ihrer kalifornischen Wahlheimat.

In diesem Buch werden die Themen des Feminismus leicht verständlich in kurzen Kapiteln erklärt. Dabei ist es kein Sachbuch, sondern eine hochinteressante Form der Biographie, da die Autorin in jedem Kapitel auf die eigene Geschichte Bezug nimmt. Ein Buch, das man auch abends im Bett lesen kann.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Gabriele Drechsel)

Axelsson, Majgull: Ich heiße nicht Miriam (2019) *

Miriam Guldberg feiert ihren 85. Geburtstag, und die ganze Familie ist dafür zusammengekommen. Sie schenkt der alten Dame einen silbernen Armreifen, in dem ihr Name eingraviert ist. Bei der Übergabe sagt sie spontan: „Ich heiße nicht Miriam.“ Ihre Enkelin lässt nicht locker und fragt immer wieder nach. Bei einem gemeinsamen Spaziergang beginnt die Frau schließlich zu erzählen und gibt zum ersten Mal einen Einblick in ihre Vergangenheit. Sie ist eine Roma und wurde von den Nationalsozialisten in einem Konzentrationslager gefangen gehalten. Um den warmen Mantel einer toten Jüdin behalten zu können, nahm sie deren Identität an und begann nach dem Krieg in Schweden ein neues Leben als Miriam.

Selten habe ich einen Roman, der über den Holocaust berichtet, so eindrücklich und gleichzeitig spannend erlebt. Die Figur der Miriam ist auf jeder Seite nachvollziehbar, ihr Leben in den beiden Todeslagern erzählt von Tod und Grausamkeit, aber auch vom Aufstand und Überlebenswille. Keine leichte Lektüre, trotz des Themas gut zu lesen und sehr lohnenswert!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Elena Fischer: Paradise Garden (2023) *

Die 14-jährige Billie lebt mit ihrer Mutter in einer kleinen Wohnung in einer Hochhaussiedlung. Marika finanziert ihr gemeinsames Leben mit zwei kleinen Jobs, und das Mädchen ist häufig sich selbst überlassen. Trotz dieser eher schwierigen Situation sind beide sehr glücklich. Die Mutter gestaltet mit viel Fantasie, Spontanität und emotionaler Großzügigkeit den Alltag, so dass auch Billie ihr Leben genießt. Allerdings vermisst sie ihren Vater, über den Marika aber nicht sprechen will. Auch die Flucht der Mutter aus ihrem Elternhaus und der ungarischen Heimat bleibt für sie ungeklärt. Als dann die Großmutter wegen einer schweren Erkrankung nach Deutschland will und die Mutter sie aufnimmt, ändert sich Billies Leben vollkommen. 

Bereits der erste Satz des Buches zieht mit seiner Dramatik in die Geschichte hinein. Die Autorin beschreibt dann zugleich ernst und leicht, wie eine junge Frau ihr Schicksal bewältigt, ihre Wurzeln sucht und neue Wege für ihr Leben findet. Lesenswert auch für Nicht-Jugendliche.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

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Lesetipps vom 29.02.2024 zu Hans Fallada:

Die späteren Romane (eine subjektive Auswahl) und weiterführende Literatur

Der eiserne Gustav (1938 / 2021)

Im Berlin des Jahres 1914 arbeitet Gustav Hackendahl als stolzer Droschkenkutscher. Mit äußerster Strenge und Disziplin versucht er seine große Familie nach seinen Vorstellungen zusammenzuhalten. Dies gelingt ihm jedoch auch wegen der politischen Entwicklungen nicht. Zudem verringert sich Gustavs Geschäftserfolg mit zunehmendem Automobilverkehr. Da hat er die Idee, mit einer Droschke von Berlin nach Paris zu fahren. Die Reise verlangt ihm viel ab, aber der „eiserne Gustav“ hält durch und erlebt für eine kurze Zeit großen Erfolg und Ruhm.

Fallada hat diesen Roman ursprünglich als Auftragsarbeit für den Schauspieler Emil Jannings geschrieben. Durch das Einwirken von Goebbels im Zweiten Weltkrieg musste er seinen Text teilweise verändern. Die Neuausgabe gibt die ursprünglich gedachte Fassung wieder und kommentiert die unterschiedlichen politischen Einflüsse auf Autor und Buch.

 

Damals bei uns daheim (1942 und 2019)

Nach turbulenten Jahren hat Hans Fallada in der Ruhe und Abgeschiedenheit seines Hauses in Carwitz an einem Mecklenburger See für einige Jahre zu sich gefunden. Er kann seine Liebe zur Natur und zu seiner Familie genießen. So schreibt er in dieser Zeit auch Geschichten über seine Kinder- und Jugendzeit und erzählt über seine Herkunftsfamilie. Auf sehr unterhaltsame Weise verbindet er dabei Wahrheit und Fiktion.  Die Texte zeigen dabei seine genaue Beobachtungsgabe, seinen Humor sowie seine Fähigkeit, sehr lebendige Dialoge zu schreiben.

Dieser Roman ist ein perfektes „Einstiegsbuch“ in das Leben und Schreiben Hans Falladas. Sein Nachfolgebuch von 1943 Heute bei uns zu Haus handelt vom Familienleben mit Suse, den drei Kindern und dem Personal in Carwitz, Mecklenburg.

 

Jeder stirbt für sich allein (1947 und 2011)

Anna und Otto Quangel leben ruhig und zurückhaltend und erfüllen gewissenhaft ihre Pflichten. Doch dann stirbt 1940 ihr Sohn beim Angriff der Nationalsozialisten auf Frankreich. Sein Tod ist für das Ehepaar Anlass, sich nun gegen das Regime aufzulehnen. Dabei wählt es einen ungewöhnlichen Weg: Die beiden schreiben regelmäßig Postkarten, auf denen sie zum Widerstand aufrufen und verteilen diese überall in Berlin. Die Gestapo ist sofort alarmiert, braucht aber zwei Jahre, bevor sie die Quangels fasst. Das Ehepaar wird zum Tode verurteilt.

Fallada hat schon recht früh Gerichtsakten über das Handwerkerehepaar gelesen und sich mit dem Thema befasst. Aber erst in seinen letzten Lebensmonaten konnte er innerhalb kurzer Zeit diesen Roman schreiben, der ca. 50 Jahre nach seiner Ersterscheinung ein weltweiter Erfolg wurde – zu Recht. Dieses Buch über Mut in schwierigen Zeiten ist grandios!

 

Der Trinker (1944 / 2011)

Sein Geschäft läuft nicht gut, auch in der Ehe gibt es Probleme. So beginnt Erwin Sommer zu trinken und wird bald alkoholabhängig. Sein Leben ist von nun an durch die Sucht bestimmt.

Diesen Roman hat Fallada während eines Gefängnisaufenthaltes geschrieben. Es ist ein ganz persönliches Buch, in die Leser*innen sein Leben entdecken können.

 

Wer einmal aus dem Blechnapf frisst (1934 / 2010)

Der Buchhalter Willi Kufalt wird nach fünf Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Doch er ist vom Pech verfolgt, wird stets als ehemaliger Häftling behandelt und findet deshalb keinen Weg zurück in das bürgerliche Leben. So entscheidet Kufalt sich wieder zu kriminellen Taten.

Der Autor verarbeitet in diesem Roman seine eigenen Hafterfahrungen und übt gleichzeitig Kritik an den mangelnden Resozialisierungsbemühungen in der Weimarer Republik.

 

Wir hatten mal ein Kind (1934 / 2011)

Alle auf der Insel Rügen wissen, dass der Umgang mit den Mitgliedern der Familie Gäntschow nicht einfach ist. Dies gilt auch für Johannes, den letzten der Gäntschows. Mit seinem kauzigen und eigenwilligen Verhalten riskiert er auch, die Liebe seiner Freundin Christiane zu verlieren.

Fallada selber nannte dies sein Lieblingsbuch, das schönste und reifste, das er je geschrieben habe. Er verarbeitet darin auch den Tod seiner Tochter Edith, die als Zwilling nur wenige Stunden nach ihrer Geburt an einer Hirnblutung starb.

 

Peter Walther: Hans Fallada. Die Biographie (2018)

Kenntnisreich und sehr umfassend stellt der Autor das Leben Rudolf Ditzens dar. Die zahlreichen Personen, die er dabei erwähnt, können verwirren und bei den unzähligen Umzügen und Klinikaufenthalten Ditzens kann man den Überblick verlieren. Aber die Leser*innen bekommen einen guten Einblick, wie aus dem gutbürgerlich aufwachsenden Rudolf Ditzen der suchtkranke Autor Hans Fallada wurde, und man kann verstehen, welche inneren Triebe und Kräfte dabei eine Rolle gespielt haben. Die ausgewählten Textstellen aus Falladas Büchern wecken Leselust.

 

Anatol Regnier: Jeder schreibt für sich allein (2022)

Schriftsteller im Nationalsozialismus – so lautet der Untertitel dieses Buches. Dabei widmet der Autor auch Hans Fallada einen großen Teil seiner Recherche. Denn dieser ist während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland geblieben, ohne Nazi zu sein. Er musste sich immer wieder arrangieren und den Wechsel zwischen Anerkennung seiner Literatur und Kritik an seinen Büchern aushalten. Ein wichtiger Weg dazu war sicher sein totaler Rückzug in die mecklenburgische Einsamkeit. Aber auch die Suche nach Entspannung im Rausch gehört dazu.

Dies Buch ist eine sehr interessante Lektüre über alle Autor*innen dieser Zeit. Dabei wird Fallada viel Raum in der Darstellung gegeben.

 

Michael Töteberg: Falladas letzte Liebe (2021)

Aufgrund Falladas regelmäßiger Untreue und seines Suchtverhaltens zerbrach die langjährige Ehe mit seiner geliebten Ehefrau Suse 1944. Fallada fand aber rasch in der viel jüngeren wohlhabenden Witwe Ulla Losch eine neue intensive Liebe. Ihr Miteinander im Berlin der Nachkriegsjahre war bis zum seinem Tod 1947 geprägt von Morphium-, Alkohol- Tabletten- und Nikotinsucht und den sich wiederholenden Versuchen, sich diesen Giften zu entziehen.

 

Der Autor nimmt die Leser*innen mit auf die Begleitung dieses süchtigen Paares, das sich liebte, aber im Alltag nicht bestehen konnte. Für mich ist es umso erstaunlicher, wie produktiv Fallada in dieser Zeit noch arbeiten konnte.

(Alle Bücher sind Empfehlungen von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

 

Lesetipps vom 22.02.2024

Brian Clegg: Quantentheorie (2023)

„Das Wissen der Welt in 30 Sekunden“ lautet die Überschrift dieses Buches. Der Autor schreibt unterhaltsam und verständlich über große Naturwissenschaftler und ihre Arbeiten im Zusammenhang mit der Quantentheorie. Ganz ohne Formeln werden „die wichtigsten Erkenntnisse und Thesen aus der modernen Physik“ vorgestellt und damit auch für Nicht-Naturwissenschaftler*innen erklärt, wie unsere Welt auf der Ebene der Quanten funktioniert.

 

Das Taschenbuch habe ich zufällig in der Buchhandlung entdeckt. Es war so spannend, dass ich dort erstmal für eine halbe Stunde „versackt“ bin.

 (Empfehlung von Lesefreund und Lesementor Jürgen Kwasny)

 

Benjamin von Stuckrad-Barre: Noch wach? (2023) *#

Immer noch denken Männer in einflussreichen Positionen, sie könnten sich gegenüber Frauen alles herausnehmen und handeln ebenso. Nur die wenigsten Frauen wehren sich gegen diese verbalen und körperlichen Übergriffe, ertragen sogar ungewollten Sex. Doch in Hollywood regt sich Widerstand und durch die Schauspielerin Rose McGowan wird das Verhalten von Harvey Weinstein und seinem Männerkreis aufgedeckt. Die #Me-Too-Bewegung gründet sich und macht weitere Vorfälle dieser Art öffentlich. Die Erkenntnisse daraus setzen auch die Erfahrungen einer jungen Journalistin in einem großen deutschen Verlag in ein anderes Licht.

Der Ich-Erzähler als bester Freund des Verlags-Chefs redet mit diesem oft Klartext – mit dieser Erzählrolle kann von allen Seiten aus berichtet werden. Viel beachtet und diskutiert wurde der Roman von Benjamin Stuckrad-Barre. Die Parallelen zum Springerverlag sind nicht zufällig gewählt in diesem Roman, in dem die #metoo-Vorwürfe gegen den Chefredakteur immer eindringlicher werden. Doch wie im echten Leben gibt es auch hier kein Happy End, aber der Titel regt die Diskussion an.

 (Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Daniel Mendelsohn: Eine Odyssee. Mein Vater, ein Epos und ich (2019) *#

Die Geschichte des griechischen Königs Odysseus, der nach der Eroberung von Troja zehn Jahre brauchte, um wieder in seine Heimat Ithaka zurückzukehren, ist eine der bekanntesten europäischen Erzählungen. Nur wenige Menschen werden den Originaltext von Homer oder seine Übersetzung gelesen haben. Trotzdem faszinieren die Erlebnisse von Odysseus und seinen Männern und ziehen Menschen allen Alters in ihren Bann. Daniel Mendelsohn lehrt an einer Universität und spricht ein Semester lang mit seinen Student*innen über dieses Werk.  Das Verhältnis zu seinem Vater ist schwierig, und umso mehr erstaunt es ihn, dass dieser an den Vorlesungen teilnehmen möchte. Was als Beschäftigung mit Literatur geplant war, wird dadurch gleichzeitig zu einer Auseinandersetzung mit und eine Annäherung an seinen Vater.

Dieses Buch ist keine leichte Kost, macht aber Lust, sich noch einmal mit den Originalgeschichten zu beschäftigen. Sehr interessant ist auch die Verknüpfung der historischen Beziehung zwischen Odysseus und seinem Sohn mit dem Verhältnis des Autors zu seinem Vater.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*=Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

#= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

 

 

Lesetipps vom 15.02.2024

John Irving: Der letzte Sessellift (2023) *#

Der Skiort Aspen im amerikanischen Bundesstaat Colorado ist ein Wintersportparadies. Hier nimmt im Jahr 1941 auch die 18-jährige Rachel an einem Meisterschaftsrennen teil. Sie gewinnt keine Medaille, kehrt aber schwanger zu ihrer Familie in New Hampshire zurück. Als später ihr Sohn Adam mehr über seine Herkunft erfahren will, weichen alle Familienmitglieder seinen Fragen aus. Als Erwachsener macht er sich dann selber auf die Suche nach Antworten, reist dafür nach Aspen und logiert im Hotel Jerome, dem Haus, in dem er gezeugt worden ist.

Endlich mal wieder so ein richtiger Irving mit allen Zutaten, die seine bekannten Romane wie Garp oder das Hotel New Hampshire ausmachen: Diversität, Liebe, die Suche nach der eigenen Identität. Klare Empfehlung!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Tilman Röhrig: Der Maler und das reine Blau des Himmels (2022) *

Der junge bayrische Maler Franz Marc hat eine deutliche Vorstellung davon, wie seine Bilder aussehen sollen.  Er will die Natur nicht einfach so abmalen, wie sie sich zeigt, sondern ihr in seinen Abbildungen eine eigene Prägung geben. Dabei sind ihm die Klarheit und Reinheit seiner Farben wichtig. Zudem spricht er den einzelnen Farbtönen eine symbolische Bedeutung zu. Nach und nach entwickelt der Künstler einen besonderen Stil, wird später sogar wichtigster Maler des Expressionismus und prägend in der Künstlergemeinschaft „Blauer Reiter“. Sein Liebesleben ist zunächst weniger strukturiert, mündet aber in eine glückliche Ehe mit Maria.

Ich interessiere mich seit langem für die Maler und Malerinnen des „Blauen Reiters“. Mit diesem Buch habe ich einen faszinierenden Einblick in die Entstehungsgeschichte des „Blauen Reiters“ erhalten, aber auch in die künstlerische Arbeitsweise des Malers Franz Marc sowie die zwischenmenschlichen Probleme, die sein und das Leben seiner Ehefrauen beeinflusst haben.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Ellen Zwißler)

 

Ijoma Mangold: Das deutsche Krokodil (2018) *

Ijoma Alexander Mangold ist das Kind einer deutschen Mutter und eines nigerianischen Vaters und wächst glücklich in den 1970-er Jahren in Heidelberg auf. Seinen Vater hat er jedoch nie kennengelernt, da sich seine Eltern bereits während der Schwangerschaft einvernehmlich getrennt haben und dieser zurück nach Afrika gegangen ist. Ijoma hat ihn und seine afrikanischen Wurzeln aber nie vermisst. Vielmehr ist er geprägt von der Sehnsucht seiner Mutter nach ihrer schlesischen Heimat und ihrer Liebe zur Literatur. Als er 22 Jahre alt ist, meldet sich sein Vater, und so reist Ijoma nach Nigeria, um seine Familie dort kennenzulernen. Nun beginnt auch seine Beschäftigung mit diesem Teil seines kulturellen und sozialen Erbes.

Lebendig, klug und offen erzählt der Autor und bekannte Literaturkritiker von sich selbst und seiner Auseinandersetzung mit seiner Hautfarbe und seinem familiären Hintergrund. Mich haben besonders seine Beobachtungen über das Familienleben in Nigeria gefesselt.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

#= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

Lesetipps vom 01.02.2024 zu Hans Fallada – Teil 1: Die frühen Romane

Bauern, Bonzen und Bomben (1931 / 2010) In der kleinen norddeutschen Stadt Altholm sollen Polizeibeamte das Vieh der Bauern pfänden, da sie ihre Abgaben an den Staat nicht ordnungsgemäß zahlen. Doch diese gehen in den Widerstand und können trickreich die Aktion verhindern. Natürlich erhält die örtliche Presse davon Kenntnis und mischt sich in die weitere Auseinandersetzung ein. Der Konflikt wird von Politikern, Journalisten, Bauern und Ortsgemeinschaft listig und intrigant geführt.

Lebendig, humorvoll und mit großem Verständnis beschreibt Hans Fallada die Sorgen und Ängste der Kleinstadtbewohner*innen in landwirtschaftlichem Umfeld. Das Geschehen hat zudem sozialen Sprengstoff, denn die Gefahren durch die Nationalsozialisten sind bereits erkennbar.

Kleiner Mann – was nun? (1932 / 2017) Der Angestellte Johannes Pinneberg und seine Freundin Emma, genannt „Lämmchen“ erwarten ein Kind. Das war so keineswegs geplant, ist aber für sie ein Heiratsgrund. Die Weltwirtschaftskrise wirkt sich aus, und auch Pinneberg verliert seine Stellung. Das Paar sucht in Berlin sein Glück, aber auch hier hat es Pinneberg sehr schwer, Arbeit zu finden. Wie gut, dass seine Frau stets zuversichtlich bleibt und auch tatkräftig mit für die kleine Familie sorgt. Denn mit ihrem Kind, dem „Murkel“ sind sie trotz der schwierigen Lebensumstände glücklich.

Hans Fallada hat es zu seiner Zeit wie kein anderer Autor verstanden das Leben der sogenannten „Kleinen Leute“ zu beschreiben. Dieses Buch war ein solcher Erfolg, dass er anschließend als freier Schriftsteller leben konnte. Die Neuausgabe von 2017 enthält auch die Textteile, deren Veröffentlichung früher von den Nationalsozialisten verhindert wurde.

Wolf unter Wölfen (1937 / 2011) Im Jahr 1923 ist das Geld täglich weniger wert und ebenso rasant wie die Inflation steigt die finanzielle und soziale Not der Menschen. Wolfgang Pagel sucht deshalb sein Glück im Spiel, verliert aber in einer entscheidenden Nacht alles und wird dann von seiner Freundin auch noch aus der gemeinsamen Wohnung geworfen. Hilfe sucht er bei einem Rittmeister und ehemaligen Vorgesetzen im Militär, der ein Landgut besitzt. Tatsächlich stellt dieser ihn ein, und Pagel kann dort als Verwalter arbeiten. Aber auch auf dem Land sind die persönlichen und politischen Verhältnisse äußerst instabil und politisch prekär. Doch Pagel findet seinen Weg.

Dies ist ein – auch seitenmäßig – großer Roman mit einer Fülle an handelnden Personen und Ereignissen. Der Autor führt die Leser*innen jedoch so hindurch, so dass man nie den Überblick verliert. Wer Falladas Leben kennt, erkennt viele autobiographische Elemente in diesem Buch.

Diese Bücher sind auch z.T. mehrfach verfilmt worden und als Hörbücher erhältlich.

(Alle Empfehlungen von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Lesetipps vom 25.01.2024

Isabel Allende: Violeta (2022) *# Violeta del Valle erlebt bald ihren 100. Geburtstag und beschließt, ihren Enkelkindern in einem Brief aus ihrem langen und aufregenden Leben zu erzählen. Sie ist im Jahr 1920 geboren, mit fünf älteren Brüdern aufgewachsen und führt zunächst das behütete Leben einer Tochter aus der chilenischen Oberschicht. Auch ihre erste Ehe mit dem Tierarzt Fabian entspricht noch allen Erwartungen. Doch dann trifft Violeta Julián und lässt sich rasch von dieser Liebe hinreißen. Die nächsten Jahrzehnte erlebt sie in einer turbulenten Beziehung, die viel von ihr fordert. Verwoben ist ihr Privatleben in aufregende politische Ereignisse und Entwicklungen. Dabei gelingt es Violeta auch in schwierigen Situationen ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten.

Das Buch hat mich fasziniert durch die Schilderung des beeindruckenden Lebens einer starken Frau. Gleichzeitig habe ich viel gelernt über die politischen Entwicklungen in Chile und ihre Einflüsse auf die Bevölkerung in diesem Land.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Ellen Zwissler)

Jakob Guanzon: Überfluss (2021)* Henry und sein Sohn Junior leben keineswegs im Überfluss – im Gegenteil. Es gibt Tage, da hat er gerade genug Geld um ein bisschen Nahrung sein Kind und paar Gallonen Benzin für den alten Truck zu kaufen, in dem sie auch leben. So kann er immerhin Junior zur Schule bringen und dann irgendwohin fahren und einen Job wenigstens für ein paar Stunden suchen. Am achten Geburtstag des Jungen soll sich aber alles ändern: Ausnahmsweise will er ihnen eine Nacht in einem billigen Motel gönnen, denn Henry hofft nach einem anstehenden Vorstellungsgespräch am nächsten Tag wieder auf eine feste Arbeit. Aber durch die Umstände kommt es ganz anders, und Juniors akute Erkrankung setzt den Vater zusätzlich unter Druck.

Mit teilweise atemberaubender Sprache und im Wechsel zwischen Gegenwart und Rückblenden beschreibt der Autor den mehr als anstrengenden Alltag eines Mannes am Rande der Gesellschaft. Für mich ist dies eine Erzählung, die mitreißt und mitnimmt.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

Bernhard Schlink: Die Enkelin (2021) *# Der siebzigjährige Kaspar ist gerade Witwer geworden, entdeckt aber erst jetzt das größte Lebensgeheimnis seiner verstorbenen Frau Birgit. Die Liebe des Paares begann 1964 bei seinem Aufenthalt in der DDR. Er verhilft ihr zur Flucht in den Westen, aber Birgit wird dort depressiv und alkoholabhängig Sie erzählt jedoch nie von ihrem großen seelischen Schmerz. Nun, nach ihrem Tod erfährt Kaspar, dass seine Frau eine uneheliche Tochter hat, die sie in der DDR zurücklassen musste. Er macht sich auf die Suche nach ihr und entdeckt Svenja mit Mann und Tochter Sigrun in einer völkischen Gemeinschaft lebend. Zwischen Großvater und Enkelin entwickelt sich in der Folgezeit trotz unterschiedlicher Ansichten eine interessante Beziehung.

Ich fand es sehr interessant, wie der Autor das Verhältnis von Kaspar und Sigrun beschreibt. Man erfährt auch noch viel über die Auswirkungen des Lebens im geteilten Deutschland und die Folgen der Grenzöffnung.

(Empfehlung von Lesefreundin Marietta Kemper)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. #= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

 

Lesetipps vom 18.01.2024

Anthony McCarten: Going Zero (2023) *#

Ein riesiges IT-Unternehmen will den Geheimdiensten der USA in einem Betatest sein Können demonstrieren. Über die Sozialen Medien hat es unglaubliche Massen von Personendaten gesammelt, die dafür genutzt werden können. So startet ein Test, bei dem zehn Personen versuchen für dreißig Tage unauffindbar zu sein. Wer es schafft, dem winken drei Millionen Dollar als Belohnung. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit mit einer absoluten Überwachung.

Das war höchste Spannung mit einer guten Story – das Buch war schwer aus der Hand zu legen. Zudem spielt eine Bibliothekarin die Hauptrolle; sie ist alles andere als das vermeintlich leichte Opfer und hat ihre eigenen besonderen Gründe für die Teilnahme an diesem Projekt.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

Jarka Kubsova: Marschlande (2023) *

In diesem Buch wird auf zwei Ebenen über das Leben von Frauen im Hamburger Marschland erzählt. Dabei geht es einmal um Abelke Bleken, die um 1530 dort lebte. Sie wurde als eigenständige und unabhängige Hofbesitzerin in der damaligen Zeit nicht akzeptiert und schließlich als Hexe verbrannt. Die zweite Erzählebene spiegelt die Rolle der Frauen in der heutigen Zeit wider. Hier steht Britta Stoever im Mittelpunkt. Die promovierte Geografin wird nach dem Umzug ihrer Familie ins Marschland in die Hausfrauenrolle gedrängt und muss sich mühsam daraus freistrampeln, um letztendlich ihre Stellung in der Gesellschaft zu finden.

Der Roman hat mich sehr berührt und mir wieder klargemacht, wie schwierig es für Frauen auch heute noch ist, Familie und Beruf zu vereinbaren. Das Buch hat mich sehr begeistert. Es war auch in der Shortlist für den Preis der „Unabhängigen Buchhändler.“

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Gabriele Remke)

Rafik Schami: Wenn du erzählst, erblüht die Wüste (2023) *#

Der überaus reiche arabische König Salih herrscht im 19. Jahrhundert klug über sein Reich, ist glücklich mit seiner Frau Halima und liebt ihrer beider Tochter Jasmin von ganzem Herzen. Als die Tochter herangewachsen ist, lässt er sie zusammen mit ihrer Zofe Nura auf einer Reise erst sein eigenes Land erkunden, später dann die umliegenden Reiche. Dabei verliebt sich Nura in einen armen Fischer. Kurz bevor sie ihren Eltern davon erzählen will, wird ihre Mutter bei einem Attentat getötet. Jasmin fühlt sich schuldig an ihrem Tod und verfällt in eine tiefe Depression. Niemand kann helfen, bis der Kaffeehauserzähler Karam beginnt, ihr Geschichten zu erzählen und mit Erlaubnis des Königs weitere Menschen zu Erzählabenden in den Palast einzuladen. Diese Zusammenkünfte mit vielfältigen Geschichten helfen Jasmin zu genesen.

Eingewoben in eine interessante Rahmenhandlung findet man in diesem Buch eine solche Fülle an Geschichten zu jedem Thema und Anlass, dass man gar nicht alle schnell hintereinander lesen kann. Jedenfalls ging es mir so – umso mehr habe ich einzelne Kapitel genossen.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. #= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

Lesetipps vom 11.01.2024

Jeannette Walls: Vom Himmel die Sterne (2023) *#

Sallie Kincaid ist ein mutiges selbstbewusstes Mädchen, das von ihrem heißgeliebten Vater – dem Duke – unterstützt wird. Als durch ihr Verhalten ihr Halbbruder Eddie schwer verletzt wird, schickt der Vater sie für viele Jahre zu einer armen Verwandten in die Berge des ländlichen Virginia. Erst nach seinem Tod darf Sallie zurück in ihr Elternhaus. Unerschrocken und geschickt stellt sie sich dort allen Herausforderungen und Ereignissen. Sie übernimmt in den Zeiten der Prohibition als Nachfolgerin ihres Vaters Verantwortung für die Familie und die Dorfgemeinschaft. Nach und nach klärt sich dann auch, warum Sallie Angst vor der Liebe hat.

Dies ist die mitreißend erzählte Geschichte über eine junge Frau, die in schweren Zeiten mit großem Verstand und ebenso großem Herz ihren ungewöhnlichen Lebensweg geht. Für mich ist dies im besten Sinne ein „Schmöker“ für lange Abende.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Ian McEwan: Lektionen (2022) *#

Die Lebensgeschichte von Roland Baines wirkt auf den ersten Blick unspektakulär. Er hält sich als alleinerziehender Vater mit verschiedenen Jobs über Wasser, denn seine Frau Alissa hat ihn und das kleine Kind verlassen, um Schriftstellerin zu werden. In Rückblenden erzählt, erfährt man, wie Roland als Teenager von seiner Klavierlehrerin missbraucht wird und dann mit ihr über Jahre ein leidenschaftliches Verhältnis hat. Aber diese Zeit verändert sein Leben mehr als er es wahrhaben will. Ob das schlecht ist, können die Leser*innen für sich entscheiden.

Der Autor spricht in seinem neuesten Buch große Fragen nach Moral und Sinn leise und fast nebenbei an. Ein wunderbarer Roman, klug und unterhaltsam, der noch lange nachwirkt.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Noa C. Walker: Die Weite des Horizonts (2023)

In Friedenszeiten hat die im Schwarzwald lebende Familie Biber schon einige Male an der Atlantikküste der Normandie Urlaub gemacht, und Cara war dort in den Franzosen Nic Poulin verliebt. Doch nun, im Jahr 1942, ist alles anders, denn in Europa herrscht Krieg. Die junge Frau ist keineswegs mit der Politik Hitlers einverstanden, und muss um ihre Sicherheit fürchten. Ihre Eltern schicken sie deshalb ins Ausland, und Cara wird als Flakhelferin in der Normandie eingesetzt. Dort trifft sie Nic wieder, der inzwischen für die Engländer als Radar-Ingenieur am Kriegsgeschehen und den Planungen der Alliierten beteiligt ist. Im heimischen Schwarzwald gerät ihre Familie in Gefahr, nachdem ihr Bruder Alexander von den Nazis inhaftiert wurde.

Die Handlung spielt in Deutschland, Frankreich und England und beleuchtet diese Kriegszeit aus drei unterschiedlichen Perspektiven. Besonders interessant fand ich die Informationen über die Rolle von Frauen in der Wehrmacht. Darüber ist bisher wenig noch bekannt.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Bärbel Engelbach-Schmitz)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

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Lesetipps vom 04.01.2024

Ute Mank: Elternhaus (2023) *

Sanne, Älteste von drei Schwestern, wohnt nah bei ihren alternden Eltern und bekommt hautnah mit, dass einiges bei ihnen nicht mehr so klappt wie früher. Sie beschließt deren Umzug vom Elternhaus in eine altersgerechte Wohnung. Ihre Schwester Petra ist entsetzt. Obwohl sie in einer weit entfernten Großstadt ihr eigenes Leben lebt, würde sie sich dadurch entwurzelt fühlen. Überhaupt wird deutlich, dass die Geschwister ein angespanntes Verhältnis zueinander haben, das sich durch den geplanten Verkauf des Hauses noch einmal zuspitzt.

Ein gut zu lesender Familienroman besonders mit den Themen Kindheit und Entwurzelung, wie jede*r sie kennt. Sehr berührend und nachvollziehbar sind die einzelnen Kapitel aus der Sicht von Sanne und Petra geschrieben. Sehr empfehlenswert!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

Volker Weidermann: Mann vom Meer (2013)

„Thomas Mann und die Liebe seines Lebens“ lautet der Untertitel dieses Buches, in dem Volker Weidermann die Beziehung dieses großartigen Schriftstellers zum Wasser beschreibt. Seine Mutter Julia da Silva-Bruhns hat ihre ersten Lebensjahre im brasilianischen Küstenort Paraty verbracht. Ihre Erzählungen über das Meer haben schon früh die Fantasie ihres Zweitgeborenen beflügelt, später auch die regelmäßigen Sommerurlaube der Familie Mann an der Ostsee. Auch Thomas Mann hat mit seiner Familie regelmäßig Ferien dort verbracht und auf der Kurischen Nehrung sogar ein Haus besessen. Der familiäre Bogen schließt sich mit dem Einsatz seiner Lieblingstochter Elisabeth für die Erforschung und Rettung der Weltmeere.

Die Kombination einer Erzählung über einen meiner Lieblingsautoren und über meine liebste Landschaft waren für mich einfach unwiderstehlich. Das Lesen hat sich gelohnt.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

Katherine Kressmann Taylor: Adressat unbekannt (2015)

Max Eisenstein und Martin Schulse führen zusammen in San Francisco eine erfolgreiche Kunstgalerie. Im Jahr 1932 kehrt Schulse mit seiner Familie in seine Heimat Deutschland zurück. Sein Geschäftspartner ist amerikanischer Jude, bleibt in den USA und in der Galerie. Lange Zeit tauschen sich die beiden Männer in Briefen über Privates und Berufliches aus. Nach und nach wird eine Entfremdung spürbar, denn Schulse findet immer mehr Gefallen an dem Gedankengut der Nationalsozialisten. Als Eisensteins Schwester in Deutschland in Gefahr gerät, bittet dieser Schulse um Hilfe zur Rettung von Griselle, die dieser jedoch verweigert. Mit weiteren Briefen nimmt Max Eisenstein nun Rache an seinem ehemaligen Partner.

Das erste Mal 1938 veröffentlicht, ist dieses Buch immer noch hochbrisant und aktuell. Grandios, wie auf gut 80 Seiten Freundschaft, Verrat und politische Indoktrination dargestellt werden. Sehr fesselnd als Hörbuch gelesen mit Matthias Brandt und Stephan Schad.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Brigitte Lange)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. #= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

Lesestipps vom 23.11.2023

Alex Schulmann: Verbrenn all meine Briefe #

In diesem autobiographischen Roman erzählt Alex Schulman, wie er sich mit seiner oft unvermittelt auftretenden fast unbeherrschbaren Wut auseinandersetzt. Er versucht zu ergründen, warum er dieses Gefühl nicht besser im Griff hat, das in seiner Vehemenz auch seine Ehe und das Familienleben beeinträchtigt. Dabei stellt er fest, dass bereits sein Großvater äußerst jähzornig und unbeherrscht war. Seine Frau konnte ihn nicht verlassen, aber der ungelöste Konflikt des Paares hat so die nachfolgenden Generationen der Familie mitgeprägt.

Diese Geschichte einer Wut ist so spannend erzählt, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte, weiterzulesen. Erst ganz zum Schluss gibt es die Erklärung, woher die Wut des Großvaters kam. Außerdem ist es eine typische Liebesgeschichte, die vielleicht typisch für die damalige Zeit war.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Schatzmeisterin der Lesefreunde)

Doris Knecht: Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe (2023) *

Die alleinerziehende Ich-Erzählerin befindet sich in einer Umbruchphase ihres Lebens. Ihre Zwillinge Max und Mila haben Matura (Abitur) gemacht und wollen aus der Wohnung ausziehen, und die bisherige Familienwohnung wird zu groß und zu teuer. geklärt werden. Bald ist klar, dass für alle ein Wohnungswechsel ansteht. Dies ist auch Anlass für die Mutter über das Verhältnis zu ihren Kindern, ihrer eigenen Mutter und ihren Schwestern nachzudenken, verflossenen Lieben nachzutrauern und Freundschaften zu festigen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch der Hund, den sie zuerst nicht wollte, der aber nun das Band zu ihren Kindern hält.

Die einzelnen Kapitel setzen sich wie Mosaikteile zu einem Gesamtbild zusammen. Wer in ähnlicher Lebenskonstellation war oder ist, wird sich in der Erzählung sicher wiederfinden.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

Nele Pollatschek: Kleine Probleme (2023) *

Der Alltag ist oft schwer genug, und tausende kleiner Dinge müssen erledigt und bewältigt werden. Dem neunundvierzigjährigen Lars wird dies ausgerechnet am letzten Tag eines Jahres sehr bewusst. Die Kinder verbringen ein Jahr im Ausland. Seine Frau ist auf einer Reise in Lissabon, und er hat immer noch eine lange Erledigungsliste für das ablaufende Jahr. Dabei wollte er doch in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr so viel erklären und alles abarbeiten, was er schon länger vor sich hergeschoben hatte. Das Neue Jahr wollte er frei von allen To-Do-Listen beginnen, aber irgendwie hat es wieder einmal nicht richtig geklappt.

Mit großem Humor und tiefem Verständnis für das Leben und seinen vielfältigen kleinen Problemen lässt uns die Autorin am Alltag des Protagonisten teilhaben. Beim Lesen habe ich mich köstlich amüsiert und oft lachen müssen.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Bärbel Habets)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. #= Diese Bücher können in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

 

Lesetipps vom 16. November 2023 zum Lese-Café am 15.11.2023 Literatur-Nobelpreisträgerin Selma Lagerlöf

Marbacka: Erinnerungen an meine Kindheit (1958/2015) Selma erlebte mit ihren Geschwistern eine glückliche Kindheit in dem Gut Marbacka. In diesem Buch erzählt sie vom ländlichen Leben dort, stellt in zahlreichen Anekdoten ihre Familienmitglieder, Bedienstete und den Freundeskreis der Eltern vor. Dabei erkennt man Personen und Ereignisse wieder, die sie als Autorin in ihren Erzählungen und verwendet hat.

Gösta Berling (1891) Die Geschichte eines Pfarrers, der infolge seiner Trunksucht sein Amt aufgeben musste, war der erste Roman Selma Lagerlöfs und schon bald ein Erfolg. Nach seiner Absetzung lebt Gösta zuerst als Kavalier auf dem Hof der Majorin von Ekeby ein sorgloses und leichtsinniges Leben. Eine unglückliche Liebe und weitere Ereignisse geben seinem Leben aber eine Wendung und er wird „geläutert.“ Dabei bedient sie sich vieler schwedischer Mythen und Legenden und verbindet sie mit der Beschreibung des Lebens in der schwedischen Region Wermland.

Zurzeit steht Gösta Berling auch in der ARD Audiothek als Hörbuch zur Verfügung.

Die wundersame Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen (1909) Eigentlich ist dieser Roman eine Auftragsarbeit, mit der die ehemalige Lehrerin den schwedischen Schulkindern ihre Heimat vorstellen sollte. So „erfindet“ sie den Jungen Nils Holgersson, der vor allem Tiere schlecht behandelt. Zur Strafe wird er von einem Zwerg in einen Winzling verwandelt und muss als solcher mit einem Gänseschwarm auf Reise gehen. Mit zahlreichen Abenteuern lernt er das Land kennen, aber im Zusammensein mit den Vögeln verändert sich sein Wesen. Am Ende des Sommers hat er sich positiv verändert und kommt zu seinen Eltern zurück. Dass er wieder eine Normalgröße hat, zeigt auch seine innere Reifung.

Dies ist das erfolgreichste Buch der Autorin, wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und mehrfach verfilmt. Es gibt viele verschiedene Ausgaben für unterschiedliche Altersgruppen.

Noch einige Kurzvorschläge:

• Von Trollen und Menschen (1915/2021) Geschichten über die Verbindung von Natur, Mensch und Tieren

• Jerusalem (1901) Im Jahr 1896 wandert eine Gruppe schwedischer Bauern aus religiösen Gründen nach Jerusalem aus. Diese wahre Begebenheit hat Selma Lagerlöf zu dem Roman inspiriert.

• Charlotte von Feyerabend: Selma Lagerlöf (2021) Ein biographischer Roman über die erste Frau, die einen Literatur-Nobelpreis erhielt.

 

Lesetipps vom 26. 10.2023 zu Doris Lessing

 Aus ihren zahlreichen Romanen und Kurzgeschichten kann diese Aufstellung nur eine mehr oder wenige subjektive Auswahl sein. Weitere Hinweise auf ihre Bücher finden sich im Internet.

Afrikanische Tragödie (1950)

Eine junge Frau, gewohnt an das Leben in der Stadt, fühlt sich verpflichtet endlich zu heiraten und nimmt den Antrag eines Farmers an. Sie zieht mit ihm auf seine Farm, die er aber glücklos und ohne wirklichen Erfolg bewirtschaftet. Die Ehe wird immer unglücklicher, und Mary findet sich weder mit der Nachbarschaft noch im Umgang mit den schwarzen Arbeitern zurecht. Sie verfällt in tiefe Schwermut. Als sie– für die damaligen Umstände in Rhodesien – zu engen Kontakt mit dem Hausboy Moses pflegt, steuert das Leben auf der Farm einer Katastrophe zu.

Der Roman beginnt fulminant mit der Ermordung der Farmersfrau durch Moses. Für das Umfeld sind die Motive klar. Im Laufe des Romans entwickelt die Autorin aber durch ihre detaillierte Beschreibung ein ganz anderes Bild der Ereignisse.

 

Das Goldene Notizbuch (1962)

Die Autorin hat einen stark formal aufgebauten Roman in einzelnen Kapiteln (vier Notizbüchern) geschrieben, die sich jeweils wiederholen. Umrahmt werden diese Kapitel von einer Geschichte, die so auch allein gelesen werden könnte. Das Buch bietet eine unglaubliche Fülle von zum Teil widersprüchlichen Gedanken und Aussagen, die zur Diskussion anregen sollen. Es gibt viele Informationen über die politische Welt und historische Ereignisse zu Beginn der 1950-er Jahre. Nicht zuletzt setzt es sich mit einem selbstbestimmten Leben von Frauen auseinander und wurde so eines der wichtigsten Bücher des Feminismus dieser Zeit.

Nicht leicht zu lesen, ist das Werk tatsächlich auch heute noch sehr interessant und ungewöhnlich. Vor allem für dieses Buch hat Doris Lessing den Literaturnobelpreis erhalten.

  

Das Tagebuch der Jane Somers (1984)

Nach dem Tod ihres Partners beginnt die beruflich sehr erfolgreiche Jane Somers sich um eine alte Frau zu kümmern. Die Neunzigjährige braucht zunehmend Hilfe und Unterstützung und erhält sie von der jüngeren Frau. Es entwickelt sich eine enge Beziehung und Freundschaft.

Ein warmherziges Buch über die mögliche generationsübergreifende Verbindung und Freundschaft zwischen vormals Fremden.

 

Weitere Tipps:

  • Das fünfte Kind (1988)
  • Das Leben meiner Mutter (2015)
  • Worum es wirklich geht – Kurzgeschichten (2019)

 

Lesetipps vom 19.10.2023

Salman Rushdie: Quichotte (2019)

Während Miguel Cervantes Don Quijote durch das Zentralspanien des Mittelalters reitet und dabei von seinem Diener Sancho Panza begleitet wird, lässt Salman Rushdie den Quichotte seines Romans in einem Auto quer durch das Amerika der Trump-Jahre fahren. Es ist der pensionierte Handelsvertreter Ismail Smile auf der Suche nach einer Fernsehsprecherin, die er aus Talkshows kennt und in die er sich verliebt hat. Als Begleitung hat er sich dabei einen Sohn erfunden, auf den er immer gehofft, den er aber nie bekommen hat. Auf seiner langen Reise muss sich Quichotte mit allen aktuellen Fragen und Themen seiner Zeit auseinandersetzen.

Der Autor hat eine uralte Geschichte auf die heutige Zeit übertragen. Eigentlich sind es sogar zwei Geschichten, denn die eines Autors im Buch wird immer wieder zwischen den Erlebnissen des Don Quichottes erzählt.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Schatzmeisterin der Lesefreunde)

 

Daniel Glattauer: Die spürst du nicht (2023) *

Die Familien Binder und Strobel-Marinek verbringen ihren gemeinsamen Sommerurlaub in einer noblen Villa mit Pool in der Toskana. Die 14-jährige Sophie-Luise durfte ihre Mitschülerin Aayana mitnehmen, die mit ihren Eltern aus Somalia geflüchtet war. Eigentlich wollen sich alle in diesem exklusiven Ferienidyll nur erholen, als ein Unglück passiert. Danach ist alles anders. Nun lernt man die einzelnen Menschen in dieser Geschichte richtig kennen. Vor allem Sophie-Luise geht es nach der Rückkehr schlecht. Sie kommt mit der Trauer, ihrer Wut und dem Mobbing in ihrer Schule nicht zurecht. Dann lernt sie im Internet einen jungen Mann kennen.

Daniel Glattauer erzählt diese Geschichte unglaublich zackig, und sie wirkt durch eingefügte Pressemitteilungen, Kommentare aus sozialen Medien und Chats besonders brisant und interessant. Das Buch ist absolut lesenswert.

(Empfehlung von Lesefreundin und Mentorin Sabine Güllich)

 

Ralf Rothmann: Junges Licht (2016)

Der 12-jährige Julian lebt in den 1960-er Jahren mit seinen Eltern und der kleinen Schwester mitten im Ruhrgebiet, das damals noch eine überaus schmutzige Gegend voller Ruß, Staub und Industrieabgasen war. Sein Vater arbeitet hart im Bergbau, verdient aber trotzdem nicht viel. Der Junge erzählt nun über seine Familie, seine Begegnungen mit anderen Jugendlichen, seine erwachende Sexualität und seine häuslichen Aufgaben zu einer Zeit, in der noch mit Kohle geheizt wurde und das Alltägliche im Haus viel mühsamer war als heute. Die Erwachsenen gehen mit ihm schulmeisterlich und herablassend um. Obwohl Julian eher recht angepasst und zurückhaltend ist, versucht er auf seine stille und bescheidene Art „seinen Weg“ zu finden.

Ralf Rothmann hat mit seiner Beschreibung der damaligen Zeit und mit ihren Werten und Normen des Umgangs miteinander Erinnerungen in mir aufleben lassen, die mich noch nachhaltig beschäftigen. Julian in seiner „Wegsuche“ zu begleiten, macht einfach Freude. Dieses Buch ist verfilmt worden mit Oscar Brose, Charlie Hübner und Lina Beckmann.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lese-Café-Besucherin Irene Grentz)

*= Dieses Buch kann in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Lesetipps vom 12. Oktober 2023

Philipp Schwenke: Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste (2020)

Karl May ist bereits ein äußerst erfolgreicher Schriftsteller und hat mit seinen Büchern über die Abenteuer von Old Shatterhand in Nordamerika und Kara ben Nemsi im Orient viel Geld verdient. Die Leserschaft geht davon aus, dass der Autor tatsächlich alles selbst erlebt hat. Doch erste Zweifel kommen auf und werden auch in der Presse veröffentlicht. Damit muss sich Karl May auf seiner ersten Reise in den Orient auseinandersetzen. Zudem fühlt er sich dabei von mehreren Personen verfolgt. Aber ist er wirklich Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi? Und welche Rolle spielen seine lebenslustige Ehefrau und die Witwe seines Freundes? So geht es auch nach seiner Rückkehr in seinem Leben sehr flimmernd und mehrschichtig zu.

Wer – wie ich – Karl May-Bücher geliebt hat und sich immer schon wunderte, wie ein Autor, der all die Länder nicht gesehen und die Abenteuer nicht erlebt hat, so detailliert davon erzählen kann, wird in diesem Buch Antworten finden. Mich hat die Erzählung jedenfalls überzeugt, und ich habe die Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor genossen.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

Ewald Frie: Ein Hof und elf Geschwister (2023) *#

Ewald Frie, Jahrgang 1962, erzählt aus eigenem Erleben und dem seiner zehn Geschwister vom Leben in einer Bauernfamilie im Münsterland. In zahlreichen Interviews mit seinen Brüdern und Schwestern, geboren zwischen 1944 und 1969, hat er eigene Erfahrungen der Familie zusammengetragen und abgeglichen und verifiziert diese mit Dokumenten, Statistiken und Literatur. Die Veränderungen über die Jahrzehnte in der Landwirtschaft, in der Gesellschaft allgemein, in Lebensweise und Werten werden am Beispiel seiner eigenen Familie sichtbar.

Frie ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Tübingen, und sein Buch hat den deutschen Sachbuchpreis 2023 erhalten. Aber keine Angst: Weder ist das Buch „professoral“ geschrieben noch ist es „trocken“. Es gelingt ihm aus meiner Sicht, die Erfahrungen in der eigenen Familie in einen zeitgeschichtlichen Zusammenhang zu stellen. Das Buch ist stellenweise urkomisch, traurig und oft berührend.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Jutta Niermann)

Gwendolyn Brooks: Maud Martha (2023) [Ausleihe privat bei Barbara Hoevels]

Im Chicago der 1940-er Jahren herrscht alltäglicher und geradezu selbstverständlicher Rassismus. Dies muss auch Maud Martha Brown mit ihrer dunklen Haut erfahren, die in der South Side der Stadt aufwächst. Dennoch versucht sie Lebensträume zu verwirklichen und ihr Leben nach ihren Vorstellungen und Wünschen zu gestalten. Das ist nicht einfach, denn es gilt: Je heller die Haut, desto angesehener die Person. Dies erlebt Maud sogar in ihrer Familie.

Die Lyrikerin Gwendolyn Brooks wurde 1950 als erste Schwarze Autorin mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet, trotzdem erschien ihr einziger Roman erst jetzt auf Deutsch. Mit lyrischer Sprache in kurzen Kapiteln zeichnet die Autorin das Bild einer jungen Frau, die trotz der täglichen Anfeindungen ihre Würde behält.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei ausgeliehen werden,

# = Dieses Buch kann in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

 

Lesetipps vom 28. September 2023

Katharina Hagena: Herzkraft. Ein Buch über das Singen (2022) *

Singen ist ein tiefes menschliches Bedürfnis, und Stimmen und Gesang begleiten uns ein Leben lang. Babys können mit Schlafliedern von der Aufregung in die Ruhe begleitet werden. Gesungene Texte fördern Sprachgefühl und -entwicklung der Kinder, freudige Ereignisse und Feste feiert man gerne mit lautstarkem Gesang, Kirchen- und Volkslieder begleiten den Jahreslauf, erfreuen oder trösten und stärken das Gemeinschaftsgefühl. In Opern- und Chormusik kann man geradezu versinken. Ob man allein, in einem Ensemble oder in einem Chor singt, kräftig oder unsicher – in jedem Fall werden Glückshormone frei. Aber Singen bedeutet auch „eine Stimme haben“, sie erheben und seine Meinung äußern können.

Dies ist ein Buch für alle, die gerne singen (möchten), die Musik lieben und darüber hinaus einen Einblick in das Singen in der Literatur gewinnen möchten. Die Autorin hat ein kurzweiliges Sachbuch geschrieben, bei dem man nach der Lektüre zumindest laut unter der Dusche singt.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Giorgio Bassani: Die Gärten der Finzi-Contini (2009)

Der Autor erinnert sich mit diesem Roman an seine Jugendzeit in der italienischen Stadt Ferrara. Aufgewachsen in einer wohlhabenden jüdischen Familie erlebt er, wie unter dem Erstarken faschistischer Gedanken und nach der Machtübernahme Mussolinis seine Lebensmöglichkeiten immer weiter eingeschränkt werden. Davon betroffen ist auch Micól Finzi-Contini und ihr Freundeskreis, der sich regelmäßig im Garten der Familie zum Tennisspielen trifft. Seit Jahren ist der Erzähler in die junge Frau verliebt, sucht immer wieder ihre Nähe, aber Micól erwidert seine Gefühle nicht. Es fällt ihm äußerst schwer, dies zu akzeptieren.  Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges verändert sich alles noch einmal dramatisch.

Der Autor hat mit diesem Roman ein Stück Erinnerungsarbeit geleistet und der jüdischen Gemeinde in Ferrara ein Denkmal gesetzt.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Ilse Große-Boes)

Susanne von Berg: Das Kaufhaus (2023)   Band 1: Zeit der Sehnsucht * #   Band 2: Zeit der Wünsche*

 

Die Autorin erzählt in ihrer Reihe „Das Kaufhaus“ die Geschichte der Familie Tietz, die Ende des 19. Jahrhunderts den Einzelhandel komplett verändert und mit ihrer allmählich wachsenden Kaufhauskette die Grundlagen für „Hertie“ legt. Es beginnt mit der jungen Schneiderin Flora, die 1879 in Stralsund in einem kleinen Textilwarengeschäft eine große Stoffauswahl für ihr Brautkleid entdeckt und bald mit ihrem Mann diesen Laden übernimmt.  Im zweiten Band wird beschrieben, wie die Familie wächst und das erfolgreiche Geschäft vergrößert werden muss. Flora und Leonhard entwickeln neue Geschäfts- und Verkaufsideen.

Historische Romane lese ich sehr gern, lassen sie doch nachempfinden, unter welchen Umständen Menschen in früheren Jahren und Jahrhunderten gelebt und gewirkt haben. Die ersten beiden Bände der Trilogie habe ich mit großem Vergnügen gelesen und freue mich auf den Herbst, wenn der dritte Band „Zeit des „Wandels“ erscheinen soll.

 

(Empfehlung von Margret Schaaf, stellvertretende Vorsitzende der Lesefreunde)

 

*=Das Buch kann in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

#=Das Buch kann in der online bei www.onleihe.erft.de ausgeliehen werden.

 

 

Lesetipps vom 21. September 2023

Literatur-Nobelpreisträgerin Wislawa Szymborska –

 Marta Kijowska: Nichts kommt zweimal vor. Eine Biographie (2023)

Im Jahr 1996 erhielt die polnische Lyrikerin Wislawa Szymborska den Literaturnobelpreis. Außerhalb ihres Heimatlandes war sie bis dahin nur in Literaturkreisen bekannt. Auch heute noch ist sie der breiten Öffentlichkeit wenig präsent. Dies liegt zum einen daran, dass sie ihr Privatleben niemals präsentiert hat und nur einen kleinen, aber engen Freundeskreis pflegte. Zudem ist es schwierig, ihre Texte angemessen zu übersetzen. Ihre feine Ironie, ihren Witz und die mögliche Mehrdeutigkeit ihrer Gedichte lassen sich nicht immer treffend wiedergeben. Dennoch lohnt sich das Lesen unbedingt. Vor 100 Jahren ist Wislawa Szymborska in der Nähe von Posen geboren, hat fast ihr gesamtes Leben in Krakau verbracht und starb dort im Jahr 2012. Mit dieser Biographie versucht die Journalistin Marta Kijowska, den Leser*innen die großartige Lyrikerin näher zu bringen und den Menschen hinter den Texten zu beschreiben.

 

Wislawa Szymborska. Die Gedichte, Hrsg. Karl Dedecius (1996)

Diese Brigitte-Edition, die 1996 in Zusammenarbeit mit Elke Heidenreich vom deutschen Schriftsteller und Übersetzer Karl Dedecius herausgegeben wurde, beginnt mit der Nobelpreisrede von Wislawa Szymborska. Diese war die kürzeste Ansprache an das Festkomitee, die jemals gehalten wurde und gibt natürlich einen Einblick in die Persönlichkeit der Lyrikerin. Karl Dedecius war auch derjenige, der als erster ihre Gedichte vom Polnischen ins Deutsche übersetzt und somit zum Ruhm der Dichterin beigetragen hat. Die in diesem Buch gesammelten Texte bieten einen Überblick von den ersten Gedichten Szymborskas über ihre Texte als überzeugte Kommunistin bis hin zu ihrem letzten Gedichtband „Ende und Anfang.“

 

Im weiteren Anhang zwei Beispiele für ihre Dichtkunst:

Nichts geschieht ein zweites Mal (1957)

Nic dwa razy – vertont und zu hören bei YouTube u.a. mit Lucja Prus und ganz aktuell

Bankiet u @Sanah#Szymborska#katowice l

Katze in der leeren Wohnung (1993)

 

Alle Empfehlungen von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde

und Joanna Glabik-Kulik

 

 

Lesetipps vom 14. September 2023

T.C.Boyle: Blue Skies (2023) *

Das Klima verändert sich dramatisch, die gewohnten Wetterverhältnisse gelten vor allem in den amerikanischen Küstenstaaten Kalifornien und Florida nicht mehr. Dort gibt es inzwischen Feuersbrünste und Überschwemmungen großen Ausmaßes. Die Menschen müssen sich mit diesen Bedingungen auseinandersetzen und ihr Leben den Veränderungen anpassen. Das geht nicht ohne Schwierigkeiten und führt auch in Familien zu heftigen Diskussionen. Da reicht es nicht, wenn Coopers Mutter jetzt Heuschrecken zum Essen serviert und seine Schwester nun eine Python als Haustier hat. Es muss mehr getan werden um Umwelt und Natur zu retten.    

Das Buch thematisiert die Wetterextremen in den USA. T.C.Boyle erzählt auf skurrile und unterhaltsame Weise, wie Klimawandel und Zeitgeist das Leben zweier Geschwister und ihrer Mutter verändern. Eine Lektüre mit Botschaft für alle, die beim Entspannen nicht abschalten wollen.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucher Michael Ringelsiep)

 

Heribert Prantl: Mensch Prantl (2023)

Für jeden Monat des Jahres wählt Prantl ein Thema aus dem Spektrum Politik, Rechtssystem, Gesellschaft oder Religion aus und verknüpft dabei Analyse, politischen Kommentar und Erlebtes. Sei es der Weltfriedenstag im Januar, der Weltfrauentag im März, das Grundgesetz im Mai, Widerstand im Juli, die Pressefreiheit im August, die deutsche Wiedervereinigung im Oktober – seine Erfahrungen von Berufs wegen als Jurist und Journalist fließen ebenso ein wie seine Sicht als Zeitzeuge, politischer Mensch und sein familiärer Hintergrund.

Wer regelmäßig Prantls Kolumne in der SZ oder auf seiner Homepage liest, kennt die Themen und seinen Blick darauf vielleicht schon. In der Gesamtschau und im Verknüpfen mit dem Jahreslauf ist das auch dann aus meiner Sicht ein lesenswertes Buch mit klar formulierten Positionen, der Aufforderung zum Austausch und zur Diskussion und dem Blick auf Menschen.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Jutta Niermann)

 

Lisa Roy: Keine gute Geschichte (2023) *

Arielle Freytag wächst in Katernberg auf, einem Stadtteil im Essener Norden, der als sozialer Brennpunkt gilt. Eigentlich entkommt niemand den schwierigen Lebensumständen dort. Zudem ist die junge Frau traumatisiert durch das unerklärliche Verschwinden ihrer Mutter, als Arielle sechs Jahre alt war. Trotz allem gelingt ihr eine Karriere als Social-Media-Managerin. Sie ist erfolgreich und verdient viel Geld, fällt aber in eine Depression und muss eine längere berufliche Auszeit nehmen. Kurz danach muss Arielle durch besondere Umstände wieder in ihre Heimatstadt zurückkehren und sich dort mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen.

Lisa Roy beschreibt die Geschichte und die Lebensumstände der Protagonistin schonungslos. Spannend und fast atemlos geschrieben, konnte ich das Buch nicht aus den Händen legen. Die Auflösung des Rätsels um die Mutter hat mich sehr betroffen und nachdenklich zurückgelassen.

(Empfehlung von Margret Schaaf, stellvertretende Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Lesetipps vom 07. September 2023

Imbolo Mbue: Wie schön wir waren (2021) *

In dem fiktiven afrikanischen Ort Kosawa leben die Menschen in großer Angst vor der Macht und Profitgier eines amerikanischen Ölkonzerns. Bereits mehrere Generationen haben erfahren, wie ihr Land rücksichtslos ausgebeutet wird. Lecks in Ölleitungen haben das Wasser verschmutzt und vergiftet, der Ackerboden ist unfruchtbar geworden. Auch können sie den Versprechungen auf Besserung, auf finanzielle Entschädigungen und Wiedergutmachungen nicht mehr glauben. Die Dorfbewohner fassen den Entschluss, sich zu wehren und müssen nun jahrelang um ihre Rechte kämpfen. Dabei zeigt besonders die junge Thula großen Mut. Sie ist auch zu großen persönlichen Opfern bereit, um die Interessen der Gemeinschaft zu vertreten.

Dieses Buch hat mich zutiefst berührt. Teilweise habe ich das Lesen unterbrechen müssen, weil ich das Unrecht, das den Dorfbewohnern angetan wird, nur schwer ertragen konnte. Aber es so wichtig, sich genau darüber zu informieren, damit sich etwas ändern kann.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Marita Schumann)

 

Petra Hammesfahr: Stille Befreiung (2022) *

Die 18-jährige Sandra fühlt sich in ihrem Elternhaus unfrei und schlägt deshalb alle Warnungen ihrer Familie in den Wind: Ihr Freund Ronnie scheint ihr auch der perfekte Ehemann zu sein. Aber schon in der Hochzeitsnacht begreift sie, dass sie sich getäuscht hat und die Ehe keineswegs die Verbesserung ihres Lebens ist, die sie sich erhofft hat – im Gegenteil. Doch die Situation eskaliert zunehmend, bis die junge Frau aus Angst weder aus noch ein weiß.

Dies ist ein spannender Psychothriller mit überraschenden Wendungen. Tipp: Die Autorin liest aus diesem und einem weiteren Buch am 28. September um 20.00 Uhr im Löhrerhof im Rahmen des Literaturherbstes zum Thema „Crime-Time.“

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Àngeles Donate: Die Schule, die wir liebten (2019) *

In den 1920er Jahren rollten Eisenbahnschulen für die Kinder der Wander- und Bahnarbeiter durch Mexiko. Ein extra dafür ausgestatteter Waggon stand dann jeweils eine Zeitlang in einem der Dörfer und die Schüler*innen aller Altersstufen wurden von einer Lehrperson unterrichtet. So war es auch im Ort Delicias, wo in enger Freundschaft Chico, Tuerto, Izkal und Valeria die Klasse von Don Ernesto besuchten. Dieser ist auch Jahrzehnte später noch ein begnadeter Pädagoge mit großem Herzen für alle seine Schulkinder, die er mit nie nachlassendem Verständnis, mit Geduld und Zuversicht unterrichtet. Aber nun soll diese Schule als letzte ihrer Art geschlossen werden. Ausgerechnet ein ehemaliger Schüler ist im Bildungsministerium für diese Entscheidung zuständig. Dafür muss er sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen.

Wenn doch alle Lehrer und Lehrerinnen so ein Verständnis für die ihnen anvertrauten Kinder hätten` habe ich beim Lesen immer wieder gedacht. Aber es ist auch ein Buch über persönliche Werte und die schwierige Suche nach einer passenden Entscheidung.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Lesetipps vom 31. August 2023 

Clara Dupont-Monod: Brüderchen (2023) 

In einer Familie in den französischen Cervennen wird das dritte Kind geboren. Es ist aufgrund eines Gendefektes schwerstbehindert, und die Ärzte geben ihm eine Lebenserwartung von höchstens drei Jahren. Tatsächlich lebt der Junge fast zehn Jahre und bleibt dabei auf dem Entwicklungsstand eines Neugeborenen. Sein großer Bruder übernimmt schon bald viel Verantwortung für ihn und findet sehr persönliche Wege der Kontaktaufnahme. Die Schwester fühlt sich um die bisherige Zuwendung ihres älteren Bruders betrogen und ist lange Zeit voller Zorn. Erst spät findet sie auch für sich einen Weg, mit der Situation umzugehen. Als die großen Kinder bereits außer Haus leben und das ungewöhnliche Kind gestorben ist, bekommen die Eltern noch einen Sohn. In seiner Entwicklung spielen tatsächlich drei Geschwister eine Rolle. 

Die Autorin lässt Steine im Hof der Familie sprechen und zeichnet mit diesem Erzähltrick ein Bild des älteren Bruders, der Schwester und des Nachgeborenen. Sie beschreibt sehr eindrücklich, wie jedes Familienmitglied um den Zusammenhalt der Familie bemüht ist und wie großartig dies allen Beteiligten gilt. Ein wunderbares und warmherziges Buch, das Mut macht. 

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde) 

Ulrike Renk: Jahre aus Seide. Das Schicksal einer Familie (2018) * 

Der Roman beginnt im Jahr 1926, überschrieben mit „die glücklichen Jahre“, und erzählt von Ruth Meyer und ihrer Familie in Krefeld. Unbeschwert wächst Ruth in einer gut situierten Familie auf, sie lebt ein normales Leben. Für Ruth ist es die größte Freude, wenn ihr Vater freitags nach Hause kommt und sie sich gemeinsam auf den Sabbat freuen. Die Familie Meyer lebt nicht streng nach religiösen Vorschriften, aber sie sind Juden und pflegen einige Traditionen, wie etwa das Anzünden der Sabbat-Kerzen und das Lichterfest. Der Vater verdient gut, die Eltern bauen ein Haus, man zieht um. Die Meyers leben als ganz normale Bürger der Mittelschicht in Krefeld. 1933 kommen die Nazis an die Macht, und ihr Leben ändert sich. 

Das Buch basiert auf den Tagebüchern von Ruth Meyer aus Krefeld. Ulrike Renk ist eine sehr gute Geschichtenerzählerin, es gelingt der Autorin ganz hervorragend, die unterschiedlichen Sichtweisen in der Familie Meyer, vor allem aber in der jüdischen Gemeinschaft, immer wieder auf den Punkt zu bringen; das Buch macht sehr nachdenklich. 

Die weiteren 3 Bände beinhalten die Lebenswege der Protagonist*innen- sehr spannend und die Zeit gut beschreibend. 

(Empfehlung von Lesefreundin Brigitta Frucht) 

Judith Hermann: Wir hätten uns alles gesagt (2023) * 

Die bekannte Autorin Judith Hermann erzählt aus ihrem Leben, von ihrer schwierigen Kindheit, ihren Freundschaften und ihrer Arbeit als Schriftstellerin. Diese Texte hat sie im Rahmen ihrer Poetikvorlesungen an der Frankfurter Universität verfasst und gibt dabei erstmalig Einblick in ihren Schaffensprozess. Dabei fließen Realität und Fiktion ineinander. 

Was sich eher anstrengend anhört (Poetikvorlesung an der Uni) ist eine einfühlsame Biografie, die Lust macht, die anderen Werke der Autorin zu lesen bzw. erneut in die Hand zu nehmen, nachdem man die Hintergründe kennengelernt hat. 

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei) 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

 

 

Lesetipps vom 03. August 2023 

Jessie Burton: Die Magie der kleinen Dinge (2014) * 

Die 18-jährige Nella, aus einer verarmten Familie stammend, wird mit dem deutlich älteren Amsterdamer Kaufmann Johannes Brandt, den sie kaum kennt, verheiratet. Ihre Schwägerin begegnet ihr mit Kälte, sie ist einsam in dem herrschaftlichen Haus an der Herengracht. Ihr Mann ist freundlich zu ihr, befindet sich aber oft auf Geschäftsreisen. Als kleine Aufmunterung schenkt er Nella ein aufwändig gestaltetes Puppenhaus, die exakte Nachbildung ihres neuen Zuhauses. Zu ihrer Überraschung erhält Nella regelmäßig verblüffend gut getroffene Miniaturen für das Haus, Möbelstücke oder Nachbildungen der Bewohner. Beigelegt sind rätselhafte Hinweise, die auf dunkle Geheimnisse der Hausbewohner hindeuten. Schon bald merkt Nella, dass jeder um sie herum etwas zu verbergen hat. 

Jessie Burtons erster Roman ist ein von der Thematik her ausgefallener Roman, er spielt in Amsterdam des Jahres 1686. Er ist brillant geschrieben, gleichzeitig spannend, traurig und melancholisch. Als Serie wurde er unter dem Titel „The Miniaturist“ verfilmt. 

(Empfehlung von Lesefreundin Brigitta Frucht) 

Bret Easton Ellis: The Shards (2022) [Ausleihe privat bei Barbara Hoevels] 

In den 80-er Jahren besucht der 17-jährige Bret eine exklusive Schule in Los Angeles. Das Leben innerhalb seiner Clique dreht sich hauptsächlich um Sex, Partys und Drogen. Ein neuer Schüler stößt bald zu diesem Freundeskreis hinzu, obwohl Bret das Gefühl hat, dass mit diesem etwas nicht stimmt. Er glaubt, dass Robert ein dunkles Geheimnis hat. Die Situation eskaliert, als ein Serienmörder, der Jugendliche umbringt, immer näher an die Gruppe herankommt. 

Ellis schreibt diesen Roman wie eine Autobiographie, wobei die Grenzen zwischen Erlebtem und Fiktion verwischen. Dabei nimmt die Besessenheit und Egozentrik der unsympathischen Hauptfigur zu und erreicht einen thrillermäßigen Höhepunkt – nichts für schwache Nerven. 

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei) 

Anthony Horowitz: Der Tote aus Zimmer 12 (2022) * # 

Eigentlich könnte Susan Ryeland ein zufriedenes Leben in ihrem Hotel auf Kreta führen, gäbe es nicht die unzuverlässigen Mitarbeitenden und anstrengende Gäste. So wünscht sie sich durchaus manchmal weit weg von ihrem Lebensgefährten zurück in ihr früheres Leben als Lektorin in London. Da passt es, dass das Ehepaar Treherne kommt und ihr diese abenteuerliche Geschichte erzählt: Ausgerechnet am Hochzeitstag ihrer Tochter Cecily geschah ein Mord in ihrem eigenen Hotel, dann verschwand die junge Frau spurlos und das, nachdem sie einen von Susan lektorierten Roman gelesen hatte. Das sind so viele scheinbare Zufälle, dass sie nach England reist und Cecily sucht, zumal ihr das Paar dafür eine große Belohnung verspricht. Bei ihren Nachforschungen gerät Susan dann aber in sehr große Gefahr. 

Dieser Krimi ist sehr spannend und überrascht mit immer neuen Wendungen. Das Buch will schnell gelesen werden, weil es sicher bereits viele Horowitz-Fans ausleihen möchten. 

(Empfehlung von Lesefreund und Lesementor Jürgen Kwasny) 

*= Dieses Buch kann in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

*#= Dieses Buch kann in der Stadtbücherei Hürth und der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden. 

 

Lesetipps vom 27. Juli 2023 

Ann-Helén Laestadius: Das Leuchten der Rentiere (2022) * 

Die neunjährige Elsa fährt alleine auf Skiern durch den tiefen Schnee, um nach ihrem Rentierkalb zu schauen, das mit seiner Herde im Wintergehege steht. Da wird sie Zeugin, wie ein ihr bekannter Mann das Tier brutal tötet. Als der Schwede sie, die Tochter einer samischen Rentierhirtenfamilie entdeckt, bedroht er sie, sollte sie jemals etwas von dem Vorfall erzählen. Elsa schweigt aus Angst. In den folgenden Jahren erlebt sie die Diskriminierung ihres samischen Volkes im hohen Norden Europas immer wieder. Nicht einmal die Polizei nimmt Anzeigen der Samen über Rentiermorde ernst. Dazu erschweren sich die Lebensbedingungen durch die Klimaveränderungen, und es wird immer schwieriger, Rentierherden zu halten. Darüber werden viele Menschen psychisch krank. Elsa jedoch gewinnt mit den Jahren an Stärke und Mut und kämpft für den Erhalt ihrer Familie, ihrer Herde und der Samischen Kultur. 

Dies ist eine Geschichte, die langsam beginnt, sich aber zu einem dramatischen Finale steigert. Der Einblick in das harte Leben im hohen Norden Europas und in die Samische Kultur haben mich fasziniert. Wer „Der Gesang der Flusskrebse“ mochte, wird sicher auch dies Buch mögen. 

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde) 

Horst Bosetzky: Brennholz für Kartoffelschalen, Roman eines Schlüsselkindes (2000) * 

„Verlier deine Schlüssel nicht!“ Diesen Satz hört Manfred immer und immer wieder. Er ist ein Schlüsselkind im Berlin der ersten Nachkriegsjahre, die Mutter arbeitet, der Vater ist in russischer Gefangenschaft. Horst Bosetzky, vielen bekannt als Krimiautor „-ky“, erzählt hier von seiner eigenen Kindheit in ärmlichen Verhältnissen, einer kargen und oftmals bedrohlichen Welt, aber auch einer Welt voller Aufregung und unwiederbringlicher Abenteuer. Eine Zeit, in der es Stromsperren gab und man Brennholz für Kartoffelschalen eintauschen konnte. 

Horst Bosetzky, später Soziologieprofessor, beschreibt eindrucksvoll und nachvollziehbar seine Ängste und Nöte, seine Begegnungen und Erlebnisse. Man geht mit ihm in den gefürchteten Keller, fährt mit ihm in der aufregenden Straßenbahn zur Oma, nimmt teil an seinem Familienleben und dem Leben in Berlin den Jahren nach dem Krieg. Weitere sieben Bände beschreiben seinen Werdegang im Berlin der 50er bis 90er Jahre bis zu seiner Professur. 

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Brigitta Frucht) 

Lea Ypi: Frei – Erwachsenwerden am Ende der Geschichte (2022) * 

In ihrer Biografie schildert Lea Ypi ergreifend ihre Kindheit in einem Albanien, das abgeschottet vom Rest Europas mit einem strengen kommunistischen System regiert wird. Sie erlebt noch die letzten Jahre des kalten Krieges, dann beginnt der politische Umbruch. So beschreibt sie das Ende des Sozialismus in ihrer Heimat aus der Innensicht eines jungen Mädchens, deren Familie dann zwar frei wählen kann, nun aber von Arbeitslosigkeit bedroht ist. Die albanische Wirtschaft ist ruiniert, die Menschen fliehen in Massen in der Hoffnung auf ein besseres Leben. 

Albanien ist ein Land, über das ich bisher kaum etwas wusste. Besonders bewegt hat mich der Satz „Als es noch den eisernen Vorhang gab, wurden Flüchtlinge bejubelt – nach dessen Fall wurden sie zurückgeschickt, wenn sie nicht bei ihrer Flucht ertrunken waren.“ 

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei) 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

 

Lesetipps vom 22.06.2023
Fernando Aramburu: Die Mauersegler (2021) *
An einem Sommertag beschließt der eher erfolglose Philosophielehrer Toni seinem Leben in genau 365 Tagen ein Ende zu setzen. Seine Ehe ist gescheitert, sein Sohn erfüllt nicht die in ihn gesetzten Hoffnungen und sein Freundeskreis ist auf eine Person begrenzt. Einzig sein Hund und seine Plastikpuppe als Geliebte leisten ihm regelmäßig Gesellschaft. An jedem Tag seines letzten Lebensjahres führt er Tagebuch und setzt sich zudem mit seiner Vergangenheit auseinander. Als er unverhofft eine frühere Geliebte wiedertrifft, deren Hund ebenfalls Toni heißt, verändert sich sein Leben nach und nach und führt zu einem eher überraschenden Ende.
Dies ist eine langsam erzählte Geschichte über ca. 800 Seiten, die mich zunehmend in ihren Bann gezogen hat. Empfehlen kann ich das Buch für Menschen, die Freude an hintergründigem Humor, skurrilen Szenen und Ereignissen und schrägen Protagonist*innen haben.
(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)
Dorit Rabinyan: Wir sehen uns am Meer (2016)
Der palästinensische Maler Chilmi lebt schon eine Weile in New York, als er dort Liat trifft. Die Übersetzerin aus Israel verbringt ein Auslandssemester in der Stadt. Fern ihrer jeweiligen Heimat verlieben sie sich ineinander und erleben dort einen besonderen Winter. Denn so intensiv ihre Liebe zueinander ist, so zerbrechlich ist diese Beziehung. Chilmis und Liats politischen Positionen sind sehr unterschiedlich und entsprechen der schwierigen Beziehung zwischen Palästina und Israel. So ist früh klar, dass ihre Familien und ihr Freundeskreis nichts über ihr Verhältnis erfahren sollen. Zudem müssen sie klären, ob es eine gemeinsame Zukunft nach den Monaten in Amerika gibt, denn Liat weiß, dass sie wieder zurück nach Tel Aviv muss.
Die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern spiegeln sich exemplarisch in der besonderen Liebesgeschichte dieses Paares. Dabei verbindet die beiden Menschen ihre Liebe und Sehnsucht zu derselben Landschaft und denselben Orten ihrer Heimatländer.
(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Bärbel Engelbach-Schmitz)
Rafik Schami: Sami und der Wunsch nach Freiheit (2017) *
Sami und Scharif sind unzertrennliche Freunde und wachsen wie Brüder in Damaskus auf. Gemeinsam verüben sie Streiche und erleben sie zahlreiche Abenteuer, häufig beschützt vom Postboten Elias. Dabei ist Sami der mutigere Junge und setzt sich schon früh vehement gegen jegliches Unrecht ein. Eine Zeitlang gelingt es den Beiden, auch unter den Bedingungen der Diktatur ihre persönliche Freiheit zu leben. Doch auch unter den Kindern in Daraa wächst der Widerstand, und es beginnt eine Rebellion. Auch die Freunde beteiligen sich und müssen abtauchen. Während Scharif die Flucht aus Syrien gelingt, verliert sich die Spur von Sami. In Scharifs Erinnerungen bleiben er und ihre Erlebnisse jedoch lebendig und er erzählt nun davon.
Wunderbare Geschichten reihen sich – sehr schön erzählt – aneinander und ergeben eine interessante Sicht auf das syrische Leben. Was Freiheit alles bewirken kann!
(Empfehlung von Lesementor und Lese-Café-Besucher Kurt Schürmann)
*=Dieser Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Lesetipps vom 15.06.2023
Arno Geiger: Das glückliche Geheimnis (2023) *
Der österreichische Autor Arno Geiger hat ein sehr persönliches Buch verfasst. Er erzählt, wie er parallel zu seiner Arbeit als Schriftsteller – deren Erfolg sich erst nach Jahren einstellt – regelmäßig auf Suche nach Schriftstücken aus Altpapiercontainern ist. Dort findet er tausende von privaten Briefen und Tagebüchern, liest sie und schöpft aus ihnen seine „Spezialkenntnis von Menschen.“ Denn Menschen, die nur für sich schreiben, haben etwas zu sagen, findet Geiger. Warum sollten sie sich sonst hinsetzen und ihre Erlebnisse und Gedanken notieren?
In diesem autobiographischen Buch anhand seiner Fundstücke habe ich viel über den Alltag des Autors erfahren. Zudem gibt es zahlreiche Sätze, über die ich länger nachgedacht habe.
(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)
José Mauro de Vasconcelos: Mein kleiner Orangenbaum (2021)
Der brasilianische Autor erzählt in diesem autobiographischen Roman von seiner Kindheit in Armut, mit einem arbeitslosen unbeherrschten Vater und der Notwendigkeit, schon früh durch einfachste Arbeiten selbst zum Familienunterhalt beizutragen. Dafür schwänzt Sesé auch schon mal die Schule. Durch sein fröhliches Naturell gewinnt er dem Leben dennoch viel Freude ab und erobert die Herzen seiner Mitmenschen. Die Streiche des Jungen sind lustig und niemals verletzend, seine Fantasie trägt ihn auch durch dunkle Tage. In schwierigen Stunden findet Sesé vor allem aber Trost bei seinem kleinen Orangenbaum, den er so liebt.
Obwohl die Kindheitsgeschichte des Autors eher traurig ist, habe ich das Buch doch als große Hoffnungserzählung empfunden.
(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Conny Werner)
Helga Schubert: Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe (2023) *
Die Autorin und ihr Mann leben äußerst zurückgezogen in einem kleinen Dorf bei Schwerin. Sie sind seit fast sechzig Jahren zusammen und haben auch in politisch schwierigen Zeiten nicht die damalige DDR verlassen wollen. Er ist mit Anfang neunzig über zehn Jahre älter als sie, ist pflegebedürftig und eigentlich nur noch ein Schatten seiner selbst. Sie kümmert sich liebevoll um ihn, unterstützt von einem Pflege- und Palliativteam. Der „Derden“ des Buches ist der berühmte Psychologe und Künstler Johannes Helm, sie ist ebenfalls eine bekannte Psychologin und hoch geachtete Schriftstellerin. Im Bewusstsein, dass die gemeinsame Zeit zu Ende geht, schreibt die Helga Schubert nun über ihr tägliches Leben, die Schwierigkeiten der Pflege und über die immer noch vorhandene Liebe und das Glück ihrer Beziehung.
Denkt man an die Lebenssituation dieses Paares, so sind vielleicht Sorge und Mühe im Kopf. Helga Schubert erzählt aber so warmherzig über die Liebe im Alter, dass Ängste verschwinden. Sie macht auch deutlich, wie Glaube in solchen Lebenssituationen tragen und helfen kann.
(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)
*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Lesetipps vom 30. März 2023 

Lisa See: Der Seidenfächer (2005) 

Lilie wird 1823 in einer armen chinesischen Bauernfamilie geboren. Schon früh scheinen ihre Füße besonders geeignet zu sein, um sie fest zu binden und so sehr klein zu halten. Da zierliche Füße als besonderes Schönheitsideal gelten, sehen ihre Eltern dies als Chance, ihre Tochter gut zu verheiraten. Für die Siebenjährige beginnt damit ein Leben voller Schmerzen und Leiden. Ein großer Trost ist Lilie das Erlernen der alten Geheimsprache Nushu, die nur Frauen zugänglich ist. So kann sie sich auch nach ihrer Heirat noch mit ihrer Freundin Seerose austauschen. Die beiden schreiben Botschaften auf Fächer, die sie dann hin und her schicken. 

Dies Buch ist ein Roman, basiert aber auf Fakten und erzählt sehr anschaulich über das alte China im 19. Jahrhundert. Die Autorin ist eine Amerikanerin mit chinesischen Wurzeln. 

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Brigitte Lange) 

Klaus Modick: Die Schatten der Ideen (2008) 

1935: Julius Steinberg, deutscher Historiker jüdischer Herkunft flüchtet aus Deutschland in die USA. Sein Exil dort empfindet er lange Zeit als eine Odyssee und als Elend, bis er sein berufliches und privates Glück als Professor an einem College findet. Als er jedoch in die Mühlen der „Hexenjagd“ auf Kommunisten gerät, wird der amerikanische Traum für ihn zum Albtraum. Ein halbes Jahrhundert später kommt der Schriftsteller Moritz Carlsen für ein Semester an dasselbe College. Durch Zufall findet er alte Briefe von Steinberg, die dieser im Gefängnis geschrieben hat. Dabei kommt Carlsen einem beängstigenden Geheimnis auf die Spur. In der von Misstrauen und Hysterie und durch den Irakkrieg geprägten Zeit, macht der Autor jetzt die bittere Erfahrung, dass die Geschichte sich wiederholt……. 

Ein Buch, dass mich gefesselt und auch beängstigt hat, weil es ein verstörendes Licht auf die USA wirft, in Zeiten von Krieg, politischer Verfolgung und Bespitzelung. 

(Empfehlung von Lesefreundin und Lese-Café Besucherin Irene Grentz) 

Pia Rosenberger: Die Künstlerin der Frauen – Niki de Saint Phalle (2021) * 

Die bunten „Nanas“ in allen Größen von Niki de Saint Phalle sind schon seit Jahren weltweit berühmte Kunstwerke. Bis sie es zu dieser Form des Ausdrucks geschafft hat, musste Niki jedoch einen schwierigen Weg gehen. Sie gilt in ihrer Familie als das „Enfant terrible“ und macht sich deshalb schon früh unabhängig. Dabei wird sie aber keineswegs glücklich. Auch als sie später mit Mann und Tochter in Frankreich lebt, liegt ihre Vergangenheit wie ein Schatten über ihr. In der Kunst entdeckt die junge Frau eine Ausdrucksmöglichkeit für ihre Gefühle. 

Es ist sehr interessant, mehr über die Jugend dieser Künstlerin zu erfahren. Es tut gut von Frauen zu lesen, die mit Mut und Willen ihren eigenen Lebensweg gefunden haben. 

(Empfehlung von Lesefreundin und Lese-Café Besucherin Marietta Kemper) 

*= Dieses Buch kann in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

 

Lesetipps vom 23. März 2023 zum Lese-Café vom 22. März 2023

Literaturnobelpreisträgerin Pearl S. Buck von 1938: Zwischen China und Amerika

Trilogie: Das Haus der Erde

 

Die gute Erde (1931)

Wang Lung ist ein einfacher chinesischer Bauer, der sein Stück Land mit großer Hingabe liebt und pflegt. Klaglos findet er sich mit allen Arbeiten, Naturereignissen und Schicksalsschlägen ab. Dabei hat er in O-lan eine Gefährtin gefunden, die ihn ergeben und treu begleitet. Das ändert sich auch nicht, als es sich Wang Lung später leisten kann eine zweite Frau in sein Haus zu holen.

 

Söhne (1932)

Das Leben in China hat sich verändert. Das alte Kaiserreich zerfällt, der Einfluss des Westens steigt und das Volk erlebt die Wirren einer Revolution. Auch die drei Söhne Wang Lungs und O-lans werden in diese Entwicklung hineingezogen und wählen sehr unterschiedliche Lebenswege.

 

Das geteilte Haus (1935)

Weiterhin herrscht in China Unruhe, und die Wirren der Revolution beeinflussen das Leben der Menschen. Yuan, ein Enkel des alten Wang Lung, flieht nach Amerika, kehrt aber nach dem Landwirtschaftsstudium nach China zurück und lebt mit seiner Frau wieder gerne auf dem Land.

 

Eine Auswahl aus den über 70 Romanen der Autorin:

 

Ostwind – Westwind (1930)

Kuei-lan ist ganz in der alten chinesischen Tradition aufgewachsen und auf die Ehe vorbereitet worden. Ihr von den Eltern auserwählter Bräutigam hat in Amerika Medizin studiert und möchte mit einer gleichberechtigten Partnerin leben. Um seine Zuneigung zu gewinnen, ist die junge Frau bereit sich zu verändern und den westlich geprägten Vorstellungen ihres Mannes anzupassen.

 

Die Frauen des Hauses Wu (1946)

Als sie 40 Jahre alt ist, beendet Madame Wu ihre Pflichten als Ehefrau eines wohlhabenden Mannes, dem sie vier Söhne geboren hat. Sie möchte ab jetzt alleine über ihren Körper und ihren Geist bestimmen. So führt sie ihrem Ehemann eine Konkubine zu und zieht sich innerhalb des großen Hauses zurück. Ihrem jüngsten Sohn ermöglicht sie Englischunterricht und kommt dabei selbst in Kontakt mit einem Geistlichen. Dieser beeinflusst in Gesprächen ihr Denken und Fühlen. Dadurch verändert sich ihr Leben und das ihrer Familie in den nächsten Jahren sehr.

 

Weitere Tipps aus unseren bisherigen Leseempfehlungen

Ball, David:                 Nacht über dem Yangtse (21.05.2020)

Chang, Jung:               Wilde Schwäne (09.04.2020)

Fang, Fang:                 Weiches Begräbnis (15.09.2022)

 

Und noch mehr zu lesen ….

Brecht, Bertold:          Der gute Mensch von Sezuan (1940)

                                     Parabel als Theaterstück über die Möglichkeiten in schwierigen

Lebensumständen ein guter Mensch zu bleiben

Fang, Fang:                 Wütendes Feuer (2022)

                                    Eine Geschichte über die Unfreiheit von Frauen im heutigen China

Rosendorfer, Herbert:  Briefe in die chinesische Vergangenheit (1983)

                                         Ein Roman über einen Mandarin, der in die westliche Gegenwart

                                        versetzt wird und seine Eindrücke in Briefform beschreibt

 

 

Lesetipps vom 16. März 2023 zum Lese-Café vom 15.03.2023 

Literaturnobelpreisträgerin von 1991 Nadine Gordimer: Schreiben gegen die Apartheid 

Nadine Gordimer: Burgers Tochter (1979) 

Rosa wächst in Johannesburg auf und erlebt, wie ihre Eltern sich gegen die Rassentrennung im Land engagieren. Dann wird ihr Vater Lionel Burger wegen seiner Haltung zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Er stirbt in der Haft. Rosa gibt ihre Arbeit als Physiotherapeutin auf und geht für eine Zeit nach Europa. Dort setzt sie sich mit dem Leben ihres berühmten Vaters auseinander. Nach ihrer Rückkehr arbeitet Rosa wieder als Physiotherapeutin, diesmal allerdings in einer sogenannten „schwarzen Klinik“. Zunehmend engagiert auch sie sich gegen die Apartheid und wird verhaftet. 

Die Autorin erzählt beispielhaft am Leben der Protagonist*innen vom politischen Widerstand gegen die Gesetze der Apartheid und nimmt dabei klar Position gegen die Rassentrennung ein. 

Die folgenden Empfehlungen zeigen, wie sich die Autorin mit der Entwicklung Südafrikas nach dem Ende der Apartheid literarisch auseinandersetzt. 

Niemand der mit mir geht (1997) 

Die Apartheid ist aufgehoben, aber die politische Situation bleibt durchaus schwierig. 

Beute (2003) 

Interessante und abwechslungsreiche Kurzgeschichten zum Leben in Südafrika. 

Keine Zeit wie diese (2012) 

Jabulile und Steve haben sich im Kampf gegen die Apartheid kennengelernt. Nun ist diese abgeschafft, aber die Probleme des Landes sind damit nicht beseitigt. 

Einige Fundstücke im Internet: 

YouTube: Nadine Gordimer im Gespräch mit Christiane von Korff 

Musik: Peter Gabriel: Biko (1980) 

The Specials: Free Nelson Mandela (1984) 

Eddy Grant: Gimme Hope Jo´anna (1988) 

Weitere Literatur aus unseren bisherigen Leseempfehlungen: 

Bennett, Britt: Die verschwindende Hälfte (28.10.2021) 

Evaristo, Bernadine: Mädchen, Frau etc. (12.08.2021) 

Gundar-Goshen, Ayelet: Wo der Wolf lauert (20.01.2022) 

Hasters, Alice: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, 

aber wissen sollten (04.06.2020) 

Petry, Ann: The Street – Die Straße (03.12.2020) 

Reid, Kiley: Such a fun age (25.11.2021) 2 

 

Und wenn es noch ein bisschen mehr zum Lesen sein darf …. 

James A. Michener: Verheißene Erde (1980) 

Der Autor erzählt die wechselvolle Geschichte Südafrikas von Anbeginn 

an und mischt dabei wie immer in seinen Büchern Historie und Fiktion 

Nelson Mandela: Briefe aus dem Gefängnis (2018) 

Zum Thema „Rassismus“ und zur Ausleihe in der Stadtbücherei: 

Arndt, Susan: Die 101 wichtigsten Fragen zum Rassismus (2012) 

El-Mafaalani, Aladin: Wozu Rassismus? (2021) 

Von der Erfindung der Menschenrassen bis zum rassismuskritischen 

Widerstand 

Snow, Noah: Deutschland Schwarz Weiß (2008) 

Der alltägliche Rassismus 

Veit, Barbara, 

Wiebus, Hans-Otto: Hass macht die Erde kalt (1993) 

Die Wurzeln des Rassismus 

 

Lesetipps vom 09. März 2023

Ulla Lenze: Der Empfänger (2020)

Josef Klein ist 1939 aus dem Rheinland nach New York emigriert und lebt dort ein sehr zurückgezogenes Leben im Stadtteil Harlem. Im Wesentlichen beschäftigt er sich mit seinem großen Hobby – dem Funken. Seine großen Fähigkeiten als Amateurfunker bleiben auch bei den im Ausland agierenden Nationalsozialisten nicht unbemerkt. Bald wird er geschickt von der Wehrmachtabteilung Ausland / Abwehr im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für Spionagezwecke eingesetzt. Die Firma, bei der er Arbeit findet, ist in Wirklichkeit Teil des deutschen Auslandsgeheimdienstes. Dies erfährt Josef Klein aber erst Jahre nach Kriegsende.

Dies ist für mich kein typischer Spionageroman, sondern eher die Beschreibung eines durch Krieg entwurzelten Mannes. Außerdem war mir nicht klar, wie aktiv die Nazis in den USA waren.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Schatzmeisterin der Lesefreunde)

 

Doreen Cunningham: Der Gesang in den Meeren (2022)

Doreen Cunningham, Wissenschaftlerin und Journalistin, reist in dem Buch mit ihrem Sohn Max von Kalifornien bis nach Alaska, immer entlang den Wegen der Grauwale, um Max die Wale zu zeigen und ihn die Kraft dieser Meerestiere erleben zu lassen. Sie macht sich auf zu dieser Reise am Tiefpunkt ihres Lebens – als alleinerziehende Mutter in einem Obdachlosenheim in Jersey – mit Flugzeug, Schiff, Bus und Bahn und Taxi, mit dem letzten Geld, das sie hat, aber entschlossen, die grauen Riesen zu finden. Unterwegs erinnert sie sich an die Zeit, die sie vor Jahren mit den Menschen in Alaska, mit den Inupiat, verbracht hat. Wie sie dort eine zweite Familie fand, die sie offen und mit Liebe aufnahmen und ihr ein Gefühl von Heimat gaben, sie teilnehmen ließen an ihrem Leben, an ihrer Jagd und Lebensweise. Und sie erinnert sich an ihre Liebe zu Billy, der ihr Schutz und Halt gab.

Ein großartiges Buch über die Kraft und Resilienz, die in Menschen steckt. Nie ist mir das Leben mit den Gefahren und der liebevollen Fürsorge von Walen unter Wasser so nahe gewesen, habe ich so viel von einem völlig anderen Leben hoch oben im Norden Alaskas gelesen. Ein ganz aktuelles Buch, auch mit Blick auf die Auswirkungen des Klimawandels.

(Empfehlung von Lesementorin Sabine Reiter-Meier)

Delphine de Vigan: Die Kinder sind Könige (2022) *

Mélanie ist eine schüchterne Frau, die schon früh von Sendungsformaten wie „Big Brother“ fasziniert war. Ihre Hoffnungen, durch eine Teilnahme berühmt und beliebt zu werden, erfüllen sich jedoch nicht. Sie heiratet und bekommt zwei Kinder, ist aber unzufrieden. Um ihre leeren Tage auszufüllen, surft Mélanie zunehmend auf verschiedenen Internetplattformen und beteiligt sich dort an Diskussionen. Dann entschließt sie sich, Filme über Sammy und Kimmy ins Netz zu stellen. Als diese immer mehr „Likes“ erhalten und sie durch Produktwerbung sogar viel Geld verdienen, werden Ehrgeiz und Einsatz der Mutter grenzenlos. Sie verliert jedes Gefühl für die Bedürfnisse ihrer Kinder und ändert auch nichts, nachdem Kimmy ein paar Tage verschwunden und sogar die Polizei im Einsatz war.

Spannend und äußerst kritisch erzählt die Autorin darüber, welche Sogwirkung die Social- Media-Kanäle haben können. Auch wenn man von vorneherein ihre Ansicht teilt, ist ihr Blick auf die Langzeitfolgen vor allem für junge Menschen sehr interessant.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Dieses Buch kann in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Lesetipps vom 02. März 2023

 

Leila Slimani: Dann schlaf auch du (2016) *

Louise betreut zuverlässig die kleine Mila und das Baby Adam mit großer Zuneigung und viel Engagement und erledigt nebenbei auch noch freiwillig alle Haushaltsarbeiten. Ihre Arbeitgeber Paul und Myriam waren über lange Zeit davon überzeugt, dass diese Nanny ein großer Glücksfall sei. Ersten kritischen Gefühlen, unangenehmen Ahnungen und befremdlichen Entdeckungen gehen sie nicht weiter nach.  Zu sehr fürchten sie, ihren beruflichen Einsatz reduzieren oder ein neues Kindermädchen finden zu müssen. So kommt Louise weiterhin täglich in ihre Familie. Da geschieht eines Tages etwas scheinbar Unfassbares.

Der Roman beginnt mit einem versuchten Tötungsdelikt. Nach und nach gibt die Autorin Einblick in das Leben und die seelische Verfassung der Täterin. Fesselnd von Anfang bis Ende!

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter (2022) *

Nach außen scheint alles zu stimmen in dieser Familie, die in den 1980-er Jahren in einem kleinen Dorf im Hunsrück lebt. Tatsächlich erlebt die Erzählerin dieser Geschichte aber, wie ihr Vater regelmäßig und vehement das Verhalten und vor allem das Gewicht ihrer Mutter kritisiert. Aber ist die Mutter tatsächlich zu dick? Trotz aller Vorhaltungen lässt sie sich von ihrem Mann nicht unterkriegen, erledigt den Haushalt, erzieht die Kinder, pflegt ihre stets unzufriedene Schwiegermutter und erträgt auch noch die Launen und die Untreue ihres Mannes. Trotz all dieser Schwierigkeiten gelingt es ihr, ihre Selbstbestimmung zu bewahren.

Es scheint unglaublich, wie das Verhalten des Mannes und die dörfliche Umgebung der Mutter das Leben schwer machen. Da tut es richtig gut, dass die Autorin auch mit viel Humor erzählt.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Gabriele Drechsel)

 

Horst Bienek: Reise in die Kindheit. Wiedersehen mit Schlesien (1993)

Der Autor ist 1930 in Gleiwitz, Oberschlesien geboren und verließ die Stadt infolge des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1946. Nach bewegten Jahren in Ost-Berlin und seiner Inhaftierung in einem sowjetischen Gulag konnte Horst Bienek im Zuge einer Amnestie 1955 ausreisen und lebte einige Jahre in Hürth, später in München. Schon früh schrieb er Gedichte, Artikel für Zeitungen und Prosa und arbeitete bei verschiedenen Verlagen. In seinen Texten erzählte er eindrücklich von seiner Heimat. 1987 durfte er wieder nach Schlesien reisen und beschreibt in diesem Buch das Wiedersehen mit dem heutigen Gliwice und seine Kindheit in dieser Stadt.

Mich berührt nur die literarische Aufarbeitung einer Kindheit und Jugend während der Zeit des Nationalsozialismus. Horst Bienek war tief mit seiner Heimatstadt verbunden und wird dort bis heute sehr verehrt.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Ingrid Fischer)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Lesetipps zum Lese-Café vom 22. Februar 2023 „Literarische Fischplatte“

 

Busta Christine             Weißt du, wie still …,

in: Wenn die weißen Riesenhasen abends übern Rasen rasen.

Kindergedichte aus vier Jahrhunderten

 

Böll, Heinrich             Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral, in: Erzählungen

mit Emile Bravo        Der kluge Fischer

                                   Tiefsinnige Gedanken, leicht geschrieben. „Der kluge Fischer“ macht

                                   die Texte eines Nobelpreisträgers auch für Kinder verständlich.  

 

Erhard, Erhard         Der Kabeljau,

                                   Das Fischchen, in : Noch `n Gedicht

                                   Eine Sammlung typischer Texte dieses Autors, die immer wieder erfreuen

 

Goethe, Johann Wolfgang  

Der Fischer, in: So viele Tage wie das Jahr hat

Eine Zusammenstellung von James Krüss mit 365 Gedichten für jedes Alter

und jede Gelegenheit

                                  

Grimms Märchen:    Vom Fischer und seiner Frau, in: www.grimmstories.com

                                    Auf Plattdeutsch geschrieben, in: Zur Zeit, wo das Wünschen noch geholfen hat;

                                   zum Hören auch unter www.gerstenberg-verlag.de > Begleitmaterial

 

Guggenmoos, Josef       Das Fischlein, in:  So viele Tage wie das Jahr hat (s.o.)

Hemingway, Ernest      Der alte Mann und das Meer

                                   Die Novelle über den Kampf eines alten Fischers mit einem sehr großen Fisch.

Der Autor erhielt dafür 1953 den Pulitzer-Preis und 1954 den Literaturnobelpreis.

 

van Hout, Mies             Heute bin ich (Bilderbuch)

Mit einzelnen Wörtern und Zeichnungen bietet regt dieses Buch zum Gespräch über die eigenen Gefühle an. Auch gut geeignet als Einstieg in eine MENTOR-Lesestunde.

 

Kaléko, Mascha            Die Fische, in: Träume, die auf Reisen gehen

                                       Gedichte für Kinder im typischen Stil dieser wunderbaren Dichterin

 

Lionni, Leo:                  Swimmy (Bilderbuch)

                                      Dies Buch ist schon ein Klassiker, in dem der Autor kindgemäß zeigt, dass jede und jeder

                                     Einzelne wichtig ist und dass man in einer Gemeinschaft stärker sein kann als allein

 

Neruda, Pablo           Ode an die Seeaalsuppe, in: In deinen Träumen reist dein Herz

                                    Dieser südamerikanische Autor hat 1971 den Literaturnobelpreis erhalten.

                                    Seine Lyrik fasziniert noch heute.

 

Roth, Eugen              Die Fische, in: Eugen Roths Kleines Tierlexikon

                                   Mit humoristischen Versen stellt der Autor die Tierwelt vor.

                                  

Schubart, Christian:      Die Forelle, in: Marabu und Känguru. Die schönsten Tiergedichte

Dieses Gedicht ist vor allem durch die Vertonung von Franz Schubert bekannt geworden

  

Lesetipps rund um Fischer, Fische und andere Meerestiere aus unseren bisherigen Empfehlungen

 

Fleischhauer, Wolfram           Das Meer (24.09.2020)

Hargrave, Kiran Millwood      Vardö – Nach dem Sturm (03.09.2020)

Ironmanger, John                   Der Wal und das Ende der Welt (29.03.2020)

Svensson, Patrick                   Das Evangelium der Aale (27.08.2020)

Nähere Infos zu den einzelnen Büchern kann man auch auf unserer Homepage nachlesen unter

www.lesefreunde-huerth.de

 

Weitere Lesetipps

Grass, Günter                       Der Butt

                                               Der Autor erzählt in diesem Roman von 1977 ausführlich über

                                               die Geschichte der Menschheit und behandelt dabei insbesondere

                                               das Verhältnis von Mann und Frau

 

Siegfried Lenz                      Das Wettangeln

                                               Die letzte Geschichte des Autors, die er seiner Frau gewidmet hat.

                                               Dies ist nicht nur ein Buch über das Angeln, sondern auch eine

                                               zarte und schöne Liebesgeschichte

 Für Kinder:

Marcus Pfister                      Der Regenbogenfisch

                                               Inzwischen ist dies ein „Klassiker“, in dem deutlich wird, dass Teilen

                                               glücklich macht.

           

Lesetipp zu Weiberfastnacht, dem 16.02.2023 

Helmut Frangenberg: Hans Süper. Mein Leben mit der Flitsch (2019) * 

In Köln war er über Jahrzehnte eine wahre Größe im Sitzungskarneval – der quirlige Mann mit der Mandoline, den langen Haaren, dem Hut und der schwarzen Brille. Hans Süper hat mit Musik und Komik wie kaum eine andere Persönlichkeit den Rheinischen Karneval geprägt. Er begann seine Karriere zusammen mit seinem Bruder als „Zwei Schnürreme“, bleibt unvergessen mit Hans Zimmermann im „Colonia Duett“ und trat später mit Werner Keppel als „Süper Duett“ auf. Aber egal wie und mit wem dieses kölsche Original zusammenarbeitete, auf der Bühne war Hans Süper stets unglaublich präsent. Unvergessen sind vor allem auch seine Einlagen mit der „Flitsch“, seiner Mandoline, und sein Spruch „Zimmermann – du Ei“. Erst im Dezember 2022 ist der Musiker und Komiker im Alter von 86 Jahren verstorben. 

Dem Autor, Helmut Frangenberg, ist es meines Erachtens gelungen, einen guten Eindruck über das facettenreiche Leben von Hans Süper zu vermitteln. Besonders lebendig wirken viele Zitate von ihm, weil sie im „Originalton“, sprich auf Kölsch, wiedergegeben werden. 

(Empfehlung von Lesefreund und Lesementor Jürgen Kwasny) 

*= Dieses Buch kann in der Stadtbücherei ausgeliehen werden. 

 

Lesetipps vom 19. Januar 2023

– ein „Literarischer Bunter Teller“

Brüder Grimm: Zur Zeit, wo das Wünschen noch geholfen hat.

Die schönsten Märchen der Brüder Grimm mit Bildern von Julie Volk (2021)

 

Die Sammlung bekannter Märchen sind in diesem Buch wirklich märchenhaft bebildert.  

 

Marie-Luise Kaschnitz: Beschreibung eines Dorfes (2020)

Die Autorin ist vor allem auch für ihre Gedichte bekannt. In diesem Buch beschreibt sie ihr Heimatdorf in der Nähe von Freiburg im Breisgau und beschreibt den Ort und seine Menschen.

 

Beim Lesen dieses Buches fühlt man sich geradezu in das dörfliche Leben hineinversetzt.

 

Hans Fallada: Malheur-Geschichten (2019)

Mit Humor und ohne Schadenfreude erzählt Hans Fallada von Ereignissen und Erlebnissen bei denen etwas schiefgelaufen ist. Dabei zeigt er stets Verständnis für die Betroffenen.

 

Ein Buch für alle, die gerne mal zwischendurch etwas zur Aufheiterung lesen möchten.

 

Erich Kästner: Die dreizehn Monate (2017)

Der Autor hat zu jedem Monat des Jahres ein Gedicht geschrieben und dabei auf seine besondere Art die Jahreszeit mit dem Fragen nach dem Sinn des Lebens verknüpft.

 

Eine lyrische Freude für alle, die Kästner mögen oder kennenlernen wollen. Vor allem sein dreizehnter ist ein ganz besonderer Monat.

 

Georg Trakl: Sämtliche Gedichte (2014)

Der Autor gilt mit seiner Lyrik als bedeutender Vertreter der expressionistischen Lyrik. Ausdrucksstark und eher düster setzt er sich in seinen Gedichten mit der Welt auseinander.

 

Dies ist sicher kein Buch, das man „in einem Rutsch“ liest. Die einzelnen Gedichte können aber sehr intensiv nachwirken und zum Nachdenken und Besprechen anregen.

 

Marion Gräfin Dönhoff: Namen, die keiner mehr nennt (1962)

Dies ist eines der Bücher, in dem sich die Gräfin mit dem Krieg und ihrer Flucht aus Ostpreußen auseinandersetzt und den Ritt aus ihrer Heimat in den Westen beschreibt.

 

Sachlich und dennoch sehr eindringlich beschreibt die Autorin ihre Flucht aus ihrer geliebten Heimat. Ihren Schmerz hat sie später in Versöhnung verwandeln können. Leider müssen auch heute noch viele Menschen wegen eines Krieges ihr Land verlassen. Auch für sie weckt dieses Buch Verständnis.

 

Heinrich Heine: Sämtliche Gedichte (1997)

In diesem Buch sind alle Gedichte des Autors in ihrer zeitlichen Reihenfolge zusammengefasst.

 

Jedes Gedicht dieses berühmten Autors ist lesenswert.

 

Anais Vaugelade: Steinsuppe (2021)

Mitten in einer dunklen Winternacht klopft der Wolf an der Tür eines Huhnes und will mit ihm Steinsuppe kochen? Ist das wahr oder soll nicht doch das Huhn in den Topf kommen? Im Laufe dieses Bilderbuches klärt sich die Frage auf.

 

Dies besonders eine Empfehlung für alle Lesementor*innen, alle Eltern und Großeltern, die ein spannendes Bilderbuch vorlesen oder mit Kindern lesen wollen. Gleichzeitig bietet dies Buch Anlass über Vorurteile, Erwartungen, Vertrauen und Mut zu sprechen.

 

Alle Empfehlungen von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde, im Nachgang zum Lese-Café am 18. Januar 2023 „Literarischer Bunter Teller“ in der Stadtbücherei Hürth

 

 

Lesetipps zum Literaturabend mit musikalischen und kulinarischen Häppchen 

im Rahmen der Jüdischen Wochen im Rhein-Erft-Kreis am 17.11.2022 im Löhrerhof 

Schwer ist mein Herz – und groß meine Freude 

Eve Harris: Die Hochzeit der Chani Kaufmann (2015) * 

Streng jüdisch – orthodox lebende Menschen haben es auch im Jahr 2008 in der Großstadt London nicht einfach. Sie sollen früh heiraten, dürfen aber vor der Ehe keinen Körperkontakt miteinander haben. Immer passt jemand auf, dass Vorgabe eingehalten wird. So geht es auch Chani und Baruch, die vollkommen unerfahren, aber voll guten Willens auf ihre Hochzeit und ihr eheliches Leben warten. Unterstützung soll Chani von der Rebbetzin Rebecca erhalten. Die ist aber von ihrem Leben enttäuscht und durch zahlreiche Schwangerschaften auch körperlich erschöpft. Zudem sorgt sie sich mit ihrem Mann auch noch um ihren Sohn Avromi, der die Regeln seiner Religion keineswegs beachtet. Auch Baruch findet kaum Antworten auf seine Fragen. 

Mit viel Verständnis und Humor erzählt die Autorin vom Leben einer streng geregelten jüdischen Gemeinschaft und davon, wie ein junges Paar versucht, die dadurch bestehenden Schwierigkeiten gemeinsam mit viel Nachsicht und Verständnis zu überwinden. 

Joseph Roth: Hiob (1930) * 

Bereits im Alten Testament wird im Buch Hiob die Geschichte eines frommen und gottesfürchtigen Mannes erzählt, der trotz aller Zumutungen des Lebens seinen Glauben und das Vertrauen in seinen Gott nicht verliert. Der Autor verlegt dieses Thema in die Zeit ab 1900 und erzählt die Geschichte des jüdischen Lehrers Mendel Singer, der in ganz einfachen Verhältnissen als wenig erfolgreicher Lehrer in Russland lebt. Als sie zur Armee eingezogen werden sollen, können die beiden ältesten Söhne der Familie nach Amerika fliehen. Jahre später folgen ihnen Mendel, seine Frau Deborah und ihre Tochter Mirjam. Ihren behinderten jüngsten Sohn lassen sie schweren Herzens zurück. Aber auch in Amerika ist das Leben für die Familie hart und das Schicksal schwer, bevor sich am Ende doch noch alles zum Guten wendet. 

Joseph Roth schreibt über das menschliche Thema über den Umgang mit einem schwierigen Schicksal so eindringlich, dass man als Leser*in rasch in die Erzählung hineintauchen kann. 

Lion Feuchtwanger: Die Jüdin von Toledo (1955) * 

Der kastilische König Alfonso VIII (1169 – 1412) verliebt sich auch zu seinem eigenen Erstaunen in Raquel, die Tochter seines Ministers Jehuda Ibn Esra. Sie erwidert seine Liebe und ist bereit seine Geliebte zu werden. Bald lässt der König für seine „La Formosa“ (die Schöne“) einen kleinen Gartenpalast umbauen, wo sie viele glückliche Zeiten miteinander verleben. Aber dann wird das politische Umfeld unruhig. Die ersten Kreuzzüge beginnen, Alfonso wird auch von seiner Frau in den Unfrieden mit seinen jüdischen und moslemischen Untertanen getrieben und sieht sich in der Pflicht, den friedvollen Umgang mit diesen zu brechen. Am Ende kostet ihn dies sein Liebesglück. Parallel dazu neigt sich auf der Spanischen Halbinsel das tolerante und harmonische Miteinander verschiedener Religionen langsam seinem Ende zu. 

Dies ist eine brillant erzählte Liebesgeschichte auf dem Hintergrund wahrer historischer Ereignisse. 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

Lesetipps vom 20.Oktober 2022 

Jackie Kabler, Ein perfektes Paar, Kriminalroman (2021) 

Gemma und Danny sind ein glückliches Paar und gerade von London nach Bristol in ein Haus gezogen. Ihr Leben scheint in Ordnung. Eines Abends jedoch kommt Danny nicht von der Arbeit nach Hause. Gemma wendet sich an die Polizei, und die zuständige Polizistin DCI Helena Dickens ist augenblicklich beunruhigt, da Danny so aussieht wie zwei kürzlich ermordete Männer. Stutzig wird sie, als sie und ihr Team herausfinden, dass außer seiner Ehefrau Gemma seit einigen Wochen niemand mehr etwas von Danny gehört hat. 

Ich mag eigentlich nur sogenannte „Cosy-Krimis“, aber dieser Psychothriller ist auch etwas für zarter Besaitete und ungeheuer spannend. Immer wenn ich glaubte den Mörder entlarvt zu haben, hat eine völlig unerwartete Wendung meine Theorien wieder zunichte gemacht. Ich war schon lange nicht mehr von einem Buch so gefesselt. 

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Annette Vix-Höschler) 

Mariana Leky: Kummer aller Art (2022) * 

So unterschiedliche Menschen und so viele verschiedene Kümmernisse: Körperliche Einschränkungen, Trauer über den Verlust eines Menschen, Mutlosigkeit, eine zerbrochene Liebe, Schlaflosigkeit und noch mehr. Was klingt wie ein Buch mit äußerst traurigem Inhalt, ist tatsächlich eine Sammlung warmherzig und verständnisvoll geschriebener Kurzgeschichten. Die jeweils Betroffenen werden ihren Kummer zwar nicht vollständig los, finden aber durchaus Menschen und Situationen, die ihre Stimmung aufhellen und ihnen Trost oder Unterstützung bieten können. Einige der Protagonist*innen tauchen sogar in mehreren Geschichten auf. 

Mariana Leky kann wundervoll schreiben. Ich muss diese Kurzgeschichten auf jeden Fall noch einmal lesen. 

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Sabine Güllich) 

Madeline Miller: Das Lied des Achill (2015) 

Die Frau des spartanischen Königs Menelaos, die Schöne Helena, ist mit dem trojanischen Prinzen Paris in dessen Heimat Troja gegangen. Nun will sie ihr Ehemann zusammen mit seinen Verbündeten zurückholen. Der Kampf um Troja beginnt, und im Mittelpunkt steht der griechische Halbgott Achill, Sohn des Königs Peleus von Phytia und der Meernymphe Thetis. Stets an seiner Seite ist sein enger Freund und Geliebter Patroklos, der nicht kämpfen kann, sondern sich in der langen Belagerungszeit der Stadt die Verwundeten versorgt. Doch auch er kann das vorausgesagte Schicksal des Achill nicht verändern und dessen Tod nicht verhindern. 

Nie hätte ich gedacht, dass mich diese bekannte antike Geschichte so fesselt. Aber die Autorin lässt Patroklos erzählen und gibt so der Handlung eine ganz besondere und neue Dynamik. Auch die Originalausgabe „The Song of Achilles“ ist lesenswert. 

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde) 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

 

Lesetipps vom 13. Oktober 2022 

Jan Weiler: Der Markisenmann (2022) * 

Roland Papen ist ein ziemlich erfolgloser Markisenverkäufer, der ein bescheidenes und zurückgezogenes Leben führt. Dann schickt ganz unerwartet seine Ex-Frau die gemeinsame 15-jährige Tochter zu ihm. Über ein Jahrzehnt hatte Kim keinen Kontakt mehr mit ihrem Vater und ist jetzt gar nicht glücklich darüber, die Sommerferien bei ihm zu verbringen. Erstaunlicherweise finden die beiden jedoch in den nächsten Wochen guten Kontakt zueinander. Der „Markisenmann“ versucht nicht, Kim jetzt noch zu erziehen. Vielmehr gibt er ihr mit seiner Ruhe und Freundlichkeit genau die Situation, die sie jetzt braucht. Auch lässt er sich auf ihre teilweise ungewöhnlichen Verkaufstipps und Vorschläge ein und profitiert davon. 

Ich fing an, das Buch zu lesen und konnte nicht mehr aufhören. Einfach nur schön! 

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Sabine Güllich) 

Georgi Gospodinov: Zeitzuflucht (2022) * 

Ein Zeitkrankenhaus, die „Klinik für die Vergangenheit“ bietet an Demenz erkrankten Menschen die Möglichkeit, dort Zuflucht in den Tagen ihrer Kindheit und Jugend zu finden. Die Einrichtung wird ein solcher Erfolg, dass immer mehr Räume, dann sogar ganze Gebäude und Städte im Stil verschiedener Jahrzehnte gebaut und errichtet werden. Diese werden mit der Zeit immer perfekter, und es gibt sogar nachgespielte historische Ereignisse. Immer mehr Menschen finden Gefallen daran, in frühere Jahrzehnte „auszuwandern“ und so der harten Gegenwart zu entfliehen. Schließlich interessieren sich sogar ganze Länder für diese Idee. 

Gospodinov hat einen grandiosen Gedanken auf die Spitze getrieben. Beim Lesen dachte ich oft, dass die Idee der Vergangenheitsräume doch genial ist. Ein sehr empfehlenswertes Buch! 

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei) 

Celeste Ng: Was ich euch nicht erzählte (2014) * 

An einem Maimorgen 1977 erscheint die 16-jährige Lydia nicht zum gemeinsamen Frühstück. Am Tag darauf wird ihre Leiche in einem See nahe der Stadt gefunden. Ihre Eltern und die zwei Geschwister stehen unter Schock. Auf der Suche nach einer Erklärung für den Tod Lydias setzt sich jedes Familienmitglied auf seine Weise mit seinem Leben und seiner Vergangenheit auseinander. Dabei wird deutlich, dass jede und jeder sehr viel mehr Probleme und Schwierigkeiten, als die Familie bisher untereinander zugegeben und nach außen gezeigt hat. 

Diese Geschichte ist ein erschreckendes Beispiel dafür, wohin Erwartungshaltungen und Nichtreden in einer Familie führen können. 

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde) 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei ausgeliehen werden. 

 

Lesetipps vom 22. September 2022

 

Karl Ove Knausgard: Der Morgenstern (2022) *

In einem norwegischen Sommer zeigt sich plötzlich ein außergewöhnliches Naturphänomen: Ein großer, leuchtender Morgenstern erscheint am Himmel. Die Deutung dieses Ereignisses zieht sich durch alle Buchkapitel, die aus der Sicht von neun Hauptfiguren geschrieben sind, die die Welt sehr unterschiedlich wahrnehmen. Doch allen gemeinsam sind die Fragen nach dem Sinn ihres bisherigen Lebens und dem Weitermachen in der Zukunft. Und was bedeutet dieser Stern – ist er Vorbote von etwas Bösem oder etwas Gutem in einer ver-rückten Welt?

Dieser Roman hat es nicht nur durch den Umfang von fast 900 Seiten in sich. Knausgard versteht es, durch die unterschiedlichen Geschichten der Hauptakteur*innen Vorahnungen mit Philosophischem zu verknüpfen. Mir hat der Roman gut gefallen, sprachlich wunderbar lässt er sich in kein Genre packen.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Nino Haratischwili: Das mangelnde Licht (2022) *

Im Jahr 2019 treffen sich die drei Frauen Nene, Ira und Keto nach vielen Jahren bei einer Ausstellung in Brüssel wieder. Schon bald ist klar, dass die gezeigten Fotografien von ihrer verstorbenen Freundin Dina gemacht wurden und wichtige Punkte aus der gemeinsamen Vergangenheit zeigen. Die Ich-Erzählerin Keto fügt nun anhand einzelner Fotos nach und nach die Geschichte der vier Freundinnen und ihrer Heimat Georgien kurz nach der Unabhängigkeit im Jahr 1991 zu einem großen Gesamtbild. Auch wenn die Erfahrungen dieser Frauen sehr unterschiedlich sind, hat doch jede auf ihre Weise Freiheit und Selbstbestimmung gesucht.

Was für eine Erzähllust und Erzählfreude die Autorin in diesem Buch zeigt! Die über 600 Seiten Nebenbei habe ich viel über ein Land erfahren, von dem ich bisher wenig weiß.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Lesetipps vom 08. September 2022

 

Emilie Pine: Botschaften an mich selbst (2021) *

Die Essays von Emilie Pine sind schonungslos aufrichtig. Die Autorin schreibt über ihre Kindheit und Jugend, über Gewalt, Drogen, Schmerz und Trauer, aber auch über ihren nicht erfüllbaren Wunsch nach Kindern und über das schwierige Verhältnis zu ihrem Vater. Damit zeigt sie in ihren außergewöhnlichen Erzählungen die heutige Lebenssituation von Frauen auf.

Emilie Pine ist Professorin für Modernes Drama in Dublin. Ihr Buch wurde ausgezeichnet mit dem Irish Book of the Year-Award. Es ist sehr lesenswert, wenn auch keine leichte Lektüre.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei )

 

Susanne Matthiessen: Ozelot und Friesennerz; Roman einer Sylter Kindheit (2021)*

In diesem „autobiographischen Roman“ beschreibt Susanne Matthiessen ihre Kindheit und Jugend auf der Nordseeinsel und das Leben der Sylter sowie deren prominenter und unbekannter Gäste in den 70er Jahren. Sie schildert, wie einfallsreiche Sylter Unternehmer zu großem Reichtum gelangen, dabei auf lange Sicht allerdings ihre Heimat verkaufen.

Ich bin kein Syltfan aber dieses Buch ist sehr unterhaltsam und spannend. Die Autorin bedient nicht die üblichen Inselklischees, sondern setzt sich humorvoll und kritisch mit ihrer Heimat auseinander.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Annette Vix-Höschler)

 

Isabel Allende: Ein unvergänglicher Sommer (2018) *

Ein harmloser Auffahrunfall während eines heftigen Schneesturms in New York fordert von drei sehr unterschiedlichen Personen eine unerwartete Zusammenarbeit. Das illegal in den USA lebende Kindermädchen Evelyn hat im Kofferraum des Autos die Leiche der Physiotherapeutin entdeckt, die mit dem von ihr betreuten Kind übt.  Sie bittet nun den Unfallverursacher Richard, einen eigenbrötlerischen Universitätsprofessor, um Hilfe. Dieser sucht Unterstützung bei seiner chilenischen Untermieterin Lucia, die schon lange auf seine Zuneigung hofft. Gemeinsam fährt das ungleiche Trio in das einsame Hinterland der Stadt, um die Tote an einem versteckten Platz zu begraben und das Rätsel um ihre Ermordung zu lösen. 

Dieses Buch ist eine Mischung aus Kriminalfall und Liebesgeschichte. Besonders interessant fand ich die ausführlichen Erzählungen über die Zeit Chiles nach dem Sturz von Salvator Allende und über die Flucht einer jungen Frau aus Guatemala in die USA.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Lesetipp vom 01. September 2022

 

Joyce Carol Oates: Blond

Sie war der Inbegriff aller Blondinen, bewundert, beneidet, Sexsymbol, Schauspielerin mit komödiantischem Talent und Projektionsfläche für Wünsche und Vorstellungen aller Art: Marilyn Monroe. Vor fast genau 60 Jahren starb sie am 4. August 1962 unter bis heute nicht ganz geklärten Umständen einsam in ihrem Haus in Los Angeles. Wer war diese Frau, die sich scheinbar hemmungslos der Öffentlichkeit preisgab und gleichzeitig in ihrem Inneren ängstlich, zerbrechlich und unsicher war?

 

Dieser Frage geht die großartige amerikanische Schriftstellerin Joyce Carol Oates in ihrem Roman über ca. 1000 Seiten tiefgründig und sprachlich brillant nach. In einer Mischung aus Realität und Fiktion gibt sie der Person Norma Jean Baker eine Stimme und versucht sich in ihre Persönlichkeit hineinzudenken. Damit weckt sie großes Verständnis für die Verwandlung dieser schüchternen jungen Frau in den glamourösen Star Marilyn Monroe. Gleichzeitig erhält man Einblick in das von Männern beherrschte Hollywood der 50-er Jahre, in dem Frauen von ihnen in jeder Hinsicht ausgenutzt wurden.

 

Das Buch erschien bereits 2001, ist aber 2021 neu herausgegeben worden. Mich hat es auch beim erneuten Lesen wirklich begeistert, zumal es mit Blick auf die MeToo-Debatte noch einmal an Aktualität gewonnen hat. Die Autorin selbst legt Wert darauf, dass „Blond“ keine Biographie der Schauspielerin ist, sondern ein Roman. Und der ist absolut lesenswert!

 

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Unsere Lesetipps vom 19. Mai 2022 

Ronja von Rönne: Ende in Sicht (2022) * 

Die 69-jährige Schlagersängerin Hella ist mit ihrem alten Passat auf dem Weg in die Schweiz, wo sie Sterbehilfe in Anspruch nehmen möchte. Kurz nach der Auffahrt auf die Autobahn springt eine 15-jährige vor ihr von einer Brücke. Juli will sich in den Tod stürzen, ist jedoch nicht einmal schwer verletzt. Hella nimmt sie unwillig in ihrem Auto mit bis zum nächsten Krankenhaus, doch durch widrige Umstände bleiben sie auch danach Reisegefährtinnen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sperrig, stur und unglücklich sitzen sie nebeneinander. 

Ronja von Rönne beschreibt zwei Frauen mit Depressionen, die ihrem Leben ein Ende setzen möchten. Der Name der Krankheit kommt nicht vor, nur ihre Auswirkungen auf das Leben der beiden. Trotz des Themas ist das Buch nicht tieftraurig, es gibt auch unglaublich witzige Situationen auf ihrem Weg in die Schweiz, in denen das Leben doch lebenswert erscheint. 

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei) 

Dave Eggers: Bis an die Grenze (2016) * 

Die Zahnärztin Josie ist von ihrem Mann getrennt, hat als Folge eines Rechtsstreites ihre Praxis aufgeben müssen und will nun ihr Leben verändern. Zusammen mit ihren beiden Kindern reist sie von Ohio in den Norden der USA und setzt ihre Reise in einem Wohnmobil fort. Die Fahrt durch das sommerliche Alaska und die menschlichen Begegnungen fordern sie heraus, da sie sich immer wieder an ihre Vergangenheit erinnert. Ruhe und Frieden finden Josie, Paul und Ana nur in den Weiten des Landes. Als dann ein großes Feuer ausbricht, muss sie sich mit ihren Kindern in Sicherheit bringen und dabei bis an ihre körperlichen und mentalen Grenzen gehen. 

Dies ist eine ruhig erzählte Geschichte von einer Frau, die sich und ihr Leben neu ordnen muss. Es ist spannend zu lesen, wie sie sich nach und nach von der Vergangenheit befreit und eine stabile Lebenssituation für sich und ihre Kinder sucht. 

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde) 

Benedict Wells: Die Wahrheit über das Lügen (2018) * 

Es handelt sich hier um ein Buch mit zehn feinfühlig und berührend geschriebenen Kurzgeschichten zum Thema Zeit. Dabei sind sie inhaltlich ganz unterschiedlich. So handelt eine Geschichte von Zeit, an die man sich gerne erinnert, eine andere von Zeit, die man nicht zu schätzen wusste, und bei einer weiteren läuft die Zeit eher davon. Sensibel und auch mit einzelnen Metaphern ist jede Erzählung besonders. Es fällt schwer, nach dem Lesen einer Geschichte gleich zur nächsten überzugehen, denn sie wirken lange nach. 

Benedict Wells ist ein grandioser Autor. Ich werde definitiv bald mehr von ihm lesen. 

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Ruth Baumeister) 

* = Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

 

 Unsere Lesetipps vom 12. Mai 2022 

Hermann Schulz: Das Mädchen, das mit Krokodilen spielte (2021) 

Um die Jahrhundertwende war es noch üblich, dass Menschen aus Afrika in Völkerschauen und bei Kolonialausstellungen auftraten und dadurch viel unterwegs waren. Auch die Eltern von Therese gehörten einer solchen Gruppe aus Togo an. Ihre im Jahr 1900 geborene Tochter geben sie aber bereits kurz nach der Geburt in eine Wuppertaler Pflegefamilie, damit das Baby ihre anstrengenden Reisen nicht mitmachen muss. Dort wächst Therese behütet auf. In den Jahren des Nationalsozialismus wird ihre Lebenssituation vor allem wegen ihrer dunklen Hautfarbe immer schwieriger. So verlässt die junge Frau Deutschland und geht nach Togo, in die Heimat ihrer Eltern. Dort trifft sie Jahre später der Autor, der dann ihre Geschichte erzählt. 

Das Buch ist sehr spannend geschrieben. Es zeigt klar die Schwierigkeiten auf, die dunkelhäutige Menschen erleben mussten und auch heute noch müssen. Es bietet zudem eine Chance zur Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte Deutschlands. 

(Empfehlung von Lesefreundin Hildegard Ischebeck) 

Elif Shafaks: Das Flüstern der Feigenbäume (2021) * 

Eines Tages schreit die 16-jährige Ada im Unterricht plötzlich laut und lange, nachdem ihre Lehrerin angekündigt hat, dass sie sich demnächst mit dem Thema Migration beschäftigen werden. Erscheint Adas Verhalten zunächst völlig unverständlich, wird bald deutlich, dass ihre Emotionen mit ihrer eigenen Familiengeschichte zusammenhängen. Ihr griechischer Vater und ihre türkische Mutter wuchsen in Zypern auf und durften als junge Menschen ihre Liebe nicht leben. Während des Krieges im Sommer 1974 wurden sie getrennt. Erst Jahre später sahen sie sich wieder und zogen nach England, wollten sich aber nie mit der Vergangenheit beschäftigen. Für ihren Seelenfrieden muss Ada dies nun nachholen und nach Zypern fahren. 

Poetisch und realistisch zugleich beschreibt die Autorin, wie leidvolle Erfahrungen und persönliche Traumata auch über Generationen weitergegeben werden können. 

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde) 

Michel Houellebecq: Vernichten (2022) * 

Der neuste Roman von Michel Houellebecq spielt in der nahen Zukunft in Frankreich. Paul ist fünfzig und arbeitet für den Präsidentschaftskandidaten. Als Videos von politischer Brisanz und mit verschlüsselten Botschaften im Internet kursieren, fällt ihm die Aufgabe zu, deren Urheber ausfindig zu machen. Privat ist die Ehe mit seiner Frau auf einem Tiefpunkt angekommen. Das zeigen getrennte Betten und getrennte Fächer im Kühlschrank. Mit über 600 Seiten ist dieses Buch gleichzeitig ein Thriller und Gesellschaftsroman, eine Familien- und Liebesgeschichte. 

Politik, Gesellschaft und Familie werden in dem Roman miteinander verwoben, immer spannend und nah an der Realität. Mir hat der neuste Roman von Houellebecq gut gefallen, weit besser als „Serotonin“, sein letztes Werk. 

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei) 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

 

Unsere Lesetipps vom 05. Mai 2022 

Margaret Craven: Ich hörte die Eule, sie rief meinen Namen (1967) 

In vielen Sagen gilt die Eule als Vorbotin des Todes, die Todgeweihte bei ihrem Namen ruft. Diese Vorstellung teilen auch die Menschen in Kingcome, einem kleinen Ort im Westen von Kanada. Dorthin wird zu Beginn der 1960-er Jahre der junge Vikar Brian aus Vancouver versetzt, der nach Aussage seiner Ärzte nur noch wenige Jahre zu leben hat. In seiner Tätigkeit als Geistlicher und Seelsorger erlebt Brian alle Wechselfälle des Lebens ebenso wie den besonderen Zugang der indigenen Bevölkerung zu alten und mythischen Vorstellungen. 

Für mich ist dies ein sehr berührendes Buch darüber, wie ein junger Mann lernt, im Gleichklang mit der Natur zu leben und zu sterben. 

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Hildegard Wilkes) 

Zeruya Shalev: Schicksal (2021) * 

Die 50-jährige Atara hat keinen guten Kontakt zu ihrem Vater und besucht ihn nur unwillig an seinem Krankenbett, um einmal ihre pflegende Schwester zu vertreten. Sie ist mehr als irritiert, als ihr Vater sie nicht erkennt und mit seiner ersten Ehefrau Rachel verwechselt. Mit dieser war er nur kurz verheiratet, aber beim Anblick seiner Tochter drückt er große Liebe zu dieser Frau aus. Atara sucht sie nun und findet die alte Frau tatsächlich. In Gesprächen mit Rachel erfährt sie, dass ihr Vater und diese Frau gemeinsam in der Untergrundmiliz bei der Gründung des Staates Israel gekämpft haben und warum das Paar sich damals getrennt hat. 

Mit diesem Roman taucht man tief in die Geschichte des Staates Israel nach 1945 ein. Mich hat besonders die Verbindung von großen Gefühlen und politischen Verwicklungen berührt. 

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde) 

Andreas Wagner: Jahresringe (2020) * 

Leonore Klimkeit erlebte als Kind die Vertreibung aus Ostpreußen und fand in einem kleinen Dorf nahe des Hambacher Forstes ein neues Zuhause. Der große Wald mit seinen hohen Bäumen bedeutet ihr sehr viel, er ist für sie Zuflucht und Trost. Dann beginnt der Abbau der Braunkohle, und sie muss mit ihrem Sohn Paul in ein Neubaugebiet umziehen. Dort baut sie sich wieder eine neue Heimat auf. Über die Jahre greift der Braunkohle-Tagebau immer weiter um sich, und weite Waldgebiete müssen abgeholzt werden. Was als wirtschaftlicher Fortschritt gilt, bereitet der Familie zunehmend Schwierigkeiten und Konflikte. Leonores Enkel Jan arbeitet für den Braunkohle-Konzern, während seine Schwester Sarah sich als Umweltaktivistin und Waldbesetzerin aktiv gegen den Abbau des Hambacher Forstes einsetzt. 

Der Hambacher Forst und der Umgang mit Natur und Heimat ist in unserer Region ein wichtiges Thema. Mit sehr gut herausgearbeiteten Charakteren und einer berührenden Familiengeschichte beschreibt der Autor die Folgen des Braunkohleabbaus für die Menschen. Der Beatles-Song „Get Back“ bekommt in dem Buch eine besondere Bedeutung. 

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Gabriele Remke) 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

 

Leseempfehlungen vom 03. März 2022: Ukrainische Autor*innen

Serhij Zhadan: Internat (2017)

In diesem Roman setzt sich der Autor mit der Situation im Donbass auseinander. Ein Lehrer soll seinen Neffen aus einem Internat am Ende einer Stadt abholen und nach Hause holen. Doch nicht nur das Schulgebäude wird beschossen, auch auf dem weiteren Weg geraten die beiden in Kampfhandlungen und brauchen einen Tag für ihre Rückkehr. Die intensive Sprache zieht die Leser*innen in das Kriegsgeschehen ein und lässt apokalyptische Bilder entstehen. Für die Übersetzung dieses Werkes ins Deutsche haben Sabine Stöhr und Juri Durkot im Jahr 2018 den Preis der Leipziger Buchmesse erhalten.

Serhij Zhadan lebt in Charkiw und ist zuerst als Lyriker bekannt geworden. Er engagiert sich politisch und tritt bei zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen für die Interessen einer freien Ukraine auf. In seinen Büchern setzte er sich mit dem Krieg in der Ostukraine auseinander.

 

Andrej Kurkow: Graue Bienen (2019) *

Aus einem kleinen ostukrainischen Dorf in der sog. „Grauen Zone“, dem Kampfgebiet zwischen prorussischen Separatisten und der ukrainischen Armee, sind fast alle Einwohner*innen geflüchtet. Nur zwei Hobbybienenzüchter harren aus und stehen mit ihren politischen Ansichten für die beiden verfeindeten Lager im Donbass. Im Frühling lädt Sergejitsch, Anhänger der Ukraine, seine Bienenstöcke auf einen Wagen und fährt in Richtung Westen. Er will dort die Bienen in Freiheit und Frieden fliegen lassen. Doch auf seinem Weg erlebt er weiterhin Schikane, Verfolgung und Chaos und wird von Alpträumen verfolgt.

Andrej Kurkow ist in Petersburg geboren und lebt seit seiner Kindheit in Kiew. Er ist Freier Mitarbeiter in Rundfunk und Fernsehen und schreibt Drehbücher und Romane und ist als Kritiker der Politik Putins bekannt.

 

Oksana Sabuschko: Schwestern. Ein Roman in Erzählungen (2020)

Dieses Buch erzählt von sehr unterschiedlichen Frauen und ihrem Leben in der Ukraine.  Dabei sind die jeweiligen Geschichten inhaltlich miteinander verflochten und zeigen eine enge Verbindung zwischen den Protagonist*innen, unabhängig davon, ob sie leibliche Schwestern sind oder nicht. Gleichzeitig beschreibt die Autorin anhand der einzelnen Erzählungen die politischen Verhältnisse und Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten in ihrer Heimat.

Oksana Sabuschko gilt als eine der wichtigsten Schriftstellerin in der Ukraine. Sie lebt in Kiew und ist Vizepräsidentin des ukrainischen PEN-Zentrums.

(PEN = Verband von Poets, Essayists, Novelists)

 

(Alle Empfehlungen von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Dieses Buch kann in der Onleihe Rhein-Erft ausgeliehen werden.

 

 

 Unsere Lesetipps vom 17. Februar 2022 

Kathleen Winter: Sein Name war Annabel (2021) * 

In einer kleinen neufundländischen Küstenstadt wird 1968 ein Kind mit sichtbaren männlichen und weiblichen Geschlechtsteilen geboren. Wie damals üblich, entscheiden Ärzte und Familie sehr früh, welchem Geschlecht es zugeordnet werden soll. Nach einer entsprechenden Operation und mit Hormonen wird Wayne auf seine männliche Identität festgelegt. Jedoch merkt der Junge schon früh, dass er besonders ist, und mit Beginn der Pubertät fühlt er seinen weiblichen Anteil seelisch und körperlich immer stärker. Bei seiner Identitätssuche unterstützt ihn vor allem eine Freundin der Familie. Auch seine Eltern müssen sich nun mit dem Thema auseinandersetzen und finden tatsächlich Wege für eine liebevolle Begleitung ihres Kindes. 

Dieser Roman erzählt auf behutsame und verständnisvolle Weise von den Schwierigkeiten eines intersexuellen Menschen (sog. Hermaphrodit), der sich sowohl als Mann als auch als Frau fühlt. Ein sehr lesenswertes Buch, das viel Verständnis für die Betroffenen weckt. 

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde) 

Maja Göpel: Unsere Welt neu denken. Eine Einladung (2020) * 

Die Autorin, Politökonomin und Expertin für Nachhaltigkeitspolitik beschreibt anhand von verschiedenen grundlegenden wirtschaftlichen Theorien, wie die Menschheit bisher mit natürlichen Ressourcen umgegangen ist und welche Folgen technischer Fortschritt in der Vergangenheit hatte. Dies gelingt ihr sachlich, ohne Vorwürfe und so nachvollziehbar, dass deutlich wird: Damit die Erde für alle Menschen lebenswert bleibt, braucht es Änderungen im Privatbereich und ein Neudenken bei wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen. 

Das Buch fand ich sehr gut. Es bietet keine Lösungen, gibt aber Denkanstöße. Es werden einige Zusammenhänge in verständlicher Weise dargestellt, die Politik und Wirtschaft betreffen. 

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde) 

Peter Hoeg: Der Susan Effekt (2014) 

Die Experimentalphysikerin Susan soll für einen hohen Justizbeamten ein Papier eines wissenschaftlichen Gremiums beschaffen, in dem es um die Gefahren der Zukunft geht. Um ihre Familie zu retten, muss sie auf diesen Deal eingehen. Aber dann kommen nach und nach die beteiligten Mitglieder der Gruppe auf grausame Weise um. Susan will die Wahrheit herausfinden, und dafür sind ihr alle Mittel recht. Hilfreich ist dabei sicher, dass alle, die mit ihr sprechen, absolut aufrichtig werden. 

Das ist ein superspannendes Buch mit einer genial-chaotischen Protagonistin. Allein die Beschreibung der Entstehung und Entwicklung des Gremiums ist lesenswert. Durch ständige Überraschungen und ungeahnte Wendungen erlebt man die Geschichte wie ein Feuerwerk. 

(Empfehlung von Lesefreundin Susanne Steindor) 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

 

Unsere Lesetipps vom 10. Februar 2022

Anne Gesthuysen: Wir sind schließlich wer (2021) *

Anna von Betteray übernimmt die Vertretung des erkrankten Pastors in einer kleinen Gemeinde am Niederrhein, wo auch ihre Familie lebt. Natürlich hat sie mit Vorurteilen der Gemeinde zu kämpfen, für die sie zu jung und zu unkonventionell ist – und dazu auch noch geschieden! Auch die Beziehung zu ihrer Familie gestaltete sich schon immer schwierig. Aber dann gerät das Leben ihrer Schwester aus den Fugen, und die Schwestern kommen sich über die Notsituation näher.

Die Romane der Journalistin und Fernsehmoderatorin Anne Gesthuysen sind locker und flockig geschrieben und allen empfohlen, die zum Feierabend „gerne etwas Leichtes“ lesen.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Juli Zeh: Über Menschen (2021) *

Die Werbetexterin Dora sucht Entspannung und will dem Corona-Lockdown in Berlin entfliehen. So zieht sie in ein kleines Haus in das brandenburgische Örtchen Bracken. Nur ihre Hündin Jochen begleitet sie. Bald entdeckt Dora, dass ihre Vorstellungen von Dorfidylle nicht der Wirklichkeit entsprechen. Sie begegnet Alltagsrassismus und AFD-Wählern, vermisst öffentlichen Nahverkehr und Einkaufsmöglichkeiten. Aber sie erfährt auch unerwartete Hilfsbereitschaft und Toleranz, so dass sie ihre eigenen (Vor-)urteile überdenken muss.

Flott, lebendig und durchaus mit Humor beschreibt die Autorin, wie der Umzug von der Stadt in die Provinz die junge Frau verändern. Juli Zeh ist wie immer lesenswert.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Laura Baldini: Lehrerin einer neuen Zeit (2021) *

Die Autorin erzählt die Geschichte der großen italienischen Pädagogin Maria Montessori, eine starke und beeindruckende Frau, die Ende des 19. Jahrhunderts trotz der damaligen zahlreichen Normen für Frauen ihren eigenen Weg ging. Sie beginnt ein Ingenieur- und Mathematikstudium, bricht es aber ab, um Medizin zu studieren. Erschüttert von den Zuständen in einer psychiatrischen Klinik, beschäftigt sie sich dort intensiv mit Kindern und kann diese mit Spielangeboten und Spielzeug interessieren und fördern. Später studiert Maria noch Pädagogik und revolutioniert dieses Fach. Um weiter unter ihrem Namen arbeiten zu können, verzichtet sie auf eine Ehe und gibt sogar ihren Sohn für 10 Jahre in eine Pflegefamilie.

Dieses Buch verdient von mir fünf Sterne. Es zeigt, auf wieviel Frauen verzichten mussten um ihren Weg zu gehen und wissenschaftlich tätig zu sein. Maria Montessori hat zur Zeit meiner Großmutter gelebt. Diese ebenfalls starke Frau kam mir beim Lesen immer wieder in den Sinn.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Gabriele Remke)

* = Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 03. Februar 2022 

Elke Heidenreich: Hier geht’s lang! Mit Büchern von Frauen durchs Leben (2021) * 

Frauen schreiben anders als Männer? Ganz bestimmt. Und sie durften lange nicht so selbstverständlich Literatur verbreiten wie ihre männlichen Kollegen. Entsprechend öfter gelten Männer als berühmte Autoren. Aber gerade die Sichtweise der Autorinnen ist Elke Heidenreich ihr Leben lang wichtig gewesen. In ihren verschiedenen Lebensphasen fand sie sich in Literatur von Frauen wieder und fand Erkenntnis und Trost in ihr. 

Die Frau, die in Deutschland viel dafür getan hat, dass Menschen sich in Bücher vertiefen, erzählt von den Titeln in ihrem Leben, die für sie wichtig waren. Gleichzeitig erfährt man (eher: frau) viel aus dem Leben von Elke Heidenreich. Mitreißend und auf ihre typisch oft schnoddrige Art macht sie das, was ihrem gesamten Leben einen roten Faden verleiht: Sie stiftet zum Lesen an. Bei vielen Titeln habe ich gedacht: Das MUSS ich auch noch lesen – so soll es sein. 

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei) 

Lucinda Riley: Das Schmetterlingszimmer (2019) * 

Posy Montague lebt in ihrem großen Anwesen „Admiral House“ in Suffolk. Kurz vor ihrem 70. Geburtstag tritt ihre Jugendliebe Freddie unerwartet in ihr Leben. Er hatte sie fünfzig Jahren zuvor ohne Abschied verlassen, und Posy muss nun entscheiden, ob sie dem Mann wieder vertrauen und sich auf ihn einlassen kann. In diesem Prozess werden Geheimnisse aufgedeckt, und die Verbindung zwischen Freddie und dem Haus ist enger als gedacht. Vor allem das Schmetterlingszimmer birgt eine düstere Wahrheit, die erst aufgedeckt werden muss. 

Mich haben die verschiedenen Schicksale in diesem Roman sehr berührt. Es geht um Liebe, Lügen, Verletzungen, Wahrheiten. Wie schwer muss es sein, jemals wieder zu vertrauen? 

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Brigitte Worms) 

Laila Lalami: Die Anderen (2021) * 

Driss, marokkanisch-stämmiger Besitzer eines Diners wird nachts auf einer Landstraße von einem Auto angefahren und bleibt schwerverletzt auf der Straße liegen. Der Wagen stoppt nicht, ein zufälliger Zeuge hält Driss für tot und will nicht in die Sache hineingezogen werden. Das Opfer stirbt, und die Polizei muss zunächst von einem Unfall mit Fahrerflucht ausgehen. Aber seine Tochter Nora glaubt nicht daran und vermutet, dass ihr Vater von einem Bekannten getötet wurde. Sie kommt zurück in ihr Elternhaus und versucht, die Angelegenheit zu klären. Ihr Jugendfreund Jeremy ist inzwischen Polizist und hilft ihr bei der Suche nach Antworten. 

Abwechselnd erzählen die Protagonist*innen von der Aufklärung der Tat, aber daneben auch von ihren familiäre Beziehungen, von Migration und Kriegsfolgen, von Vertrauen und Liebe. Trotz dieser vielen Themen wirkt die Geschichte niemals überladen. 

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde) 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

 

Unsere Lesetipps vom 27. Januar 2022 

Benoite Groult: Salz auf unserer Haut (1988) 

Dieses autobiographisch angelegte Buch erzählt die Geschichte einer jahrzehntelangen Liebe zwischen George, der Akademikerin aus Paris, und dem bretonischen Fischer und Seemann Gauvain. Sie unterscheiden sich in fast allen Lebensbereichen und fühlen sich dennoch immer unwiderstehlich zueinander hingezogen. Einen gemeinsamen Alltag aber gibt es nicht. 

Dieses Buch ist nicht einfach eine Liebesgeschichte. Der Roman stellt die körperliche neben die „nichtkörperliche“ Liebe und zeigt, dass eine nur auf Sinnlichkeit angelegte Beziehung für ein zufriedenes Leben nicht ausreicht. 

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde) 

Sofia Lundberg: Das rote Notizbuch (2015) 

Die sechsundneunzigjährige Doris lebt allein in ihrer Stockholmer Wohnung und fühlt sich oft einsam. Neben den Kontakten zu ihren Alltagshilfen hat sie nur noch eine Verbindung zu ihrer Großnichte in Amerika, mit der sie sogar regelmäßig skypt. Für diese Verwandte möchte sie ihre Lebensgeschichte aufschreiben. So nimmt Doris ihren großen „Schatz“: das rote Adressbuch, das ihr Vater ihr zum 10. Geburtstag geschenkt hat. Anhand all der Einträge in diesem Buch erinnert sich Doris nun noch einmal an ihre bewegte Vergangenheit und von ihrem Aufstieg aus einfachen Verhältnissen in ein mondänes Leben – und an ihre große Liebe. 

Als ich vor Weihnachten anfing dieses Buch zu lesen, klang es mir zuerst nach Altsein, Altwerden und Traurigkeit. Aber ich blieb an den Zeilen kleben, und das war gut so. Es ist total berührend. Es sollte jede und jeder so ein Adressbuch haben. 

(Empfehlung von Lesementorin Elke Müller) 

Ken Follett: Die Säulen der Erde (1989) * 

Im England des 12. Jahrhunderts herrschen Krieg, Hunger und Armut. Dennoch träumt der junge Prior des Klosters in der kleinen Stadt Kingsbridge davon, eine Kathedrale zu bauen. In dem Witwer Tom Builder findet er einen Gleichgesinnten, der seine Pläne umsetzen will. Unterstützt wird er dabei von seiner Lebensgefährtin Ellen und ihrem Sohn Jack. Als nach einer langen Zeit der Unruhe unter dem neuen König Henrich II. eine Friedenszeit beginnt, gelingt nach vielen Verwicklungen die Erfüllung des Wunsches und der Bau einer gewaltigen Kirche. 

Obwohl ich das Buch schon kenne, hat es mich gereizt, es noch einmal zu lesen. Dieser historische Roman erzählt eine Geschichte, in der das Klosterleben eine große Bedeutung hat. Mir gefallen besonders die Erzählweise und die Wortwahl. 

(Empfehlung von Lesementor Kurt Schürmann) 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden. 

 

Unsere Lesetipps vom 20. Januar 2022

Ewald Arenz: Der große Sommer (2021) *

Friedrich blickt zurück auf den großen Sommer, der sein Leben für immer verändert hat. Die Ferien beginnen nicht gut für den damals Siebzehnjährigen, denn er muss für seine Nachprüfungen in Latein und Englisch üben und darf deshalb nicht mit seiner Familie in Urlaub fahren. Stattdessen muss er zu seinen Großeltern, wo ihn zwar die liebevolle Großmutter erwartet, aber ebenso der eher gefürchtete Großvater. Und dann sind da noch seine ältere Schwester Alma, sein bester Freund Johann und seine erste Liebe Beate. Die Erlebnisse und Erfahrungen dieser Sommerwochen sind für Frieder einzigartig und prägend für sein Leben.

Was als Geschichte eines Jugendlichen mit Schulfrust beginnt, entwickelt sich zu einer Erzählung mit viel Tiefgang und überraschenden Wendungen. Ein Buch, das durch seine Warmherzigkeit gerade an kalten Wintertagen guttut.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Elizabeth Strout: Das Leben natürlich (2013) *

Die Geschwister Susan, Jim und Bob sind in der trostlosen Kleinstadt Shirley Falls in Maine aufgewachsen. Die Brüder sind früh nach New York gegangen und arbeiten dort mit unterschiedlichem Erfolg als Anwälte. In ihre Heimatstadt möchten sie beide nicht mehr zurückkehren. Dies tun sie jedoch, als ihre Schwester sie um Hilfe bittet, weil ihr 19-jähriger Sohn in großen Schwierigkeiten steckt. Dann geht es aber nicht mehr nur um das Verhalten eines Jugendlichen gegenüber Flüchtlingen, sondern auch um die familiäre Vergangenheit.

Die Autorin greift das interessante Thema „Familie“ auf und die Dynamik, die aus schwierigen Situationen entstehen kann. Aber auch das Thema „Flüchtlinge“ wird sowohl aus der Sicht der Flüchtlinge als auch aus der Perspektive der Einheimischen gut beschrieben.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Ayelet Gundar-Goshen: Wo der Wolf lauert (2021) *

Lilach und Michael sind vor Jahren aus Israel in die USA gezogen, um nicht in ständiger Gefahr zu sein. Ihr Sohn Adam besucht eine amerikanische Schule, Michael ist erfolgreich in seinem Job, sie besitzen ein Haus mit Pool, alles scheint perfekt. Doch dann stirbt auf einer Party ein Mitschüler von Adam, und Lilach muss erkennen, wie wenig sie wirklich über ihren Sohn weiß.

Eine spannende Geschichte über Beziehungen in Familien und Freundeskreis, über kulturelle Unterschiede, über Rassismus und Antisemitismus. Die Gefühle der Mutter gegenüber ihrem Sohn, den sie stets behüten wollte und der sich ihr entzieht, werden sehr emotional geschildert. Die Spannung bleibt auch über die letzte Seite hinaus bestehe. Sehr empfohlen!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 13. Januar 2022

Kazuo Ishiguro: Klara und die Sonne (2021) *

Klara ist eine KF, eine künstliche Freundin, die dazu ausgebildet wurde, Jugendliche durch eine schwere Zeit zu begleiten. Sie wird von der 15-jährigen Josie ausgewählt, die auf dem Land lebt und deren Krankheit sich im Laufe der Zeit verschlimmert. Das Leben an Josies Seite wird aus Klaras Sicht beschrieben, die sich einfühlsam in die Menschen um sie herum hineinversetzen kann. Durch die Brille der KF wird das Leben der Menschen, ihre Bedürfnisse, ihre sozialen Kontakte und der Umgang miteinander von außen durchleuchtet. Und manchmal bekommt man den Eindruck, dass die „Künstlichen Freunde“ die besseren Menschen sind.

Ein Roman aus der nahen Zukunft, hervorragend geschrieben, der die wichtigen Themen wie Menschlichkeit und Künstliche Intelligenz anspricht und dessen Bild der Gesellschaft man nicht erhofft….

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Anne Michaels: Fluchtstücke (1996)

Der siebenjährige Jakob Beer erlebt während des Zweiten Weltkrieges mit, wie seine Eltern getötet werden und seine Schwester verschleppt wird. Als einziger Überlebender dieser jüdischen Familie versteckt er sich in den polnischen Wäldern. Er wird in einer Ausgrabungsstätte von einem griechischen Archäologen gefunden und nach Griechenland geschmuggelt. Später ziehen sie nach Kanada. Dort versucht Jakob als Autor durch Schreiben seine Vergangenheit zu bewältigen. Erst spät im Leben findet er durch seine Liebe zu einer Frau zu sich selbst.

Dies ist ein Schicksal, das mich sehr berührt hat. Die Autorin erzählt die Geschichte Jakobs Beer sehr eindringlich und in poetischer Sprache.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Hildegard Wilkes)

 

Deborah Feldmann: Unorthodox (2019) *

Die Autorin ist im New Yorker Stadtteil Williamsburg in einer Glaubensgemeinschaft ultraorthodoxer Juden aufgewachsen. In ihrem autobiographischen Roman erzählt sie von dem Leben unter äußerst strengen Glaubensgesetzen und Lebensregeln, von Armut in dieser chassidischen Gemeinde, von der Unterdrückung der Frauen und ihrer Zwangsehe und von der Angst vor Strafen bei der geringsten Übertretung einer Vorschrift. Dennoch findet sie als junge Mutter genügend Mut und Kraft, um mit ihrem Sohn die Gemeinde zu verlassen.

Die Autorin beschreibt eindrucksvoll, wie religiöse Vorschriften das Leben von Menschen und insbesondere von Frauen einengen können. Ein selbstbestimmtes Leben wird nur außerhalb der orthodoxen Gemeinde mit großer Willenskraft möglich. Ihre Geschichte ist bereits verfilmt worden und als Serie „Unorthodox“ ebenfalls sehenswert.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Bärbel Engelbach-Schmitz)

  

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Unsere Lesetipps vom 04. November 2021

 

Erich Kästner steht im Mittelpunkt unserer Lese-Café-Reihe in diesem November. Dies ist ein Grund, seine Bücher in die Lesetipp-Reihe aufzunehmen. Es lohnt sich, diesen Autor (wieder) zu entdecken.

 Kinderbücher, die auch für Erwachsene interessant sind:

 Emil und die Detektive (1929)

  • Auch als Comic von Isabel Kreitz
  • Pünktchen und Anton (1931)
  • Auch als Comic von Isabel Kreitz
  • Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee (1931)
  • Auch als Comic von Isabel Kreitz
  • Das fliegende Klassenzimmer (1933)
  • Emil und die drei Zwillinge (1935)
  • Das doppelte Lottchen (1949)
  • Auch als Comic von Isabel Kreitz
  • Die Konferenz der Tiere (1949)
  • Als ich ein kleiner Junge war (1957)
  • Der kleine Mann, Band 1 und 2 (1963)
  • Das verhexte Telefon (2018)

Gedichtbände:

 Herz auf Taille (1928)

  • Lärm im Spiegel (1929)
  • Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke (1936)
  • Kurz und bündig (Epigramme von 1948)
  • Bei Durchsicht meiner Bücher (2017)

Romane und Erzählungen:

  • Der Gang vor die Hunde. Geschichte eines Moralisten (1931); bekannt auch als Fabian
  • Drei Männer im Schnee (1934)
  • Die verschwundene Miniatur (1935)
  • Notabene 45
  • Das Erich Kästner Lesebuch (1989)
  • Das Beste von Erich Kästner (2014)
  • Zwischen Hier und Dort – Reisen mit Erich Kästner
  • Der Herr aus Glas
  • Das Blaue Buch (2018)

Lesenswert sind auch seine Fassungen von

  • Baron Münchhausen
  • Don Quichotte
  • Die Schildbürger
  • Till Eulenspiegel
  • Gullivers Reisen

Ergänzende Lektüre:

  • Klaus Kordon: Die Zeit ist kaputt – Die Lebensgeschichte des Erich Kästner (1998)

Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis

  • Erich Kästner: Über das Verbrennen von Büchern (2018)
  • Wittstock, Uwe: Februar 33 Der Winter der Literatur (2021)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 28. Oktober 2021

Victoria Mas: Die Tanzenden (2020) *

Am Ende des 19. Jahrhunderts werden in der Pariser Nervenheilanstalt La Salpetrière nicht nur Menschen mit gravierenden psychischen Problemen eingesperrt, sondern auch Frauen untergebracht, die sich den Normen der Gesellschaft oder einer Familie nicht anpassen wollen. Dort sind sie als „Hysterikerinnen“ einer rücksichtslosen und erniedrigenden Behandlung durch die Ärzte ausgeliefert. Einmal jährlich werden sie der Öffentlichkeit mit einem Tanzball regelrecht vorgeführt. Diesmal wollen die Patientinnen Louise und Eugénie das Ereignis zur Flucht und in ein Leben nach ihren Vorstellungen nutzen.

Der Roman beruht auf den wahren Zuständen in der Klinik, und auch den jährlichen Ball gab es wirklich. Es ist erschütternd, wie erniedrigend vor allem die Frauen behandelt wurden. Beim Lesen habe ich besonders Eugénie mit Spannung auf ihrer Suche nach Freiheit begleitet.

(Empfehlung von Lesefreundin Marietta Kemper)

 

Britt Bennett: Die verschwindende Hälfte (2020)

Die Zwillinge Stella und Desiree werden in den 1950 Jahren in der (fiktiven) Kleinstadt Mallard im Süden der USA geboren und gelten dort ihrer hellen Haut als Schwarze. Mit 16 Jahren verlassen sie ihren Heimatort und gehen nach New Orleans. Dort trennen sich ihre Wege radikal. Stella merkt sie, dass sie ein Leben als Weiße führen kann und richtet ihre ganze Lebensplanung darauf aus. Desiree entscheidet sich bewusst für ein Leben als Schwarze. Die Schwestern verlieren den Kontakt zueinander und denken doch immer an aneinander. Jahre später lernen sich ihre beiden Töchter kennen. Ihnen gelingt eine Versöhnung mit den Lebenslügen ihrer Mütter und eine tiefe Freundschaft bei aller Unterschiedlichkeit.

Eingebettet in Frauenschicksale erzählt die Autorin warmherzig und aufklärend davon, wie die Hautfarbe die eigene Identität und den Lebenslauf bestimmt. In Amerika ist das Buch wichtige Lektüre in der Black-Live-Matters-Bewegung.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Mithu Sanyal: Identitti (2021) *

Für die Studentin Nivedita bricht eine Welt zusammen. Die von ihr bewunderte und als Idol vergötterte indische Professorin Saraswati („Beyoncé braucht ja auch keinen Nachnamen…oder die Queen“) stammt nicht aus Indien, sondern aus Deutschland und ist …weiß! Ein Skandal, der einen Shitstorm in den sozialen Medien auslöst. Die Universität Düsseldorf, an der Saraswati Intercultural Studies lehrt, fordert ihre Entlassung. Was bedeutet die eigene Identität? Wann ist jemand eine „Person of Colour“? Ein Roman, der aktuelle Fragen aufwirft.

Identitti bekam gute Rezensionen. Der Roman wird als „schräg“ bezeichnet, und das trifft zu. Ich fand ihn sehr politisch, sehr passend zu den heutigen Diskussionen um den Umgang mit Identität – aber oft auch anstrengend. Jüngere gehen sicherlich viel lockerer mit englischsprachigen Einwürfen und der typischen Sprache der sozialen Medien um als ich. Insgesamt: ein schwieriges Thema witzig präsentiert.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Unsere Lesetipps vom 21. Oktober 2021

 

Paul Evans: So weit die Hoffnung trägt (2014)

Der ehemalige Werbemanager Alan Christoffersen hat in kurzer Zeit alles verloren: erst starb seine Frau an den Folgen eines Reitunfalls, dann betrog ihn sein Geschäftspartner um seine Firmenanteile, sein Haus wurde zwangsversteigert, und das Auto nahm die Leasingfirma zurück. In dieser scheinbar ausweglosen Situation beschließt Alan, durch die USA zu wandern. In Tagebuchform erzählt er von seinem Weg und vor allem von den Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen. Sie sind es, die ihm wieder Lebensmut und Hoffnung geben.

Dieses Buch ist besonders ein Lesetipp für ein herbstliches Wochenende mit einer Botschaft, die es ich sich hat.

(Empfehlung von Lesementorin Hildegard Dell´Anna)

Leila Slimani: Das Land der Anderen (2021) *

 Von 1912 – 1956 war das Staatsgebiet des heutigen Marokko französisches Protektoriat, und viele Marokkaner mussten im Zweiten Weltkrieg mit den Franzosen gegen die Deutschen kämpfen. Auch Amine Belhaj ist Offizier der französischen Armee und lernt Mathilde kennen. Sie heiraten noch im Elsass, gehen dann aber zurück in seine Heimat Meknès. Dort muss sich die selbstbewusste junge Frau an eine neue Lebenswelt gewöhnen. Sie bemüht sich um Selbstbestimmung sowie eine europäisch orientierte Erziehung ihrer Kinder in einer muslimisch geprägten Gesellschaft, in der Frauen kaum in Erscheinung treten. Auch ihr Mann lebt im Zwiespalt zwischen den unterschiedlichen Ansprüchen seiner Frau und seiner Umwelt.

Leila Slimani erzählt eindringlich und doch leicht von den Schwierigkeiten eines Familienlebens mit unterschiedlicher kultureller Herkunft und in historisch schwierigen Zeiten.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Florian Schwieker und Michael Tsokos: Die 7. Zeugin (2021) *

Rechtsanwalt Rocco Eberhardt kann sich die Tat seines bisher unauffälligen und unbescholtenen Mandanten Nikolas Nölting nicht erklären. Dieser schweigt beharrlich und gibt keine Hinweise dazu, warum er an einem scheinbar völlig normalen Morgen plötzlich in einer Bäckerei um sich schießt, dabei einen Menschen tötet und zwei schwer verletzt. Erst der überraschende Hinweis des Rechtsmediziners Dr. Justus Jarmer weist dem Anwalt eine Spur. Diese führt in die Berliner Unterwelt mit Geldwäsche, Korruption und Clan-Kriminalität.

In kurzen Abschnitten wird der Ablauf eines Verbrechens und dessen Aufarbeitung tagebuchartig erzählt. Manchmal kam es mir so vor, als sähe ich einen Film. Die besondere Schreibweise hat mich gefangen genommen, ist sie doch so anders als ein Kriminalroman.

(Empfehlung von Lesementorin Christel Weyer)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 14. Oktober 2021

 

Katharina Fuchs: Lebenssekunden (2021)*

Angelika wächst in Kassel auf und möchte Fotografin werden. Als sie mit 15 Jahren die Schule verlassen muss, scheint dies erst einmal nicht mehr möglich. Aber dann erhält sie doch noch einen Ausbildungsplatz und kann ihren Traum verwirklichen.
Zur gleichen Zeit muss in Ostberlin die Turnerin Charlotte äußerst hart trainieren, damit sie ihr Land bei den Olympischen Spielen in Melbourne vertreten kann. Im Jahr 1961 treffen sich die beiden Frauen beim Bau der Berliner Mauer, und ihre Schicksale verknüpfen sich.

Die Geschichte der Fotografin aus Westdeutschland und der Leistungsturnerin aus Ostdeutschland hat mich so gefesselt, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte.

(Empfehlung von Lesefreundin Birgit Merschky)

 

Connie Palmen: Logbuch eines unbarmherzigen Jahres (2013)

Nach elf Jahren und elf Tagen Zusammenseins heiraten die niederländische Schriftstellerin Connie Palmen und der Politiker Hans von Mierlo am 11. November 2009. Nur wenige Monate später, im März 2010, stirbt ihr Ehemann. Zuerst verliert sich die Autorin in ihrer Trauer, dann beginnt sie wieder zu schreiben und notiert ihre Verzweiflung, Ängste und Hilflosigkeit. Dabei offenbart sie auch ihr Alkoholproblem und ihre Zigarettensucht. Mit ihrem schriftlichen Klagen über den Verlust ihrer großen Liebe beginnt aber auch die Trauerverarbeitung.

Dies ist kein unterhaltsames Buch, zeigt aber in seiner Offenheit und Schonungslosigkeit einen Weg auf, wie man mit Trauer umgehen und sie verarbeiten kann.

(Empfehlung von Lesementorin Ute Grieger-Jäger)

 

Ashley Audrain: Der Verdacht (2021)*

Blythe wäre auch ohne Kinder zufrieden gewesen, aber ihr Mann wünschte sich ein glückliches Familienleben. Nun haben sie eine Tochter, doch von Anfang an erlebt die junge Mutter, dass Violet sie ablehnt. Auch sie kann keine Liebe für das Mädchen empfinden. Im Laufe der Zeit entdeckt Blythe Hinweise auf die Bösartigkeit des Kindes, aber niemand teilt ihre Beobachtung. Bildet sie sich das dann nur ein und es liegt vielmehr daran, dass sie als Mutter nicht gut genug ist? Diese Sorge beherrscht ihr Leben, zumal sie denkt, dass Violet aktiv am scheinbar unvermeidlichen Unfalltod ihres jüngeren Bruders beteiligt war. Nach dem Scheitern ihrer Ehe setzt Blythe alles daran, ihre Gefühle und dieses Geschehen zu klären.

Hat das eigene Erleben als Kind unausweichlich negative Folgen für das Verhalten als Elternteil oder gibt es Bösartigkeit von Geburt an? Die Autorin hält die Spannung dieser Frage vom ersten bis zum letzten Satz unvermindert hoch – ein Buch mit Sogwirkung.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 07. Oktober 2021

Annette von Droste-Hülshoff: Die Judenbuche (1842) *

In einem Westfalendorf wächst Friedrich Mergel in schwierigen Verhältnissen auf. Sein trunksüchtiger Vater stirbt früh, und die Mutter muss nun allein für das Kind und sich sorgen. Als später ihr Bruder plötzlich auftaucht, bietet dieser seinem Neffen zuerst eine Anstellung in seinem Geschäft und später sein Erbe an. Unter dem Einfluss des jähzornigen Onkels entwickelt sich Friedrich zu einem skrupellosen Menschen. So halten ihn die Leute für schuldig, als ein Jude im Ort ermordet wird. Friedrich flieht, wird Soldat und kommt Jahrzehnte später verletzt an Körper und Seele zurück. Sein Leben endet an der „Judenbuche“, dem Baum, den die Gemeinde des Getöteten nach dem Mord ihres Mitgliedes gepflanzt hat.

Wie so viele andere kenne ich die Novelle aus der Schule. Als ich sie jetzt erneut las, wurde mir erst richtig klar, dass es sich um einen Krimi handelte. Ein „Wiederlesen“ lohnt sich.

(Empfehlung von Lesementorin Christel Weyer)

 

Miriam Georg: Elbleuchten (Bd. 1) und Elbstürme (Bd. 2) (2021) *

Im Mittelpunkt dieser Familiensaga steht Lily Karsten, deren Leben als Tochter einer wohlhabenden Hamburger Reederfamilie vorprogrammiert scheint. Der Roman beginnt im Jahr 1886, als Lily im Zusammenhang mit einer Schiffstaufe den Arbeiter Johannes Bolten kennenlernt. Die beiden verlieben sich und beginnen eine leidenschaftliche Affäre. Lily wird schwanger und muss nach Liverpool ziehen. Erst Jahre später kehrt sie als verheiratete Frau und mit Johannes Tochter zurück nach Hamburg. Ob ihre Liebe nun eine Chance hat?

Mich interessiert es sehr, wie Menschen früher gelebt und sich entwickelt haben. Am Beispiel von Lily wird deutlich, wie schwer es Frauen noch vor wenigen Jahrzehnten gemacht wurde, ihr Leben nach eigenen Wünschen zu gestalten.

(Empfehlung von Lesefreundin Marietta Kemper)

 

Tom Saller: Julius oder die Schönheit des Spiels (2021) *

In Wimbledon findet 1937 das Daviscup-Match zwischen Deutschland und den USA statt. Einer der Spieler ist der junge Adlige Julius von Berg, äußerst talentiert und für sein faires Spiel bekannt. Durch seine großen Erfolge ist die Regierung auf ihn aufmerksam geworden und lässt auch sein Privatleben beobachten. So kommt heraus, dass der verheiratete Julius im Berliner Nachtleben intime Kontakte zu Männern hat, was die Nationalsozialisten nicht tolerieren. Nun muss der Spieler schwierige persönliche und moralische Entscheidungen treffen.

Der deutsche Tennisspieler Gottfried von Cramm und sein Leben ist Ideengeber für diesen Roman, in dem es nicht nur um Tennis, sondern auch um moralische Werte in politisch schwierigen Zeiten geht.

(Empfehlung von Lesefreundin Birgit Merschky)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden .

 

 

Unsere Lesetipps vom 30. September 2021

Emma Stonex: Die Leuchtturmwärter (2021) *

Als die drei Wärter eines Leuchtturmes vor der Küste Cornwalls nach Wochen von ihrer Schicht abgelöst werden sollen, sind sie spurlos verschwunden. Aber wie konnte dann die Tür von innen abgeschlossen sein, und warum war der Tisch gedeckt und sind alle Uhren zur gleichen Zeit stehengeblieben? Auch Jahrzehnte später gibt es keine offizielle Erklärung für die Hinterbliebenen. Im Laufe der Erzählung deckt die Autorin jedoch Geheimnisse der Männer und ihrer Familien auf und zeigt deren schicksalhafte Verknüpfung bis zum letzten Augenblick.

Dies Buch ist eine sehr gelungene Mischung aus Kriminal- und Familiengeschichte, spannend vom Beginn bis zum alles erklärenden Schluss. Dem habe ich beim Lesen entgegengefiebert.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Sarah Höflich: Heimatsterben (2021)

Die Journalistin Hanna lebt bereits seit vielen Jahren in den USA, als ihre Großmutter Tilda im Sterben liegt und zu sich nach Deutschland ruft. Sie bittet ihre Lieblingsenkelin, die weitläufige Familie Ahrens weiterhin zusammenzuhalten. Das erweist sich als schwierig, da die Weltanschauungen ihrer Mitglieder sehr weit auseinanderliegen. Dennoch ist die liberale Hanna anfangs vom Engagement ihres charismatischen Schwagers Fritz und den Ideen seiner nationalen Partei angezogen, erkennt aber bald deren große Gefährlichkeit.

Die Autorin erzählt die Geschichte einer Familie vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis in die nahe Zukunft im Jahr 2023. Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt.

(Empfehlung von Lesefreundin Birgit Merschky)

 

Alfred Bodenheimer: Kains Opfer (2016)

Gabriel Klein ist der recht eigenwillige Rabbi der größten jüdischen Gemeinde in Zürich. Eines Tages bittet ihn Kommissarin Bätzinger von der Stadtpolizei um Hilfe. In einem Todesfall gilt es Mails aus dem Hebräischen zu übersetzen, und Rabbi Klein nimmt die Aufgabe gerne an. Dabei erinnert ihn der Fall an den Brudermord Kains, und er entdeckt Hinweise auf ein Verbrechen. Bald beginnt Klein auch auf eigene Faust zu ermitteln. Seine tiefen Kenntnisse über das Judentum und seine Kontakte innerhalb der Gemeinde helfen ihm dabei sehr.

Der Autor ist Professor für jüdische Literatur und Religionsgeschichte in Basel. Sein Held Rabbi Klein kann es nicht lassen, Morde aufzudecken. So gibt es noch weitere interessante und kurzweilige Kriminalromane mit diesem Protagonisten.

(Empfehlung von Lesementorin Ute Grieger-Jäger)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden

 

 

Unsere Lesetipps vom 23. September 2021

 

Daniel Speck: Jaffa Road (2021) *

Nina reist von Berlin in die sizilianische Stadt Palermo, um das Erbe ihres Großvaters Moritz anzutreten. Sie lernt dort den Palästinenser Elias kennen, der behauptet, ein Sohn ihres verschollenen Opas zu sein. Nach und nach erfährt Nina mehr über das Leben von Moritz, das eng verknüpft ist mit der Gründung des Staates Israel nach dem Zweiten Weltkrieg. Begleitet wird Nina bei den Recherchen von ihrer jüdischen Tante Joelle, die in der israelischen Hafenstadt Haifa als Mädchen eine zweite Heimat gefunden hat.

Diese Familiengeschichte über mehrere Jahrzehnte hat mich begeistert. Gekonnt verknüpft der Autor das Leben seiner Figuren miteinander. Fast nebenbei erfährt man viel über die Gründung des Staates Israel und seine Entwicklung.

(Empfehlung von Lesefreundin Marietta Kemper)

 

Joanna Nadin: Meine Mutter, unser wildes Leben und alles dazwischen (2020) *

Die sechsjährige Dido zieht aus London aufs Land in ein kleines Haus, das ihre Mutter geerbt hat. Diese lebt dort ihr selbstbestimmtes Leben mit einem bunten Freundeskreis, wechselnden Partnern, unzähligen Zigaretten und zu viel Alkohol. Dido trägt deshalb schon früh viel Verantwortung und wäre lieber Teil der Familie im Nachbarhaus. Bald verbindet sie mit den beiden Kindern von dort eine enge Freundschaft, und Tom wird später sogar ihre große Liebe. Aber alle Protagonist*innen taumeln mehr oder weniger durchs Leben.

Was ein Roman voller Schwermut oder Kitsch sein könnte, ist jedoch eine lebendige und witzige Erzählung über die Höhen und Tiefen des Lebens. Dido erzählt von der schwierigen Suche nach Lebensglück und zeigt dabei Verständnis für alle Menschen, die ihr nahestehen.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Connie Palmen: Die Freundschaft (1995)

Kit und Ara könnten kaum gegensätzlicher sein, und dennoch verbindet die Frauen von Kindheit an eine enge Freundschaft. Nun erzählt die lebendige und wortliebende Kit über ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede, über die Anziehung zwischen ihnen und die Schwierigkeiten im Umgang miteinander. Dabei setzt sie sich auch intensiv mit ihren eigenen Erwartungen an das Leben und die Liebe auseinander und erforscht sich selber genau.

Für mich ist dies ein Roman mit vielen Denkanregungen für den Blick auf mich selber und die Beziehungen zu Menschen, die mir wichtig sind.

(Empfehlung von Lesementorin Ute-Grieger-Jäger)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden

 

 

Unsere Lesetipps vom 16. September 2021

Benedict Wells: Hard Land (2021) *

Sam wird 16. Alles andere als ein einfaches Alter, zumal Sam ein Eigenbrödler und seine Mutter an Krebs erkrankt ist. Seine schüchterne Art und seine Angststörung machen es ihm schwer, Freunde zu finden. Doch in diesem Sommer ändert sich alles: Bei einem Job im Kino trifft er auf eine Dreier-Clique, verliebt sich und zum ersten Mal ist das Leben so, wie er es sich schon immer gewünscht hat – mit Rumhängen, Partys und Freundschaften. Leider geht es seiner Mutter immer schlechter…

Benedict Wells hat einen wunderbaren Coming-of-Age-Roman geschrieben. Bei seinem Sam liegen Wut, Trauer, Liebe und Freundschaft nah beieinander, und die 80-ger Jahre passen gut ins Gefüge. Dieser Roman fängt genial an und hat tolle Sätze. Ich habe viel aus meiner eigenen Jugend wiedererkannt, nur besser formuliert.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Irvin D. Yalom: Und Nietzsche weinte (1992)

Der Philosoph Friedrich Nietzsche leidet unter heftigen Migräneanfällen, die bisher kein Arzt lindern oder heilen konnte. Zudem plagt ihn die Liebe zur selbstbewussten Lou Andreas- Salomé, die seine Gefühle aber nicht im gleichen Maße erwidert. Dennoch will sie dem selbstmordgefährdeten Freund helfen und bittet den Arzt Josef Breuer um Unterstützung. Dieser ist neben Sigmund Freud Mitbegründer der Psychoanalyse und weist Nietzsche zur Behandlung in eine Klinik ein. Dort nimmt die Therapie jedoch einen überraschenden Verlauf.

Ich fand die Idee faszinierend, wie hier zwei hochintelligente Menschen (Arzt und Philosoph) in Therapiesitzungen „umeinander herumtänzeln“, um dem jeweils anderen zu helfen ein glücklicheres Leben zu führen. Wer therapiert hier wen?

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Astrid Lindgren: Die Menschheit hat den Verstand verloren (2015) *

Astrid Lindgren hat bereits lange Zeit, bevor sie in Deutschland als Kinderbuchautorin berühmt wurde, regelmäßig für sich geschrieben. So hat sie in den Jahren 1939 – 1945 ein „Kriegstagebuch“ geführt, in dem sie neben der Darstellung der Kriegshandlungen ihren persönlichen Alltag und das Leben der Menschen in Skandinavien während des zweiten Weltkrieges beschreibt. Dabei setzt sie sich kritisch mit dem Verhalten einzelner Menschen, der Politiker und der am Krieg beteiligten Staaten auseinander, verliert aber nie den Blick für die Mühen und Freuden des Familienalltags in diesen Jahren.

Bereits in diesem Tagebuch wird für mich die Gabe der Autorin deutlich, tiefe Gedanken in einfachen Sätzen auszudrücken und selbst in schwierigen Lebenslagen mit Hoffnung und Mut in die Zukunft zu schauen. Dazu passt, dass sie im Winter 1944 „Pippi Langstrumpf“ schreibt.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

* = Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Unsere Lesetipps vom 26. August 2021

Marlen Haushofer: Die Wand (1963)

Was passiert, wenn man alleine in einem kleinen Haus in den Bergen ist und eines Morgens feststellt, dass eine unsichtbare unüberwindliche Wand jeglichen Kontakt mit anderen Menschen und dem Rest der Welt unmöglich macht? Genau das erlebt die Ich-Erzählerin des Buches und beschreibt, wie sie sich in diese Situation einfindet und wie sich ihr gesamtes Leben und ihre Empfindungen und Einstellungen ändern.

Auch Jahrzehnte nach seiner Ersterscheinung ist das Buch aktuell und erst 2020 in einer Neuausgabe erschienen. Auch die Verfilmung mit Martina Gedeck von 2011 ist sehenswert. Die vielfältigen Ebenen des Textes regen zu einer Auseinandersetzung und zum Gedankenaustausch an.

Gelegenheit dazu gibt es im Rahmen eines Lese-Cafés am Mittwoch, 22. September 2021 von 10 – 12 Uhr in der Stadtbücherei Hürth. Näheres dazu können Sie der Einladung im Anhang entnehmen.

Jackie Thomae: Brüder (2021) *

Zwei Männer, die zwar denselben Vater haben, aber in ganz unterschiedlichen Situationen aufwachsen und auch als Männer kaum verschiedener sein könnten – davon erzählt die Autorin in diesem Roman. Als Leser*in begleitet man den leichtlebigen Mick durch das Berliner Nachtleben und den erfolgreichen Architekten Gabriel in London.

Das Buch ist in Köln als „Buch der Stadt“ 2021 ausgewählt worden und wird dort in zahlreichen Veranstaltungen vorgestellt.

Wir freuen uns, dass wir Ihnen auch in Hürth einen Abend zum Buch anbieten können. Am Montag, 04. Oktober 2021 werden die „Lesefreunde“ in Kooperation mit dem Heimat- und Kulturverein ab 19.00 Uhr im Löhrerhof einen besonderen und sicher unterhaltsamen Blick auf die „Brüder“ werfen.

Bitte merken Sie sich diesen Tag bereits vor. Eine gesonderte Einladung erhalten Sie noch einmal Mitte September. Selbstverständlich können Sie auch bereits jetzt Ihre Teilnahme bei mir anmelden unter ulla.buse@lesefreunde-huerth.de .

 

 

Unsere Lesetipps vom 19. August 2021

 

Emilia Flynn: Morgan ́s Hall (Die Morgan-Saga)

Diese mehrbändige Familiengeschichte über mehrere Jahrzehnte beginnt 1938 in Wien. Der Amerikaner John Morgan und sein Freund Dickie verlieben sich in die Halbjüdin Isabelle. Als die Nationalsozialisten Österreich besetzen, verhelfen sie ihr zur Flucht. Isabelle liebt Dickie, heiratet aber John und führt mit ihm seine Apfelbaumplantage „Morgan ́s Hall.“ Die Arbeit auf und mit der Plantage fordert das Paar sehr, und ihre Ehe bleibt immer schwierig. Jahrzehnte später muss auch ihre Tochter Elizabeth um ihr Liebesglück ringen.

Diese Familiensaga ist sehr spannend und dramatisch erzählt. Es gibt so viele überraschende Wendungen im Handlungsverlauf, dass nach jedem Band die Neugier auf Fortsetzung bleibt.

(Leseempfehlung von Lese-Café-Besucherin Ruth Baumeister)

Pascal Mercier: Das Gewicht der Worte (2020) *

Der Übersetzer Simon Leyland war von klein auf fasziniert von Wörtern und hat sich das Ziel gesetzt, alle Sprachen zu beherrschen, die Menschen in den Ländern rund um das Mittelmeer sprechen. Als seine Frau einen Buchverlag in Triest erbt, zieht er mit ihr in diese Stadt. Dort erhält er die Diagnose eines tödlichen Hirntumors, die sich aber bald als falsch herausstellt. Daraufhin überdenkt Leyland sein Leben noch einmal sehr intensiv und orientiert sich neu.

Die wunderbare Sprache des Autors und seine philosophischen Gedanken habe ich mit nie nachlassendem Interesse gelesen. Dieses Buch hat mich wirklich begeistert.

(Leseempfehlung von Lese-Café-Besucherin Conny Werner)

Amity Gaige: Unter uns das Meer (2020) *

Juliet verbringt viele Stunden in einem Kleiderschrank und fühlt sich nur dort in der Dunkelheit sicher. Ihre Mutter ist gekommen und kümmert sich um die beiden kleinen Kinder. Nur langsam überwindet Juliet ihre Depression und nimmt wieder am Leben teil. Dabei setzt sie sich mit ihrer Kindheit auseinander und erinnert sich an die fast einjährige Segeltour durch die Karibik mit ihrer Familie, die tragisch endete. Das Logbuch ihres Mannes Michael hilft ihr bei der Aufarbeitung, und sie ergänzt und vergleicht seine Einträge mit ihren Erinnerungen.

Erst nach und nach erfahren die Leser*innen, was wirklich auf der monatelangen Seereise geschehen ist und warum die Protagonistin und ihre Tochter psychologische Hilfe brauchen. Das ist sehr einfühlsam und spannend erzählt und auch ohne Segelkenntnisse gut verständlich.

(Leseempfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 05. August 2021

Anna Katharina Hahn: Aus und davon (2020) *

Dies ist ein Familienroman angesiedelt in der heutigen Zeit mit den heutigen Problemen: Cornelia hat sich von ihrem Mann getrennt und versucht, sich und ihre beiden Kinder über Wasser zu halten, was ihr zunehmend schwerfällt. Sie nimmt sich eine Auszeit und sucht in den USA die Spuren ihrer Großmutter, die in jungen Jahren dorthin ausgewandert war, um der Armut zu entkommen. Cornelias Kinder Stella, sehr pubertär und sehr hübsch sowie Bruno, der viel zu gerne isst und keine Bewegung mag, sind bei Cornelias Mutter Elisabeth untergebracht. Diese hat selbst Probleme und ist der Verantwortung kaum mehr gewachsen.

Ein Roman über Generationen, über Beziehungen und fehlende Kommunikation zwischen allen – passend zur heutigen Zeit und gut beschrieben. Die einzelnen Kapitel sind aus der Sicht der drei Protagonistinnen geschrieben, alleine die Geschichte der Großmutter fand ich zu konstruiert. Insgesamt flüssig zu lesen und nah an der Wirklichkeit.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Goldie Goldbloom: Eine ganze Welt (2021)

Die 57-jährige Surie Eckstein ist in der Vorfreude auf ihr erstes Urenkelkind und lebt ein zufriedenes Leben als weibliches Oberhaupt einer jüdischen Großfamilie in Brooklyn, als sie erfährt, dass sie noch einmal schwanger ist und sogar Zwillinge erwartet. Diese Tatsache erfüllt sie mit großer Scham und Sorge. Was sollen die Mitglieder ihrer chassidischen Gemeinde von ihr denken und kann sie sich überhaupt einem anderen Menschen anvertrauen? Surie beginnt, die starren Regeln zu überdenken, von denen ihr bisheriges Leben bestimmt war.

Ich fand es interessant, Einblicke in eine für mich völlig fremde Welt (Chassiden) zu erhalten. Es ist aber für mich immer wieder erschreckend, wie stark manche Religionen in das Leben der Menschen eingreifen. 

(Leseempfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Sofía Segovia: Das Flüstern der Bienen (2021) *

Die alte Amme der Gutsbesitzerfamilie Morales findet eines Tages einen ausgesetzten neugeborenen Jungen, eingewickelt in ein Tuch und beschützt von einem Bienenschwarm. Der Kleine hat eine große Kiefer-Gaumenspalte und wird deshalb nie deutlich sprechen. Auch wenn es Menschen auf dem Gut gibt, die darin das Werk des Teufels sehen, wird Simonopio von der Familie wie ein eigenes Kind aufgezogen und geliebt. Seine Eltern und Geschwister lernen seine Laute und Gesten verstehen und ihm stets zu vertrauen. Er begleitet die Familie mit seinen Vorahnungen, seiner Liebe zur Natur und seinem Bienenschwarm durch kriegerische und wirtschaftlich schwierige Zeiten und rettet sie vor der Spanischen Grippe.

Die Autorin erzählt eine Geschichte voller Magie auf dem realistischen Hintergrund des Lebens auf einem Landgut in Mexiko zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Einfach ein Buch zum Genießen!

(Leseempfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 10. Juni 2021

Alexa Hennig von Lange: Die Wahnsinnige (2020) *

Als Tochter der Katholischen Könige Isabella und Ferdinand, wächst Johanna zwar in Reichtum am spanischen Hof auf, leidet aber unter der strengen und kalten Erziehung ihrer Eltern. Diese nutzen ihre Kinder für eigene politischen Interessen, und so wird Johanna schon früh an Philip, König von Burgund verheiratet. Zwischen den beiden entwickelt sich eine heftige Liebesbeziehung, die für die junge Frau aber sehr unglücklich endet. Ihr Mann, genannt der Schöne, betrügt und hintergeht sie im Bett und in der Politik bis zu seinem frühen Tod. Auch danach kann Johanna nicht so leben, wie sie sich das wünscht, weil nun ihr Vater und später ihr Sohn ihr Leben bestimmen.

Selbst wer die Geschichte von Johanna der Wahnsinnigen und Philip dem Schönen kennt, wird in diesem Buch viele neue Aspekte finden. Die Autorin beschreibt eindrucksvoll, wie bedrückend das Leben für die junge Frau ohne Chance auf Selbstverwirklichung gewesen sein muss und wieviel Lebenslust und -mut dennoch in ihr steckte. So erzählt, macht Geschichte viel Spaß!

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

Rena Rosenthal: Die Hofgärtnerin; Band 1 – Frühlingsträume (2021)

Im Jahr 1891 sucht in Oldenburg das junge Mädchen Marleene eine Lehrstelle in einer Gärtnerei. Dies ist zu dieser Zeit jedoch nicht möglich, weil nur Jungen angestellt werden. Um sich ihren Traum doch noch erfüllen zu können, schneidet sie sich ihre langen Haare ab, zieht Männerkleidung an, nennt sich Marten und stellt sich in der „Hofgärtnerei“ vor. Tatsächlich wird sie angestellt. Durch ihren Vater, der in dieser Gärtnerei gearbeitet hat, hat sie sich viel Wissen über Pflanzen und ihre Pflege angeeignet. Niemand merkt, wer Marten wirklich ist.

Was Marleen in ihrer schwierigen Zeit als Marten erlebt, wird leicht erzählt. Ich habe so gerne mit Pflanzen zu tun, und für mich war das Buch so spannend, dass ich es kaum aus den Händen legen konnte. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung dieses Buches.

(Empfehlung von Lesementorin Gisela Altengarten)

Nam-Joo Cho: Kim Jiyoung, geboren 1982 (2021) *

Kim Jiyoung ist eine ganz gewöhnliche Frau, die 1982 in Südkorea geboren ist. Sie lebt in ihrer Familie, geht zur Schule, arbeitet, lernt jemanden kennen, heiratet und bekommt ein Kind: eine Tochter, was in Südkorea (wie in vielen anderen Ländern weltweit auch) einen Unterschied macht. Ob jemand als Mädchen oder Junge zur Welt kommt, bestimmt vieles im Leben: Ausbildung, Elternsein, Stand in der eigenen Familie und Gesellschaft.

Man bekommt einen guten Einblick in den Alltag eines Mädchens bzw. später einer Frau, die in Südkorea aufwächst. Und vieles kommt einem sehr bekannt vor: Die Ausbildung, die für Jungen viel wichtiger ist, das Zurücknehmen seiner eigenen (Berufs-)Wünsche nach der Familiengründung, die Benachteiligung im Beruf – auch bei uns ist der Weg zur Gleichberechtigung noch weit. Eine sehr interessante und lohnenswerte Lektüre!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

* = Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 20. Mai 2021

 Christian Kracht: Eurotrash (2021)

Die Erinnerungen des Erzählers kommen schwer, unheilvoll und voll dunkler Ahnungen daher. Er ist aufgewachsen im Nach-Nazi-Dunst, mit geldbeladener, protziger Herkunft und umgeben mit schuldbeladener Kunst an den Wänden. Immer wieder berührt der Autor einzelne Punkte der Geschichte. Er erzählt von einem Besuch bei seiner hochbetagten Mutter in der Schweiz, die er kurzerhand mit auf eine Reise quer durchs Land mit dem Ziel Afrika nimmt. Geld hat sie genug, aber trägt man das in einer Plastiktüte? Die schnöden Dialoge zwischen Mutter und Sohn, mal andeutungsvoll, mal heftig, mal bösartig und doch liebevoll und mit sarkastischem Humor machen dieses Buch fast spannend.

Anfangs hätte ich nicht gedacht, dass ich das Buch am Ende mit einem nachsichtigen Lächeln zuklappen würde. Ich habe dieses ungewöhnliche Buch gerne gelesen.

(Empfehlung von Lesementorin Sabine Reiter-Meier)

 

Bov Bjerg: Auerhaus (2015)

In den späten Achtzigerjahren zieht eine Gruppe von Jugendlichen in ein leerstehendes Haus in der schwäbischen Provinz – zu dieser Zeit und an diesem Ort gilt diese Wohngemeinschaft als unerhörte Lebensform. Die sechs Freunde setzen sich mit dem vor ihnen liegenden Leben, vor allem mit Abitur und Musterung auseinander, wollen aber vor allem das Leben ihres besten Freundes Frieder retten. Dieser hat bereits einen Selbstmordversuch unternommen und fragt sich weiterhin, warum er überhaupt leben soll. 

Das Buch handelt vom Erwachsenwerden, und eigene Erfahrungen und Erlebnisse aus der Jugendzeit werden wieder wach. Ein schönes Buch, das bewegt, berührt und auch vergnügt.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café-Besucherin Brigitte Worms)

 

Mareike Krügel: Schwester (2021) *

Iulia und Lone sind Halbschwestern, beide haben unterschiedliche Lebensgeschichten hinter sich, sind sich aber trotzdem nah. Das glaubt Iulia jedenfalls, bis ihre Schwester nach einem schweren Autounfall im Koma liegt und sie selber mit Lones Alltag in Berührung kommt. Diese arbeitet als Hebamme und durch den Kontakt zu den schwangeren Frauen lernt Iluia ihre Schwester ganz neu kennen und stellt sich ihrem eigenen Leben.

Ein einfühlsamer Roman über Familie, Loyalität und Vertrauen, den ich sehr gerne gelesen habe. Die oft gestellte Frage, was im Leben wirklich wichtig ist und ob es einen Neuanfang geben sollte, werden berührt und viele Situationen verführen, das eigene Leben zu betrachten. Daher gerne empfohlen!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden

 

Unsere Lesetipps vom 06. Mai 2021


Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit*

Nach einem Motorradunfall liegt der Ich-Erzähler Jules im Krankenhaus und erwacht erst nach zwei Tagen aus dem Koma. Während seiner weiteren Genesungszeit durchlebt er in Gedanken und Träumen noch einmal die Vergangenheit. In Rückblenden erfährt man vom frühen Tod seiner Eltern bei einem Autounfall, dem Aufwachsen im Internat, das er und seine beiden Geschwister danach besuchen müssen und der unterschiedlichen Entwicklung dieser drei jungen Menschen. Auch die Beziehung von Jules´ Liebe zu seiner Jugendfreundin und jetzigen Frau Ava sowie den gemeinsamen Kindern nimmt einen großen Erzählraum ein.
Der gewundene Lebensweg der drei jungen Menschen, die plötzlich ihre Eltern verlieren, ist sehr berührend erzählt. Die Sprache ist so klar, dass man sich alles gut vorstellen und mitempfinden kann. Auch das Hörbuch dazu hat mir sehr gut gefallen.
(Leseempfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Kristina Hauff: Unter Wasser Nacht (2021) *

Der Roman handelt von zwei jungen Familien, die sich einen Hof im Wendland teilen und eng miteinander befreundet sind. Unter tragischen Umständen kommt der Sohn eines Ehepaares in der nahegelegenen Elbe ums Leben. Dies hat zur Folge, dass das Familienleben aller Beteiligten aus den Fugen gerät und ihre Freundschaft bei der Aufklärung von Aarons Tod fast zerbricht.
Ein interessanter Roman über Freundschaft und andere menschliche Beziehungen.
(Leseempfehlung von Lese-Café-Besucherin Roswitha Wilmer)

 

Lucy Foley: Sommernacht (2021) *

Die Geschichte spielt auf einer abgelegenen Insel vor der Küste Irlands. Es ist der Hochzeitstag von Jules Keegan, Inhaberin eines digitalen Magazins und Will Slater, Star einer Reality Show. Der Tag der Trauung wird aus einer neutralen Erzählperspektive erzählt. Die jeweiligen Protagonist*innen schildern abwechselnd die Ereignisse am Tag vor der Hochzeit. Die Charaktere sind sehr detailliert ausgearbeitet. Nach und nach erfährt man immer mehr über die Verbindungen der einzelnen Personen untereinander und deren tief vergrabene Geheimnisse. Das Wetter spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. Ist es zunächst angenehm mild, wird es am Tag der Hochzeit zusehends stürmischer, die Stimmung unter den Anwesenden wird immer dramatischer, bis schließlich eine Leiche entdeckt wird. Lange weiß man nicht, um wen es sich handelt. Auch den Täter erfährt man erst am Ende, nach einigen atemberaubenden Cliffhangern.
Wer gerne einen Krimi liest, in dem nach und nach die Geheimnisse der einzelnen Personen und ihre Verbindungen zueinander offenbart werden, kommt hier voll auf seine Kosten.
(Leseempfehlung von Lese-Café-Besucherin Ruth Baumeister)

* = Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 29. April 2021

 

Juli Zeh: Unterleuten (2016) *

In dem fiktiven Ort Unterleuten in Brandenburg nahe bei Berlin wohnen sehr unterschiedliche Menschen mit sehr unter unterschiedlichen Wünschen, Interessen und Zielen: Alteingesessene, die die DDR-Zeit in diesem Dorf erlebt haben, Wendegewinner und Großstadtflüchtige, die ein neues und anderes Leben auf dem Land suchen. Anfangs leben sie alle in scheinbarer Idylle neben- und miteinander. Als bekannt wird, dass eine Investmentfirma direkt neben ihrer Siedlung einen Windpark bauen will, brechen alte Konflikte auf, und neue Streitigkeiten entstehen.

Die Schilderung der einzelnen Charaktere der Dorfbewohner*innen und deren „Zusammenspiel“ fand ich wunderbar und unterhaltsam. Zudem ist das Thema ja immer noch sehr aktuell.

(Leseempfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Elke Heidenreich: Männer in Kamelhaarmänteln (2020) *

Die kurzen Geschichten dieses Buches handeln von allem, was Damen und Herren schmücken kann oder auch die Autorin selber schon einmal getragen hat: Kleider, Hüte, Wäsche und Mäntel. Sie schreibt ausgehend von einzelnen Kleidungsstücken über ihr Leben mit allen Höhen und Tiefen und erzählt, was mit diesen Kleidungsstücken bewirkt werden sollte oder was tatsächlich bewirkt wurde. Manche Teile rufen auch besondere Erinnerungen hervor, und nicht immer traf zu: „Kleider machen Leute“.

Dieses Buch ist locker zu lesen und wegen der Kürze der Geschichten ein Buch zum Schmökern zwischendurch oder kurz vor dem Einschlafen. Wie immer schreibt Elke Heidenreich nahe am Leben und kann zutiefst traurig und urkomisch erzählen.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Mary Beth Keane: Wenn du mich heute wieder fragen würdest (2020) *

In der New Yorker Vorstadt Gillam leben die Familien Gleeson und Stanhope jahrelang friedlich, aber ohne engen Kontakt nebeneinander. Kate, die jüngste Tochter der Gleesons, und Nachbarssohn Peter sind allerdings bereits von klein auf eng miteinander befreundet. Eine unheilvolle Entwicklung mit tragischer Folge führt zur Trennung der Jugendlichen und ihrer Familien. Jahre später treffen sich Kate und Peter wieder, und aus ihrer Zuneigung wird Liebe. Obwohl ihre Eltern keineswegs damit einverstanden sind, heiraten sie und gründen sie eine Familie. Die Ereignisse der Vergangenheit wirken aber weiterhin auf ihr Leben ein.

In diesem Roman erzählt die Autorin das Leben ihrer Protagonist*innen über Jahrzehnte und beschreibt dabei die kleinen und großen Freuden und Probleme aller Familienmitglieder sehr offen, dabei aber voller Verständnis und Warmherzigkeit.

(Leseempfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden

 

Unsere Lesetipps vom 22. April 2021

 

Dave Eggers: The Circle (2013) *

In diesem Roman entwirft der Autor ein Bild von einem zukünftigen Leben in einer Welt, die von einem einzigen gigantischen Internet-Unternehmen beherrscht wird. Die junge College-Studentin Mae bekommt eine Stelle in dieser Firma, fühlt sich in der äußerst angenehmen Arbeitswelt dieses „Circle“ sehr wohl und steigt rasch in der Firmenhierarchie auf. Bald muss sie aber entdecken, dass die Forderung des Unternehmens nach absoluter Wahrheit und Öffentlichkeit in Wirklichkeit zu engmaschiger Kontrolle und Beobachtung führt. Wird sie sich dagegen wehren und gegen ihre Firma arbeiten oder in das System fügen?

Das Buch liest sich gut, auch wenn man keine IT-Spezialistin ist. Auch wenn der Inhalt etwas Science-Fiction ist, liegt er meiner Meinung nach nicht so weit von den heutigen Möglichkeiten der IT-Konzerne entfernt und ist daher beängstigend.

(Leseempfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Elizabeth Strout: Mit Blick aufs Meer (2010) * und Die langen Abende (2018) *

Die Pulitzerpreisträgerin schreibt in beiden Büchern Geschichten voller Humor und liebevoller Menschenkenntnis über Menschen aus der kleinen Stadt Crosby an der Küste von Maine. Diese Geschichten von einfachen Menschen werden mit feinem Gespür für Zwischenmenschliches erzählt und enthalten dabei die ganze Welt des Zusammenlebens. Zu einem Roman verschmolzen werden die einzelnen Kapitel durch die kantige Figur der ehemaligen Mathematiklehrerin Olive Knitteridge, die auch in einzelnen Kapiteln eine Rolle spielt und im Verlauf der Erzählungen selber eine Entwicklung durchmacht.

Diese warmherzigen und lebensklugen Bücher von Elizabeth Strout lese ich gerade mit viel Freude. Sie sind auch als Taschenbücher erhältlich.

(Leseempfehlung von Lesementorin Adelheid Möhlig)

 

Alexander Gorkow: Die Kinder hören Pink Floyd (2021) *

Der Autor ist 1966 geboren, und vieles in seinem Roman kommt den Leser*innen bekannt und vertraut vor. Die Beschreibung der Kindheit in den 70-er Jahren (Vorsicht am Plattenspieler!) und der vielen Kleinigkeiten (z.B. Einbauküche und Dampfkochtopf) erinnern an das eigene Aufwachsen und Leben in dieser Zeit. Die Hauptfigur des Buches, der 10-jährige Heino, ist mit viel Fantasie gesegnet, und so tummeln sich bei ihm Monster unter dem Bett und im Garten. Besonders wichtig ist für ihn aber seine große Schwester, für die Pink Floyd Götter waren. Gemeinsam hören sie stundenlang die Songs dieser Band, die aus ihrer Sicht dem Establishment den Krieg erklärte.

Die Geschichte kommt oft sehr schräg rüber und macht sicherlich noch mehr Spaß, wenn man die Alben von Pink Floyd ebenfalls stundenlang rauf- und runtergedudelt hat. Aber auch für Nicht-Fans der legendären Band lohnt sich die Lektüre.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden

 

Unsere Lesetipps vom 15. April 2021

Ditlevsen, Tove: Kindheit. Erster Teil der Kopenhagen-Trilogie. 2021*

Tove Ditlevsen ist in Dänemark eine bekannte Autorin. Im ersten Teil ihrer Biografie träumt sie noch davon, eine berühmte Dichterin zu werden. Aufgewachsen in armen Verhältnissen in den 1920-ger Jahren in Kopenhagen, erscheint dieser Wunsch unmöglich, denn, wie der Vater ihr sagt ´Frauen werden keine Dichter´. Trotzdem schreibt sie, anfangs Gedichte in ihr Poesiealbum, das sie streng geheim hält. In den Folgebänden „Jugend“ und „Abhängigkeit“, die beide gerade erschienen sind, erzählt sie weiter von ihrem Leben und ihrem unbändigen Willen zur Freiheit und Selbstbestimmung. Entstanden sind sie schon 1967 während eines Klinikaufenthaltes. Kurz später nimmt sich Tove Ditlevsen das Leben.

Eindrucksvoll und sprachlich dicht schreibt Ditlevsen von ihrem Elternhaus, der Enge und dem Unausgesprochenen. Ihre Bücher haben mich thematisch an Ulla Hahn erinnert. In den letzten Jahren wurden Ditlevsens Werke in Dänemark neu entdeckt, in Deutschland liegen ihre Erinnerungen zum ersten Mal vollständig vor. Sehr lesenswert!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Dieter Nuhr: Gibt es intelligentes Leben? (2006)

In diesem Buch beschreibt der Comedian sehr vergnüglich seine Reise durch die Welt auf der Suche nach intelligentem Leben. Mit Humor, satirischer Schärfe und versucht der Autor, der Existenz des Geistes bei seinem Besuch der unterschiedlichen Länder auf die Spur zu kommen. Seine Fragen und Antworten werden durch Fotos ergänzt.

Es machte mir großen Spaß, alles mit den Augen dieses geistreichen Comedians zu betrachten, und ich hörte mich beim Lesen immer wieder lachen. Dieses Lesevergnügen hat mir richtig gut- getan.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Irene Grentz)

 

Jutta Richter: Hechtsommer (2004)

Anna und die Brüder Daniel und Lukas haben in einem Wassergraben einen Hecht entdeckt und planen einen Sommer lang, wie sie ihn fangen können. Die Drei genießen ihr Miteinander und die Zeiten, die sie in der Natur verbringen können. Begleitet werden sie dabei aber auch von Ängsten und Sorgen, denn die Krebserkrankung der Mutter ihrer Freunde verschlimmert sich sehr. Es wird klar, dass sie daran sterben wird. Die Erwachsenen sprechen nicht offen mit den Kindern darüber, und so suchen sie Halt und Trost in ihrer Freundschaft.

Auch wenn dieses Buch eigentlich ein Jugendbuch ist, so kann Jutta Richters Erzählung von Trauer und Hoffnung, von Freundschaft und Liebe auch Erwachsene berühren und trösten.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Hildegard Wilkes)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Unsere Lesetipps vom 18.03.2021

 

Hans Rosling u.a.: Factfulness: Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie ist (2018)

Der Mediziner und Gesundheitsforscher erklärt in diesem Sachbuch, dass nur die genaue Kenntnis von Fakten zur richtigen Einschätzung einer Situation führt. Dabei zeigt er an konkreten Fragen mit zahlreichen Statistiken, Diagrammen und Fotos, dass die Lage der Welt in vielen Bereichen nicht so dramatisch schlecht ist wie oft behauptet wird. Rosling gibt zudem zahlreiche Beispiele, wie mit fundierter Sachkenntnis bereits mit kleinen Änderungen und Hilfen eine deutliche Besserung der Lebenssituation vieler Menschen erreicht werden kann.

Dieses Buch des schwedischen Professors für Internationale Gesundheit empfehle ich gerne. Es ist eine sehr interessante Mischung aus Fakten und Handlungsempfehlungen.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Emma Kleps)

 

Mark Benecke/Kat Menschik: Doctor Mark Beneckes illustrirtes Thierleben (2020) *

So ungewöhnlich wie der Buchtitel sind auch Inhalt und die Illustrationen dieses Buches. Der Biologe und Forensiker Dr. Benecke stellt in einzelnen in einzelnen Kapiteln mit großer Begeisterung Tiere vor, die wir eher mit Nichtbeachtung oder Ablehnung betrachten wie z.B. Glühwürmer, Rotbeinige Schinkenkäfer und Vampirfledermäuse. Dabei mischt er sehr geschickt Sachinformationen, Erlebnisberichte und treffende Vergleiche zum Menschen. Sein Augenmerk liegt dabei auf der Einzigartigkeit und der Schönheit dieser Lebewesen

„Auch dem Silberfisch liegt wohnt ein glitzeriger Zauber inne.“, sagt der Autor am Ende seines Buches. Nach der Lektüre kann ich ihn verstehen. Alle, die außergewöhnliche Bücher mögen, werden sich an diesem „Thierleben“ erfreuen.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

McEwan, Ian: Maschinen wie ich (2019) *

McEwans Werk spielt im Jahr 1982, die Künstliche Intelligenz ist in den vergangenen Jahren so weit fortgeschritten, dass die ersten lebensechten Androiden auf den Markt kommen. Charlie, Anfang 30, hat eine kleine Erbschaft gemacht und kauft einen der ersten ´Adams´ mit dem Wunsch nach einem interessanten Gesprächspartner. Adam ist aber viel mehr als das, und bald sieht Charlie in ihm einen Konkurrenten um seine Freundin Miranda.

Eigentlich lese ich ungerne Science-Fiction. Aber diese ist so nahe an der Realität, dass es eigentlich keine ist. Die spannenden Themen „Gefühle“ und „moralische Prinzipien“ stehen in diesem Buch im Vordergrund; wunderbar entwickelt sich der Androide zum besseren Menschen… Spannende, intelligente Unterhaltung, die einen oft ins Grübeln bringt.

 

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 11.03.2021

 

Jon Krakauer: In eisige Höhen (1997)

Der Bergsteiger und Journalist Jon Krakauer beschreibt in diesem Buch die wahre Geschichte einer Tragödie am Mount Everest. Er hat sie selbst 1996 als Teilnehmer einer von Sherpas geführten Expedition in einer Gruppe von Männern aus mehreren Ländern erlebt. Dabei wurde ihm bereits beim Aufstieg klar, dass nicht alle Mitreisenden ausreichend vorbereitet waren. Als beim Abstieg das Wetter umschlug, gerieten die Teilnehmenden durch mangelnde Bergsteigerfähigkeiten und -erfahrungen bei Schnee und Sturm in größte Gefahren. Trotz aller Anstrengungen und Rettungsversuche überlebten nicht alle den Abstieg ins Basislager.

Ich habe mich nie sonderlich für das Bergsteigen interessiert und auch nicht für die Bergsteiger. Hier wird jedoch eine Geschichte erzählt, die einen nicht mehr loslässt. Es war spannend und hochinteressant bis zum Schluss.

(Empfehlung von Lesementorin Gisela Altengarten)

 

Carsten Henn: Der Buchspazierer (2020) *

Der Hürther Autor erzählt in diesem Buch die Geschichte des alten Buchhändlers Carl, der bestellte Bücher jeden Abend zu seinen wenigen verbliebenen Kunden bringt. Eines Tages tritt die neujährige Schascha in sein Leben und bringt es ziemlich durcheinander. Aber Carl wird erst durch das Mädchen klar, dass er mit den richtigen Büchern die Leben seiner Kundschaft verbessern kann.

Die Online-Lesung des Autors bei Hürth inside hat mir so gut gefallen, dass ich mir das Buch sofort gekauft habe. Auch nach dem Lesen ist es für mich ein ganz besonderer Roman.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Margret Fenke)

 

David Grossmann: Was Nina wusste (2020) *

Vera feiert ihren 90. Geburtstag im Kibbuz, ein großes Fest, zu dem auch ihre Tochter Nina und ihre Enkelin Gili kommen. Nina hat früh Mann und Kind verlassen, zu denen sie wenig bzw. jahrelang gar keinen Kontakt hatte. Gili, die Filmemacherin ist, möchte einen Film über das Leben ihrer Großmutter drehen. Dafür machen sich alle drei Frauen auf den Weg nach Kroatien, wo Vera jahrelang auf der Gefängnisinsel Goli Otok verbrachte, nachdem sie von der jugoslawischen Geheimpolizei verhaftet worden war. Warum hat sie sich nicht durch ein Geständnis freigekauft um bei Nina zu bleiben? Die Reise führt in eine Vergangenheit, die Auswirkungen auf das Leben aller drei Frauen hatte.

Was Nina wusste“ basiert auf realen Ereignissen, die Grossman literarisch in seinem Roman verarbeitet. Entstanden ist ein Familiendrama, das die Auswirkungen des Krieges auf die späteren Generationen zeigt. Es geht um Verrat und Schuld, Liebe und Vergebung. Eine grandiose Sprache, intensiv und fesselnd!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Unsere Lesetipps vom 04.03.2021

 

Judith Kerr: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl (1971) * – Eine Trilogie

Die Autorin erzählt die Geschichte der 9-jährigen Anna, die mit ihrer Familie in Berlin lebt. Annas Vater, ein bekannter Schriftsteller, äußert sich sehr kritisch über den Nationalsozialismus. Kurz vor der Machtübernahme Hitlers im Jahr 1933 flieht die jüdische Familie über Prag in die Schweiz. Aber auch dort erlebt sie Antisemitismus. Zudem verschlechtert sich die finanzielle Situation der Familie. So ziehen alle zunächst nach Frankreich, aber dort macht die Finanzkrise zu schaffen. Als der Vater ein gutes Arbeitsangebot aus London erhält, siedelt die Familie endgültig dorthin über.

Bisher hatte ich den Roman nur in einer sehr verkürzten Fassung auf einer Kassette für Kinder gehört. Mit großem Interesse habe ich jetzt das Original gelesen. Auch in Band 2 (Warten bis der Frieden kommt) und Band 3 (Eine Art Familientreffen) erzählt Judith Kerr aus ihrem Leben.

(Empfehlung von  Lese-Café-Besucherin Margret Fenke)

 

Udo Baer: DDR-Erbe in der Seele (2020)

Der Autor ist Psychotherapeut und selbst mit seinen Eltern 1960 aus der DDR geflohen. Nach zahlreichen Interviews mit Betroffenen beleuchtet Udo Baer nun unter verschiedenen Aspekten (z.B. Angst, Fremdsein, Traumata, Scheinwelten, Selbstbewusstsein…) die Folgen dieses Staates.  Das Buch geht weit über ein Fachbuch hinaus. Wer sich für dieses Thema interessiert, bekommt viele neue Einblicke und Informationen über die Schicksale von Menschen, die selbst in der DDR gelebt haben oder erst nach der Wende von 1989 im Osten geboren sind.

Obwohl ich in Grenznähe gelebt habe und auch öfter „drüben“ war, habe ich durch das Buch sehr viel Neues und Interessantes erfahren.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Irene Grentz)

 

Volker Kutscher: Olympia (2020) *

In Berlin finden 1936 unter großem Pomp die Olympischen Spiele statt. Menschen aus aller Welt sind zusammengekommen, und die Nationalsozialisten lassen sich für die Ausrichtung der Wettkämpfe feiern. Als im Olympischen Dorf ein Mord geschieht, wird Kommissar Gereon Rath zur Aufklärung herangezogen. Seine Frau Charly unterstützt ihn dabei. Schnell merken beide, dass die Machthaber kein Interesse an einer fairen Mordermittlung haben und spätestens nach einem zweiten Mordfall nach Möglichkeiten suchen, unerwünschte Menschen auszuschalten. Rath muss um sein Leben fürchten und sucht mit seiner Frau nach Fluchtmöglichkeiten.

Auch dieser achte Fall von Kommissar Rath ist lebendig und spannend bis zum überraschenden Ende erzählt. Ebenfalls empfehlenswert: Das Hörbuch, gelesen von David Nathan.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 25.02.2021

 

Jilliane Hoffmann:  Insomnia (2016) *

„Schlaflos“ ist der Titel dieses Thrillers, der seine Leserschaft in die Psyche eines jungen Mannes einführt, dessen quälende Kopfschmerzen trotz Therapien kaum zu bändigen sind. Er entdeckt jedoch einen Mechanismus, der diese Qualen, wenn auch nur für eine bestimmte Zeit, auflösen kann. Im Mittelpunkt des Geschehens steht Mallory Knight, eine Siebzehnjährige, die angeblich von dem allseits gefürchteten Serienmörder, namens Hammermann, entführt und misshandelt worden ist. Agent Bobby Dee, der auf dem Gebiet von Kindsentführungen sich einen Namen gemacht hat, ermittelt auch in diesem Fall. Sein Credo besteht darin, dass er dem Opfer ins Auge schauen muss, um die Wahrheit zu finden. Ob ihm das gelingt?

Jilliane Hoffmann versteht es meisterlich, einen Spannungsbogen aufzubauen und so für einen anhaltenden Adrenalinschub zu sorgen.

(Empfehlung von Lesefreundin Inge Karaus)

 

Jacques Berndorf: Die Eifel-Krimis *

Im Jahr 1989 lässt der Autor Jacques Berndorf zum ersten Mal den Journalisten Siggi Baumeister einen Kriminalfall lösen. Das Buch Eifel-Blues wird ein großer Erfolg, dem noch weitere 21 Eifel-Krimis folgen. Dabei löst Baumeister quer durch dieses Mittelgebirge Verbrechen jeder Art, immer begleitet und unterstützt von seinem guten Freund Rodenstock.

Spannend geschrieben und gleichzeitig zum Schmunzeln anregend, eignen sich diese Kriminalromane als leichte und dennoch interessante Lektüre über den erstaunlich verbrecherischen Alltag in der Eifel. Wer mag, kann viele Schauplätze tatsächlich besuchen. 

(Empfehlung von Lesefreundin  und Lesementorin Marianne König-Kohlstadt)

 

Marc Elsberg: Gier (2019) *

In diesem Buch geht es um einen Mordanschlag auf einen Nobelpreisträger aus der USA. Er will in Berlin auf einem Sondergipfel wegen einer gewaltigen Wirtschaftskrise einen Vortrag darüber halten, wie Vermögen nach einer Formel besser bzw. anders verteilt werden können.

Das Redekonzept wird über Umwege gefunden und trifft auf großes Interesse der Zuhörerschaft, allerdings nicht bei den anwesenden Milliardären. Für die Polizei gilt bald ein Zeuge des Anschlages als Täter, erst recht als dieser flüchtet. Er wird aber nicht nur von der Justiz, sondern auch von Auftragskillern verfolgt, die für diese Tat verantwortlich sind.

 

Wer einen spannenden Thriller lesen will, ist mit diesem Buch bestens bedient. Ich habe darin Parallelen zur Geldverteilungspolitik der EU erkannt.

(Leseempfehlung von Fritz Knäpper; er kennt unsere Lesetipps aus den Monatsrundbriefen des Heimat- und Kulturvereins)

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

Unsere Lesetipps vom 18. 02. 2021

 

Graeme Simsion: Das Rosie-Projekt (2014) *

Der Genetiker Don Tillmann ist Autist und sucht eine Frau fürs Leben. Da ihm der leichte Umgang mit anderen Menschen nicht möglich ist, stellt er für seine Suche auf einem Fragebogen eindeutige Kriterien zusammen, die seine zukünftige Partnerin erfüllen muss. Da kreuzt zufällig Rosie seinen Weg. Sie entspricht in den wesentlichen Punkten keineswegs seinen Vorstellungen, öffnet ihm aber den Weg in die Logik der Gefühle.

Eine witzige und in den Grundzügen doch eine realistische Darstellung darüber, wie ein Autist das Thema Beziehung angehen könnte. Die Weiterführung „Der Rosie-Effekt“ ist auch lesenswert, gefiel mir aber nicht mehr ganz so gut.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Frank Schätzing: Tod und Teufel (1995)

Im September 1260 sieht der Herumtreiber und Dieb Jacop, wie Gerhard Morat vom Gerüst des Kölner Domes stürzt und stirbt. Jacop ist sicher, dass er vorher von einer dunklen Gestalt gestoßen wurde. Er findet aber keine weiteren Zeugen und muss erleben, dass alle, denen er seine Beobachtung erzählt, kurz danach ebenfalls einen unnatürlichen Tod finden. War es doch der Teufel, der Morat getötet hat und ist Jacop selbst in Gefahr? Zum Glück helfen ihm der Physikus Jaspar und dessen Nichte Richmodis, das Geheimnis um den Tod des ersten Dombaumeisters Gerhard zu lösen.

Dem Autor gelingt eine sehr spannende Mischung aus historischer Erzählung und Kriminalroman. Die Leser*innen erfahren viel über das mittelalterliche Köln.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Marianne König-Kohlstadt)

 

Bill Clinton; James Patterson: The President is missing (2018) * in deutscher Übersetzung

Der Roman handelt von Cyberkriminalität und deren Abwehr, was nicht nur in den USA ein aktuelles Thema ist. In diesem Fall geht es um eine Hackerbande aus Osteuropa, einen „Maulwurf“ im US-Kabinett sowie einen reuigen Hacker. Dieses brillante Genie hat die Seiten gewechselt. Man merkt dem Buch an, dass der Autor und ehemalige US-Präsident Bill Clinton die Administration der US-Regierung bestens kennt. James Patterson ist sein erfahrener Co-Schreiber.

Das Buch ist spannend bis zur Aufklärung auf den letzten Seiten. Wir haben es „verschlungen.“

(Leseempfehlung von Gudrun und Fritz Knäpper; sie kennen unsere Lesetipps aus den Monatsrundbriefen des Heimat- und Kulturvereins)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Unsere Lesetipps vom 11.02.2021 (Weiberfastnacht)

 

Rebecca Gablé: Das Lächeln der Fortuna bis Teufelskrone (Die Waringham-Reihe)*

Der erste Band dieser groß angelegten Familiengeschichte spielt im 14. Jahrhundert zur Zeit des 100-jährigen Krieges zwischen England und Frankreich. Der junge Robin of Waringham verliert nach dem Tod des Vaters zu Unrecht sein Erbe als Earl und muss sich nun als Stallbursche verdingen. Dennoch erringt er im Laufe seines abenteuerlichen und wechselvollen Lebens viel menschliche Zuneigung und soziale Anerkennung. Auch gelingt es Robin am Ende, seine Rechte als Earl wiederzuerlangen. 

Alle fünf Bände dieser Reihe (von 1997 bis 2019) sind dicke historische Schmöker, aber gut recherchiert und flüssig geschrieben. Als Leser*in erlebt man die Welt des Mittelalters am Beispiel einer Familie über zwei Jahrhunderte.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Marianne König-Kohlstadt)

 

Barbara Honigmann: Georg (2019)

Im Mittelpunkt dieses Romans steht der Vater der Autorin, der ein äußerst bewegtes Leben geführt hat. Er lebte in Deutschland und England, war in Kanada im Exil, spionierte für die Sowjetunion und zog später freiwillig in die DDR. Barbara Honigmann erlebt auch einige Verbindungen und Hochzeiten ihres alternden Vaters mit Frauen, die stets jeweils um die 30 Jahre alt sind. In diesem autobiographisch angelegten Roman versucht die Autorin den zahlreichen persönlichen und politischen Facetten ihres Vaters auf die Spur zu kommen.

Es ist sicher nicht einfach, einen solch „besonderen“ Vater zu haben, aber es ist äußerst interessant, darüber zu lesen.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Lisa Taddeo: Three Women – Drei Frauen (2020)*

Schon vor der Übersetzung ins Deutsche sorgte das Buch von Lisa Taddeo bei seinem Erscheinen in den USA für Furore. Als „literarische Reportage über weibliches Begehren“ wurde es dort als Sachbuch eingestuft, was es eigentlich nicht ist. Vielmehr erzählt die Autorin in Romanform von drei Frauen, die sehr unterschiedlich in ihren sexuellen Bedürfnissen und ihrem weiblichen Auftreten sind.

Der Wirbel um das Buch ist für mich nicht verständlich. Aber als treffend geschriebener Roman über Frauen, mit denen es das Leben nicht gut meinte, ist es empfehlenswert.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

*= Diese Bücher können in der Stadtbücherei Hürth ausgeliehen werden.

 

 

Unsere Lesetipps vom 04.02.2021


Jasmin Schreiber: Marianengraben (2020)
Sie begegnen sich nachts auf einem Friedhof: Paula, Mitte 20, voller Schuldgefühle und depressiv und Helmut, Mitte 80, ein wortkarger und misanthropischer Kautz. Sie besucht nachts ihren kleinen Bruder, der zwei Jahre zuvor während eines Urlaubs ertrunken ist, in den Paula nicht mitwollte. Helmut belässt es nicht bei einem Besuch, sondern gräbt die Urne seiner Freundin aus, um sie mit in die Berge zu nehmen. Dies hatte er ihr versprochen, als sie plötzlich starb und er sein Versprechen zu ihren Lebzeiten nicht mehr einlösen konnte. Die beiden unterschiedlichen Charaktere haben doch eines gemeinsam: Sie wollen so nicht mehr leben und beginnen doch langsam, über ihren eigenen Kummer hinweg auch die schönen Seiten des Lebens wieder wahrzunehmen.
Ein wunderbares Buch über Trauer, Krankheit und Abschied, trotz des schweren Themas leicht und bisweilen amüsant geschrieben. Allein die Seiten über den Unterschied von Sterben wollen und nicht leben wollen – großartig! Sehr lesenswert!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Elena Ferrante: Meine geniale Freundin (2016)
Zwei Mädchen wachsen in ärmlichen Verhältnissen im Neapel der fünfziger Jahre auf – mutig und unangepasst die Schustertochter Lila, zurückhaltend und fleißig Elena, die Tochter eines Pförtners. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit werden sie schon früh beste Freundinnen und gleichzeitig größte Konkurrentinnen. Auch wenn sich später ihre Wege sich trennen, bleiben sie dennoch emotional immer eng verbunden.
Mich hat besonders die Darstellung fasziniert, wie ein Mädchen aus bildungsferner Familie, mit frauenfeindlicher Sozialisation und unter Mafiastrukturen sein Leben erfolgreich gestaltet.
Wem dieses Buch gefällt, sollte auch die Fortsetzungen lesen: „Die Geschichte eines neuen Namens“; „Die Geschichte der getrennten Wege“; „Die Geschichte des verlorenen Kindes.“

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Jane Gardam: Robinsons Tochter (2020)
Die sechsjährige Polly hat nach dem Tod ihrer Mutter schon in mehreren Pflegefamilien gelebt, als der Vater sie kurz vor seinem Tod in das Haus ihrer Tanten bringt. Dort lebt sie fortan behütet ein geregeltes Leben. Schon früh hegt das Mädchen kritische Gedanken und rebelliert vorsichtig und dennoch bestimmt gegen die fromme Erziehung durch die Frauen. Dabei begleiten sie stets die Gedanken ihres Lieblingshelden, Robinson Crusoe. Auch wenn sich Polly räumlich nie weit von ihrem Lebensort im englischen Marschland entfernt, gelingt ihr ein selbstbestimmtes und zufriedenes Leben mit einem großen Herzen für die Menschen.
Mit viel Humor und Weisheit lässt uns die Autorin in ihrem Roman am Leben der Protagonistin vom Anfang des letzten Jahrhunderts über mehrere Jahrzehnte lang teilhaben.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

 

Unsere Lesetipps vom 28.01.2021

 

Caroline Bernard: Frida Kahlo und die Farben des Lebens (2019)

Größter Berufswunsch der Mexikanerin Frida Kahlo ist es, Ärztin zu werden. Ein schwerer Unfall, der sie lange ans Bett fesselt und dessen Folgen sie ein Leben lang schmerzhaft spüren wird, machen dies unmöglich. Im Krankenbett beginnt Frida zu malen und wird später dabei ermutigt von Diego Rivera, einem berühmten Maler und Bildhauer. An seiner Seite erlebt sie großen Erfolg bis in höchste Künstler*innenkreise und eine intensive Liebe, aber auch Betrug und große Trauer.

Die Autorin erzählt das Leben dieser außergewöhnlichen Frau und Malerin in einem unterhaltsamen Roman.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Benjamin Myers: Offene See (2020)

Der junge Robert Appleyard hat im Jahr 1946 gerade seine Schulzeit beendet. In seinem Heimatort erwartet ihn ein Leben als Bergarbeiter. Vorher will er aber der drohenden Enge entfliehen und wandert mit kleinstem Gepäck quer durch England. In Yorkshire trifft er die ältere Dulcie Piper, die ihn gleich zu einem Tee einlädt. Sehr schnell wird klar, dass diese beiden unterschiedlichen Menschen viel miteinander zu bereden haben. So bleibt Robert dort und hilft zum Dank für die Gastfreundschaft bei der Pflege von  Cottage und Garten. Dabei kommt er Im Laufe der Zeit auch einem Geheimnis der unkonventionellen Frau auf die Spur.

Eine ruhig erzählte Geschichte über den Mut Neues zu wagen, selbstbestimmt zu leben und die Bedeutung von Freundschaft und Vertrauen auch über Generationen hinweg.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Heather Morris: Der Tätowierer von Auschwitz – Die wahre Geschichte des Lale Sokolov (2018)

                                Das Mädchen aus dem Lager – Der lange Weg der Cecilia Klein (2020)

Lale Sokolov wird in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert und muss dort allen Mitgefangenen eine Häftlingsnummer auf den Arm tätowieren. Dabei lernt er eines Tages Gita kennen, und trotz der schrecklichen Bedingungen im Lager beginnt eine Liebesgeschichte, die mit dem Überleben der beiden Liebenden glücklich endet.

Auch Cecilia, die Protagonistin des zweiten Buches findet am Ende die Liebe. Allerdings erduldet sie zuerst im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau als Zwangsgeliebte des Kommandanten und später im Gefangenenlager Workuta in Sibirien nahezu Unmenschliches.

Die beiden Romane sind keine leichte Lektüre, aber äußerst lesenswert. Sinnvoll ist es, sie in der genannten Reihenfolge zu lesen. Sie können in der Stadtbücherei ausgeliehen werden.

 (Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Roswitha Wilmer)

 

 

Unsere Lesetipps vom 21.01.2021

 

Navid Kermani: Sozusagen Paris (2016)

Ein Autor stellt auf einer Lesung seinen neuesten Roman über eine große Liebe aus seiner Jugendzeit vor. Zufällig ist genau diese Frau unter den Zuhörer*innen, und die beiden kommen nach der Veranstaltung miteinander ins Gespräch. Der Autor begleitet sie nach Hause,  und die beiden unterhalten sich die ganze Nacht über das Leben und die Liebe, während der Ehemann dieser Frau im Nebenzimmer arbeitet.

So könnte es sein, wenn man seine große Liebe im Alter von 15 Jahren zufällig dreißig Jahre später wiedertrifft.

(Empfehlung von Lesementorin Johanna Hartlaub, Kassenführerin der Lesefreunde)

 

Lothar Lax: Schicksalhafte Begegnung im Tal der Wupper und Die Spur führt nach Peru

Der Hürther Autor beschreibt in seinen beiden Romanen, erschienen im Selbstverlag, die Situation der Generation, die den Zweiten Weltkrieg überlebt hat und nun an eine bessere Zukunft glaubt. Dabei stellt er zwei junge Menschen in den Mittelpunkt der Handlung, die sehr unterschiedlich sind, deren Leben aber über Jahrzehnte miteinander verknüpft bleiben. Die Leser*innen können Robert Lambertz und Heike Vorbeck von Wuppertal aus in die Ferne bis nach Südamerika begleiten.

Die Verknüpfung von Zeitgeschichte und den Lebenserfahrungen der Menschen in den letzten Jahrzehnten in nahen und fernen Orten sind sehr interessant und lesenswert.

(Empfehlung von Lesementorin Ursula Lax)

 

A.G.Riddle: Pandemie (2019)

Der Autor hat bereits mehrere Bücher über Katastrophen und Untergangsszenarien geschrieben. In „Pandemie“ aus dem Jahr 2019 beschreibt er, wie sich eine bis dahin unbekannte Krankheit von Kenia aus verbreitet. Der Wissenschaftler Desmond Hughes und Peyton Shaw von der Seuchenschutzbehörde gehen dieser Krankheit nach und entdecken dabei Unglaubliches. Riddle mischt in diesem Roman wissenschaftliche Fakten und Fantasie zu einer rasant erzählten Geschichte.

Das ist ein absolut spannendes Buch, das ich trotz der fast 800 Seiten kaum aus der Hand legen wollte.

(Empfehlung von Lesementorin Brigitte Worms)

 

 

Unsere Lesetipps vom 14.01.2021

Frank Goosen: So viel Zeit

Bei der Abi-Feier beschließen vier Freunde, sich nach 25 Jahren wieder zu treffen um zu sehen, was aus ihnen geworden ist. Zu diesem Zeitpunkt – im Sommer 1982 -halten sie sich für unsterblich und 25 Jahre sind mehr als eine Ewigkeit. Doch die Ewigkeit vergeht – und tatsächlich kommen sie wieder zusammen. Das Leben hielt nicht immer, was sie sich erträumt hatten, aber sie beschließen, ihre Freundschaft wieder aufleben zu lassen und gründen eine Rockband.

Dieser Roman über Männerfreundschaft ist locker und leicht geschrieben, voller Musik und guter Laune mit durchaus traurigen Momenten. Frank Goosen erzählt von meiner Generation, der Wiedererkennungsfaktor ist wunderbar!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Thomas Hettche: Herzfaden

Bei einem Theaterbesuch versteckt sich eine Zwölfjährige im Streit vor ihrem Vater und entdeckt dabei zufällig eine kleine Tür. Durch sie gelangt das Mädchen auf einen Dachboden voller Marionetten und betritt damit einen magischen Raum. Neben den Figuren der Augsburger Puppenkiste ist dort auch Hannelore Oehmichen, genannt Hatü. Sie hat zusammen mit ihrem Vater das Puppentheater gegründet, zahlreiche Puppen geschnitzt und das Theater über viele Jahre fortgeführt. Hatü und berühmte Figuren des Puppentheaters sprechen mit dem Mädchen über das Leben an sich und erzählen dabei auch von den Anfängen des Theaters im und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Dem Autor gelingt in diesem eine besondere Verbindung von Realität und Fantasie. Nicht nur für Freund*innen der Augsburger Puppenkiste ist dies ein warmherziges Buch für Wintertage.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Joachim Meyerhoff: Hamster im hinteren Stromgebiet

Mit knapp 50 Jahren erleidet der Autor einen Schlaganfall, der ihn für kurze Zeit ans Krankenbett fesselt. In seinem Buch  beschreibt er sehr detailliert, wie er die verlorene Kontrolle über seine linke Körperhälfte empfindet und welche Ängste und Sorgen er hat. Schritt für Schritt erobert er sich seine Beweglichkeit zurück, liebevoll begleitet von seiner Familie. Dazu gehört auch, dass er der Veränderung in seinem Kopf einen Namen gibt, so dass er mit dem „Hamster im hinteren Stromgebiet“ in einen bewussten Kontakt treten kann.

Joachim Meyerhoff setzt sich in diesem Buch ernsthaft mit der eigenen Gesundheit auseinander. Dies gelingt ihm dennoch in gewohnt unterhaltsamer Weise und mit einem humorvollen Blick auf sich selbst.

(Empfehlung von Margret Schaaf, Zweite Vorsitzende der Lesefreunde)

 

 

Unsere Lesetipps vom 17.12.2020

Markus Thiele: Echo des Schweigens

Hannes Jansen ist Strafverteidiger. Sein Klient ist ein Polizist, der wegen Mordes an einem Asylbewerber angeklagt ist und an dessen Unschuld Jansen glaubt. Ein neues rechtsmedizinisches Gutachten spricht jedoch gegen ihn. Der Autor ist Schriftsteller und Rechtsanwalt und verwebt in seinen Romanen gekonnt Fiktion und Realität. Auch der Inhalt dieses Buches beruht auf einem bis heute ungeklärten Kriminalfall.

Der Thriller wirft die Frage nach Gerechtigkeit auf, wie sie aktueller heute nicht sein könnte.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Carlos María Domínguez: Das Papierhaus

Gleich im ersten Abschnitt des kurzen Romans wird Bluma Lennon beim Lesen eines Gedichtes von einem Auto überfahren. Wochen später öffnet ihr Kollege und Geliebter einen Brief an die Frau und wundert sich über ein Buch mit Widmung und unerklärlichen Zementspuren. Er macht sich auf die Suche nach dem Absender und erlebt auf seiner Reise manche Überraschung, taucht aber vor allem tief in die Liebe zur Literatur und zu Büchern ein.

Ein Buch, das alle Lese- und Literaturbegeisterte bezaubern kann und auf überraschende Weise zeigt, dass sich Romane nicht nur zum Lesen eignen.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Claire Winter: Kinder ihrer Zeit

Auf der Flucht aus Ostpreußen werden die 11-jährigen Zwillinge Emma und Alice 1945 getrennt und wissen nicht, dass sie beide überlebt haben.  Während Emma in Westberlin aufwächst, lebt Alice in einem Kinderheim der DDR. Zwölf Jahre nach der Trennung treffen sie sich überraschend wieder. Über einen gemeinsamen Bekannten geraten beide Schwestern unfreiwillig zwischen die Fronten der Geheimdienste.

Es ist ein sehr spannend erzähltes Buch über die Zeit des Kalten Krieges bis zum Mauerbau im Jahr 1961. Es kann in der Hürther Stadtbücherei ausgeliehen werden.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Roswitha Wilmer)

 

 

 

Unsere Lesetipps vom 10.12.2020

 

Robert Seethaler: Der letzte Satz

Der Komponist und Dirigent Gustav Mahler fährt zusammen mit seiner Frau Alma und Tochter Anna von New York zurück nach Europa. Er ist bereits sehr krank, und ist froh, dass er auf dieser Schiffsreise viele Gelegenheiten zum Ausruhen und Nachdenken hat. Dabei lässt er seine musikalische Entwicklung, seine Begegnung mit anderen Künstlern, vor allem aber seine Ehezeit und den Verlust seiner älteren Tochter noch einmal an sich vorbeiziehen. In gewohnt präziser und klarer Sprache zeichnet der Autor ein deutliches Bild des Ausnahmemusikers.

Robert Seethaler ist für mich immer absolut lesenswert, und wer seine Bücher mag und auch noch Musik liebt, für den ist dieses Buch ein kleiner Schatz. Ausdrücklich empfehlen möchte ich in diesem Fall auch das Hörbuch, gelesen von Matthias Brandt.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Carsten Sebastian Henn: Der Gin des Lebens

Dass der Hürther Autor Carsten Henn in Sachen Wein und Krimi sein Wissen wunderbar kombiniert, goutiert seine Leserschaft seit langem. Bei seinem neusten Titel geht es ausnahmsweise nicht um den viel beschriebenen Rebensaft – um Mord allerdings weiterhin – und dass sich Mord und anderer Alkohol auch gut in einer spannenden Geschichte machen, zeigt schon der Titel. Der Schauplatz ist Südengland, dem ersten Toten begegnet man auf Seite 2, und die zahlreichen Zutaten für den „Gin des Lebens“ verfolgen einen bis zur letzten Seite – Zusammen mit etwas Liebe, Familiengeschichte und natürlich der Auflösung des Falls.

Locker geschrieben ist man nach der letzten Seite unsicher, ob man erst der englischen Hafenstadt Plymouth einen Besuch abstatten soll oder sein kulinarisches Wissen über Gin erweitern möchte. Nun – in Coronazeiten ist nur eine der beiden Möglichkeiten verfügbar: Zum Wohl allerseits!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Arno Geiger: Der alte König in seinem Exil

Der österreichische Autor hat seinen an Alzheimer erkrankten Vater über viele Jahre begleitet und gepflegt. Dabei erlebt er, wie sich bei dem älteren Mann die Orientierung in Zeit und Raum langsam auflösen und Erinnerungen verschwimmen. Dennoch bleibt er witzig und charmant, und erzählt gerne von seiner Kindheit und Jugend. In Gesprächen und gemeinsamen Unternehmungen lernt der Sohn seinen Vater noch einmal neu und anders kennen, und beide genießen trotz aller Einschränkungen die letzte gemeinsame Zeit.

Arno Geiger hat ein warmherziges Buch über einen langen Abschied geschrieben. Für alle, die in ihrem Umfeld eine Demenzerkrankung miterlebt haben, bietet es Anregung und Trost.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Irene Grentz)

 

 

Unsere Lesetipps vom 03.12.2020

Carmen Korn: Trilogie – Töchter einer neuen Zeit – Zeiten des Aufbruchs – Zeitenwende

Die Autorin spannt in ihren drei Romanen einen Erzählbogen vom Frühjahr 1919 bis zur Jahrtausendwende und erzählt die Lebensgeschichte von vier Freundinnen auf dem Hintergrund der jeweiligen politischen Situation. Als junge Frauen suchen Henny, Käthe, Ida und Lina in Band 1 noch ihren jeweiligen Weg. In der Fortsetzung erfahren die Leser*innen, wie die Frauen in der Nachkriegszeit und den Sechzigerjahren leben. Im Band 3 erleben sie nun als Großmütter Wiedervereinigung und Jahrtausendwende und schauen auf die Zukunft ihrer Enkelkinder.

Mit großem Interesse habe ich die Lebenswege der vier unterschiedlichen Frauen gelesen, deren Freundschaft in allen persönlichen Höhen und Tiefen Bestand hat und die unabhängig von der jeweiligen politischen Situation zusammenhalten.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Jutta Mittwede)

 

Ann Petry: The Street – Die Straße

Im New Yorker Stadtteil Harlem hat es Lucie im Jahr 1946 als alleinerziehende Mutter und Schwarze besonders schwer. Sie ist fest entschlossen ihrem Sohn Bubb eine gute Zukunft zu bieten und ihn zu einem anständigen Menschen zu erziehen. Aber in ihrem Lebensumfeld voller Armut, Gewalt, Frauenfeindlichkeit und Ausbeutung durch die Weißen kann ihr dies nicht gelingen.

Ein eindrucksvoller Roman über eine Frau in äußerst schwierigen Lebensumständen, der leider immer noch Aktualität hat.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Johanna Hartlaub)

 

Thornton Wilder: Der achte Schöpfungstag

Auf dem Weg zu seiner Hinrichtung wird ein unschuldig Verurteilter von Maskierten befreit. Ihm gelingt die Flucht, und er kann fern der Heimat ein neues Leben beginnen. Seine Familie sieht er allerdings nie wieder. Der Autor erzählt in diesem preisgekrönten Roman aus dem Jahr 1967 die Geschichte zweier amerikanischer Familien über mehrere Generationen und Länder. Dabei geht es nicht nur um die Aufklärung des Mordes, sondern vielmehr auch um große Sinnfragen des Lebens.

Ein Roman, den ich nach vielen Jahren noch einmal gelesen habe und der mich wieder begeistert hat. Thornton Wilder schreibt spannend und tiefgründig mit wunderbarer Sprache.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

 

Unsere Lesetipps vom 26.11.2020

Annette Hess: Deutsches Haus
Eva, eine junge Dolmetscherin für Polnisch, erhält im Jahr 1963 unerwartet die Anfrage, beim ersten Auschwitz-Prozess in Frankfurt mitzuwirken und zu übersetzen. Sowohl ihre Eltern als auch ihr zukünftiger Verlobter wollen sie davon abhalten. Doch Eva hört nicht auf sie und nimmt das Angebot an. Was sie im Laufe des Verfahrens hört und erfährt, verändert ihr Leben und ihren Blick auf die Vergangenheit.
Die Autorin greift in ihrem Roman ein Thema auf, das nicht neu ist, aber nach wie vor hoch aktuell und wichtig.
(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Johanna Hartlaub)


Daniela Krien: Die Liebe im Ernstfall
Fünf Frauen, als Kinder aufgewachsen in der DDR, lernen nach dem Fall der Mauer, dass die Freiheit auch ein Zwang sein kann – der Zwang zu wählen. Fünf Frauen, deren Leben sich kreuzen – jede hat ihre ganz eigene Perspektive, jeder ist ein eigenes Kapitel des Buches gewidmet. Und überall lauten die Fragen ganz ähnlich: Was macht mich aus, was sind meine Ziele, wo sind meine Grenzen?
Fünf Frauenperspektiven werden von Daniela Krien kunstvoll verwoben und egal, welche der fünf Geschichten man liest, man kann die Hauptfigur verstehen und ist berührt von ihrer Trauer oder ihrem Glück.
(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

Kurt Tucholsky: Gedichte
Als Journalist, Satiriker, Roman- und Kabarettautor sowie Literatur-, Film- und Musikkritiker war der Berliner Kurt Tucholsky in der Weimarer Zeit sehr erfolgreich und hatte großen Einfluss als Publizist. Sehr früh warnte er vor den Nationalsozialisten und verließ bereits 1929 Deutschland. Seine Beziehungen zu Frauen waren allerdings schwierig und gelangen ihm nicht so gut. Trotzdem schrieb er zeitlose Liebesgeschichten. In den Gedichten wird Tucholskys Talent zur Beurteilung von Sprachen, Sitten und Gebräuchen und Menschen sehr deutlich.
In den letzten Wochen haben mich die Gedichte Tucholskys begleitet und erfreut. Als besonderen Lesetipp nenne ich seinen Text „An das Publikum.“
(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Emma Kleps)

 

 

Unsere Lesetipps vom 29. Oktober 2020

 

Tom Saller: Wenn Martha tanzt

Der Student Thomas findet nach dem Tod seiner Großmutter Hedi zufällig ein verstecktes Tagebuch ihrer Mutter Martha. Natürlich liest er es und hofft, endlich mehr aus Kindheit und Jugend seiner Oma und ihrer Familie zu erfahren. Mit Erstaunen erfährt er, dass Martha an der neu eröffneten Bauhausschule in Weimar Ausdruckstanz lernte und in engem Kontakt zu berühmten Künstlern dieser Zeit stand. Später kehrte sie mit einem Säugling in ihr Heimatdorf in Pommern zurück und heiratete ihren Jugendfreund. Marthas Aufzeichnungen enden auf mit ihrer Flucht kurz vor Kriegsende. Mithilfe des Tagesbuchs findet Thomas ihre Spur wieder.

Die Zeitsprünge in der Erzählung und die zahlreichen Überraschungen und Wendungen in der Geschichte machen das Buch zu einem spannenden und abwechslungsreichen Leseerlebnis.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Gerti Asbach)

 

Amos Oz: Eine Geschichte von Liebe und Finsternis

 Der Autor erzählt in diesem Roman mit autobiographischem Bezug die Geschichte des Jungen Amos und seiner Familie. Im Mittelpunkt stehen dabei seine Eltern, ihre Liebe, ihr Leben in der Diaspora und ihr Überleben des Holocaust. Sie kommen in den vierziger Jahren nach Jerusalem, erleben voller Zuversicht die Gründung des Staates Israel und werden in ihrer neuen Heimat dennoch nicht glücklich. Auf dem Hintergrund dieser groß angelegten Familiensaga erfahren die Leser*innen gleichzeitig viel über die Hoffnungen und Träume eines ganzen Volkes.

Auch nach mehrmaligem Lesen ist dieses ca. 800 Seiten dicke Buch für mich ergreifend und unvergesslich.

 (Empfehlung von Lese-Café-Besucherin und Lesementorin Ingrid Fischer)

 

Jonathan Franzen: Die Korrekturen

Dieses Buch ist bereits im Jahr 2001 erschienen und hat damals Leser*innen in aller Welt begeistert. Der Autor versammelt in seiner Geschichte die Familie Lambert zu einem „letzten“ Weihnachtsfest im Mittleren Westen Amerikas. Er erzählt leicht und direkt, bissig und humorvoll, präzise und mitreißend von den Beziehungen und Verstrickungen innerhalb dieser Familie und dem Bemühen der Eltern und ihrer drei erwachsenen Kinder mit dem eigenen Leben zurechtzukommen.

Selten sind die Beziehungen innerhalb einer Familie so realistisch und unterhaltsam erzählt und beschrieben worden wie in diesem Roman. Es lohnt sich unbedingt, ihn auch ein zweites Mal zu lesen – und das nicht nur vor einem Familientreffen zu Weihnachten.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Gabriele Remke)

 

 

Unsere Lesetipps vom 08. Oktober 2020

 Alain Claude Sulzer: Postskriptum

Der erfolgreiche jüdische Filmstar Lionel Kupfer bereitet sich im Januar 1933 in einem Schweizer Hotel auf seine nächste Filmrolle vor und hat dort eine kurze Affäre mit dem Postboten des Ortes. Dann erhält er Besuch von seinem langjährigen verheirateten Geliebten, der inzwischen enge Verbindung zu den Nationalsozialisten hat. Eduard überbringt die Nachricht, dass der Film nicht wie geplant gedreht wird. Kupfer erkennt die zunehmende politische Gefahr für ihn als Juden und emigriert nach Amerika. Im Alter blickt er noch einmal auf diese Vorkriegszeit, sein Leben im Exil und sein erfolgreiches Comeback zurück.

In diesem Roman begleitet man die Protagonisten über Jahrzehnte und erlebt, wie sie einander auch in der räumlichen Distanz verbunden bleiben.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Gerti Asbach)

 

Ragnar Jónasson: Die Hulda-Trilogie (Teil 1: Dunkel; Teil 2: Insel; Teil 3: Nebel)

Die Trilogie handelt von Hulda, einer Ermittlerin, die kurz vor ihrer Pensionierung von einem jüngeren Kollegen ersetzt werden soll. Sie räumt nicht freiwillig das Feld. So wird ihr zugestanden, zuvor noch einen „Cold Case“ – einen alten ungelösten Kriminalfall – zu bearbeiten. Der Autor, Mitbegründer des Reykjavik International Crime Writing Festival beginnt die Trilogie mit dem inhaltlich letzten Teil des Geschehens. So kennt man schon das Ende, bevor man mehr über die Schatten erfährt, die über Huldas Vergangenheit liegen und tiefe Einblicke in ihre Gefühlswelt erhält.

Die Reihe ist düster und melancholisch, übt jedoch einen starken Sog aus. Unvorhersehbare Wendungen vermitteln eine enorme Spannung. Das Ende lässt einen sprachlos zurück.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Ruth Baumeister)

 

Marco Bolzane: Das Leben wartet nicht

Der Autor, Lehrer an einem Mailänder Gymnasium, erzählt die Geschichte des Kindes Ninetto, das sich aus dem armen Süden Italiens alleine aufmacht, um im Norden des Landes Lohn und Arbeit zu finden. Tatsächlich findet Ninetto schnell eine Anstellung als Bote und kann damit seine Lebenssituation verbessern. Als er über fünfzig Jahre später zurückblickt, muss er feststellen, dass er doch nicht das große Glück gefunden hat. Nachdenklich schaut Ninetto auf die neuen Arbeitssuchenden, z.B. aus China und Nordafrika, die nun ebenfalls ihre Heimat verlassen haben, um woanders ein besseres Leben zu finden.

Marco Bolzano erzählt am Beispiel eines Jungen von der Kinderemigration in den späten 50er und 60er Jahren in Italien, als viele Kinder aus den ärmsten Familien im Süden des Landes in den Norden ausgewandert sind. Aber auch heute ist das Thema „Migration“ unverändert sehr aktuell.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Gabriele Remke)

 

 

Unsere Lesetipps vom 01. Oktober 2020

Mariana Leky: Was man von hier aus sehen kann

Die Handlung dieses Buches spielt in einem kleinen Dorf im Westerwald, wo die alte Selma den Tod eines Menschen voraussehen kann, wenn ihr im Traum ein Okapi erscheint. Allerdings weiß sie nicht, wer sterben wird. So setzen ihre nächtlichen Ahnungen unerwartete und ergreifende Entwicklungen bei den  Bewohner*innen mit ihren meist etwas skurrilen Charakteren in Gang. In ihrem besonderen Sprachstil erzählt die Autorin von lustigen, traurigen und schrägen Ereignissen der Dorfgemeinschaft.

Dieses Buch hat mich so in den Bann gezogen, dass ich es nicht mehr aus der Hand legen wollte. Es war mein persönlicher Roman des Jahres 2019.

(Empfehlung von Lesementorin Filiz Kücükaksu)

 

Tom Saller: Ein neues Blau

Anja, ein widerspenstiger Teenager wird Gesellschafterin der alten Dame Lili, die zurückgezogen in einer Villa in Berlin – Charlottenburg lebt. Was am Anfang unvereinbar scheint, entwickelt sich zu einer glücklichen Begegnung. Nach und nach erzählt Lili aus ihrer Kindheit und Jugend in Berlin, ihrer Flucht vor den Nationalsozialisten und ihrer Arbeit für die Königliche Porzellanmanufaktur. Auch die junge Anja kann sich emotional öffnen und ihren Lebensfragen stellen.

Der Roman bietet eine interessante Zeitreise durch die letzten Jahrzehnte. Besonders genussvoll wird das Lesen bei einer Tasse Tee aus dem Lieblingsporzellan.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Gerti Asbach)

 

Michael Robotham: Schweige still

Der Psychologe Cyrus Haven musste als Kind erleben, dass sein älterer Bruder seine Eltern und die Geschwister brutal getötet hat. Nun berät er die Polizei bei der Aufklärung von Gewaltverbrechen. Bei der Untersuchung eines Mordes an einem Teenager, lernt Cyrus die junge Evie kennen. Auch sie hat als Kind ihre Eltern durch ein Verbrechen verloren und wurde dann jahrelang eingesperrt und missbraucht. Zwischen diesen beiden Menschen entwickelt sich eine zugleich professionelle und menschliche Beziehung, die zur Lösung des Falles beiträgt.

Die Untersuchung des Mordes wird abwechselnd vom Psychologen und der jungen Frau erzählt. Die Leser*innen entwickeln dadurch viel Verständnis für die Beiden und fiebern gleichzeitig der Aufklärung des Falles entgegen. Für mich ist es ein absolut spannender Krimi mit Tiefgang.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Unsere Lesetipps vom 24. September 2020

 

Carlos Ruiz Zafon: Der Schatten des Windes

Daniel lebt im düsteren Barcelona der Franco-Ära. Als sein Vater ihn eines Tages auf den „Friedhof der Vergessenen Bücher“ führt, entdeckt der Junge dort den Roman eines verschollenen Autors. Für dessen Buch fühlt Daniel sich nun verantwortlich und macht sich auf die Suche nach dem Schriftsteller. Dabei verändert sich sein Leben sehr, und er gerät in große und rätselhafte Gefahren.

Carlos Ruiz Zafon ist im Juni 2020 verstorben. Dies war Anlass, seinen Roman aus dem Jahr 2002 noch einmal aus dem Bücherschrank zu holen. Auch beim zweiten Lesen hat mich die Handlung in ihren Bann gezogen und die Geschichte gefesselt.

 (Empfehlung von  Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Albert, Cordelia: Als Ludwig aus dem Rahmen stieg – Beethoven erzählt sein Leben für Kinder

Alle, die das Klavierspiel erlernt haben, werden sich erinnern: Irgendwann darf man „Für Elise“ von Ludwig van Beethoven spielen. Tatsächlich ist das Üben aber nicht so mühelos wie erhofft. Da schimpft man schon mal auf den Komponisten. So geht es auch dem kleinen Jungen in diesem Buch, der dann von Beethoven selbst Unterstützung bekommt. Dieser entsteigt einem Bilderrahmen über dem Klavier und lässt sich auf ein Zwiegespräch mit dem jungen Klavierspieler ein. Fällt ihm das Üben anschließend leichter?

Diesen Buchtipp für Kinder habe ich in der Zeitung entdeckt und kann mir gut vorstellen, dass diese Lektüre auch noch für Erwachsene interessant ist.

 (Empfehlung von Lesefreundin Sabine Faßbender)

 

Wolfram Fleischhauer: Das Meer

Im Mittelpunkt dieses Romans stehen zwei Frauen, die als Beauftragte der EU und als Umweltaktivistin die Bedingungen des Fischfangs untersuchen und erkunden. Sie entdecken, dass weltweit Flüchtlinge und Illegale auf Fangschiffe gelockt werden und dort unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen. Illegale Fischfänge werden durch Umladungen und Mischungen so lange mit anderen Fängen vermischt, bis sie nicht mehr als solche nachgewiesen werden können. Im Laufe ihrer Recherche geraten die beiden Frauen in höchste Gefahr. Verzweifelt versuchen Angehörige und Freunde ihr Leben zu retten.

Der Autor ist Konferenzdolmetscher in Brüssel und verknüpft sein Sachwissen und spannende Handlung zu einem Ökologie-Thriller. Seine Äußerungen über das heutige Europa finde ich faszinierend und lesenswert.

(Empfehlung von Lese-Café-Besucherin Emma Kleps)

 

Unsere Lesetipps vom 17. September 2020

 Donna Tartt:  Der Distelfink

Theo Decker ist 13 Jahre alt und besucht zusammen mit seiner Mutter das Metropolitan Museum of Art, die dort bei einem Bombenanschlag stirbt. Nun verändert sich sein Leben radikal. Zuerst kommt er bei der Familie eines Klassenkameraden unter, später holt ihn sein alkoholkranker Vater zu sich nach Nevada. Mit jedem Jahr wachsen Theos Probleme, und dabei spielt das berühmte Gemälde „Der Distelfink“ des niederländischen Maler Carel Fabritius eine wichtige Rolle.

Dies Buch ist genau das, was ich unter einem echten Schmöker verstehe – einmal versinken und kaum imstande sein, wiederaufzutauchen. Was bei über 1000 Seiten aber schwierig ist, da man ja ab und zu etwas essen und trinken muss.

 (Empfehlung Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Eowyn Ivey: Das Leuchten am Rand der Welt

Im Winter 1885 erhält Lieutenant Allen Forrester den Auftrag, um Namen der U.S. Armee den Wolverine River in Alaska zu erforschen. Niemand kann voraussehen, was ihn und seine Männer in diesem geheimnisvollen und noch unerforschten Landstrich erwartet.

Forresters Ehefrau Sophie würde ihn gerne auf der Reise begleiten, ist sie doch leidenschaftliche Vogelkundlerin. Sie ist jedoch schwanger und muss deshalb in Vancouver zurückbleiben. Aber auch dort fordert ihr das Leben ebenso viel Mut ab wie ihrem Mann n der Wildnis.

Nie bin ich dem Leben in Alaska so nahegekommen, habe die Entbehrungen und die Wildheit so intensiv mitgespürt. Das Buch erzählt eindrücklich von mutigen Menschen in schwierigen Zeiten.

 (Empfehlung von Lesementorin Sabine Reiter-Meier)

 

 Abbie Greaves: Hör mir zu, auch wenn ich schweige

Nach über 40 Jahren Ehe hört Frank auf, mit seiner Frau zu sprechen, und Maggie erträgt dennoch geduldig und liebevoll seine Schweigsamkeit. Doch dann muss sie plötzlich ins Krankenhaus und liegt dort in tiefem Koma. Eine Krankenschwester macht Frank deutlich, dass er seine Frau wieder ins Leben zurückholen kann – wenn er wieder mit ihr spricht. Und so beginnt er zu erzählen, ruft den Beginn ihrer Beziehung in Erinnerung, drückt zaghaft und dennoch intensiv seine Liebe zu Maggie aus und lässt sie nach und nach wissen, warum er stumm geworden ist.

Eine Liebes- und Beziehungsgeschichte voller Emotionen, die auch Gefühle wie Schuld und Scham nicht verschweigt. Als Leser*in fiebert man der Aufklärung entgegen und ist beglückt über ein versöhnliches Ende, das aber keineswegs kitschig ist.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

 

Unsere Lesetipps vom 10. September 2020

 Hermann Hesse: Tessin

Schon als Kind lernte der in Calw/Württemberg geborene Autor durch die berufliche Tätigkeit seines Vaters die Schweiz kennen. In seinen mittleren Jahren siedelte er in das von ihm sehr geliebte Tessin um, das er so beschreibt: „Hier ist die Sonne intensiver und wärmer, die Berge sind röter, hier wachsen Kastanien, Trauben, Mandeln und Feigen. Die Menschen sind gut, wohlerzogen und freundlich…“.

 

„Tessin“ ist eine wunderbare Sammlung von Gedichten, Aquarellen und Texten und eines meiner Lieblingsbücher, an dem ich mich immer wieder erfreuen kann.

 

(Empfehlung von Lese-Café Besucherin Jutta Mittwede)

 

 

Wolfgang Herrndorf: Tschick

Tschick heißt eigentlich Andrej Tschichatschow, hat es von der Förderschule auf das Gymnasium geschafft und ist alles andere als ein gutes Beispiel für Integration. In einem gestohlenen Wagen macht er sich auf den Weg irgendwohin, zusammen mit Maik, aus dessen Sicht das Buch erzählt ist. Auch Maik ist Außenseiter und hat in den Ferien sowieso nichts vor. So fahren sie zusammen los ohne Ziel und Landkarte. Es wird eine Irrfahrt durch den Osten Deutschlands, und was sie erleben ist wunderbar schräg, erzählt in einem schnoddrigen Tonfall.

Falls jemand dieses Buch tatsächlich noch nicht kennt – unbedingt lesen! Tschick stand nicht nur auf den Bestsellerlisten, der Roman wurde auch verfilmt und auf die Bühne gebracht. Er wird in der Oberstufe behandelt, und die Jugendlichen finden ihn trotzdem gut. Das will etwas heißen!

 (Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

Filiz Sarimese: Wohin gehst du?

Die Hürther Autorin und Lesementorin erzählt in diesem Buch die fast wahre Geschichte eines Straßenhundes. Geboren ist dieser Hund in einem kleinen türkischen Dorf am Mittelmeer und muss sich dort in seiner ersten Lebenszeit in den Straßen und am Strand durchschlagen. Zum Glück „adoptiert“ ihn eine Familie und nimmt ihn mit nach Deutschland. Dort wird zwar alles besser – aber auch ein Hund muss sich an rheinische Gepflogenheiten erst einmal gewöhnen.

Vor allem die 7 – 12jährigen werden Freude an dieser Geschichte haben, die auf den wahren Erlebnissen unseres Familienhundes basiert.

(Empfehlung von Lesementorin Filiz Kücükaksu)

 

                                                               

 

Unsere Lesetipps vom 03. September 2020

Welt, bleib wach: Das große Buch vom Lesen

Immer schon haben Menschen gerne und viel gelesen, sich damit Wissen angeeignet, ihre Fantasie angeregt, Träume lebendig werden lassen und sich mit der eigenen Person und der Welt auseinandergesetzt. In diesem Buch nun schildern bekannte und unbekannte Persönlichkeiten ihren Zugang und ihren Umgang mit Büchern und dem Lesen und gewähren Einblick in ihre Lesebiographien.

Dieses Buch ist eine wirkliche Anstiftung zum Lesen und hochinteressant.

(Empfehlung von Lesefreund und Lesementor Manfred Pfeil)

 

James Baldwin: Giovannis Zimmer

Das Buch hat James Baldwin bereits im Jahr 1956 geschrieben. Nun ist es neu übersetzt wieder veröffentlicht worden und in seiner Thematik unverändert aktuell. Der Amerikaner David lebt in Paris und verliebt sich in den italienischen Barmann Giovanni, der seine Homosexualität offen auslebt. Die beiden beginnen eine Affäre, die mit der Rückkehr von Davids Verlobten tragisch endet. 

Eine Liebe zwischen zwei Männern, voll von Sehnsucht und doch tragisch. Ein Buch, das mich tief beeindruckt hat.

(Empfehlung von Lesementorin Sabine Reiter-Meier)

 

Kiran Millwood Hargrave: Vardö – Nach dem Sturm

Weit oben im Norden Norwegens tötet am Weihnachtsabend 1617 ein plötzlicher Sturm alle Männer der kleinen Insel Vardö beim Fischfang. Die zurückgebliebenen Frauen müssen nun alle Kräfte zum Überleben aufbieten. Dabei lösen sich tradierte Rollenmuster auf, und es entstehen Spannungen innerhalb der Gruppe. Dies wird verstärkt, als ein Mann auf die Insel kommt, der Erfahrung mit Hexenverfolgung hat und eine alte Ordnung wiederherstellen soll. Seine Frau fürchtet ihn sehr und kann sich trotzdem mit Hilfe einer Dorfbewohnerin von seiner Tyrannei befreien.

Schnörkellos und dennoch detailliert erzählt die Autorin die Geschichte der Frauen und lässt ein Bild vom harten Leben im rauen Klima entstehen. Umso mehr wirkt darin die zarte Liebesgeschichte, die sich zwischen einer Inselbewohnerin und der Zugezogenen entwickelt.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

 

Unsere Lesetipps vom 27. August 2020

 Patrik Svensson: Das Evangelium der Aale

Der Autor in der Nähe der schwedischen „Aalküste“ aufgewachsen und hat in seiner Kindheit beim Aalfischen mit seinem Vater große Nähe zu ihm empfunden. Nun schreibt Svensson über die Natur- und Kulturgeschichte der Aale und verbindet dies leicht lesbar und dennoch richtig spannend mit seiner persönlichen Geschichte und ein Leben auf der Suche.

Ein ungewöhnliches Buch, in dem viele Fragen über Natur, über das Leben und den Tod angesprochen werden. Mein persönliches Fazit: Einfach beeindruckend und lesenswert! Ich habe viel gelernt, nicht nur über Aale.

 (Empfehlung von Lesementorin Sabine Reiter-Meier)

 

Günter Grass: Die Blechtrommel

 

Aale spielen auch in diesem bedeutsamen Werk des Literaturnobelpreisträgers von 1999 eine Rolle. Grass lässt den kleinwüchsigen Oskar Matzerath schalkhaft und mit scharfem Blick auf die deutsche Geschichte vom Vorkriegs-Danzig bis in die Nachkriegszeit in Düsseldorf schauen und sprachgewaltig und mitreißend davon erzählen. Seine kleine Blechtrommel begleitet den Protagonisten dabei als unverzichtbares Ausdrucksmittel.

Das Buch ist ein Schatzkasten der deutschen Sprache und ein großes Ereignis für mich.

(Empfehlung von Lese-Café Besucherin Emma Kleps)

 

 Viveca Sten: Flucht in die Schären – Ein Fall für Thomas Andreasson

Flucht vor dem prügelnden Ehemann, Ermittlung gegen diesen als Steuerhinterzieher, wobei es nur nicht genügend Beweise gibt für Drogenhandel und Geldwäsche – dies sind brisante Themen für einen spannenden Krimi und den Ermittler Thomas Andreasson!

Dieses Buch ist der neunte Band der Krimiserie, die alle in den Schären Schwedens spielen. Entsprechend ähnlich lauten auch die einzelnen Titel (zumindest in der deutschen Übersetzung), was die einzelnen Bücher aber nicht weniger lesenswert machen. Im Gegenteil, man kann sich freuen, dass es mehr gibt von dieser Autorin, die uns auch die Zukunft noch weitere Fälle bescheren wird.

Gutes Futter für Krimifans, die es nicht so superblutig, sondern eher well done mögen!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

                                               

Unsere Lesetipps vom 18. Juni 2020:

Von Ulla Buse (Lesefreunde)

  1. Nino Haratischwili: Das achte Leben (für Brilka) – geb. 34 € oder TB 18 € oder Stadtbücherei
  2. Robert Seethaler: Ein ganzes Leben – geb. 17,90 € oder TB 11 € oder Stadtbücherei
  3. Katarzyna Gladysz: Ausgestorben. Bilderbuch – geb. 22 € oder Stadtbücherei
  4. Astrid Lindgren: Die Brüder Löwenherz – geb. 15 € oder Stadtbücherei
  5. Joachim Meyerhoff: Alle Toten fliegen hoch: Amerika – TB 10,99 € oder Stadtbücherei
  6. Hans Fallada: Wolf unter Wölfen – TB 14,99 € oder Stadtbücherei
  7. Karl Ove Knausgard: Sterben – TB 11 € oder Stadtbücherei

 

Von Michael Cöln (Archiv)

  1. Volker Kutscher: Der nasse Fisch – TB 12 € oder Stadtbücherei
  2. Nele Neuhaus: Wer Wind sät – TB 12 € oder Stadtbücherei
  3. Nick Hornby: Fever Pitch – TB 8,99 €
  4. Edgar Allan Poe: Gesammelte Werke – geb. 9,95 € oder Bücher in der Stadtbücherei
  5. Jules Verne: 20.000 Meilen unter dem Meer – TB 8,99 € oder Stadtbücherei
  6. Ferdinand von Schirach: Verbrechen – TB 10 € oder Stadtbücherei
  7. James Hawes: Die kürzeste Geschichte Deutschlands – TB 10 € oder Stadtbücherei
  8. Ken Follet: Löwen – TB 12 €
  9. Frank Schätzing: Tod und Teufel – TB 11 € oder Stadtbücherei

 

Von Barbara Hoevels (Stadtbücherei)

  1. Delia Owens: Der Gesang der Flusskrebse – geb. 22 € oder Stadtbücherei
  2. Juli Zeh: Unterleuten – geb. 24,99 € oder TB 12 € oder Stadtbücherei
  3. Matthias Brandt: Blackbird – geb. 22 € oder Stadtbücherei
  4. Sasa Stanisic: Herkunft – geb. 22 € oder Stadtbücherei
  5. Wolfram Fleischhauer: Das Meer – geb. 19,99 € oder TB 9,99 € oder Stadtbücherei
  6. Chimamanda Ngosi Adichie: Americanah – geb. 24,99 € oder TB 14 € oder Stadtbücherei
  7. Liza Spit: Und es schmilzt – geb. 22 € oder TB 12 € oder Stadtbücherei
  8. Zsuzsa Bank: Schlafen werden wir später – geb. 24 € oder TB 12 € oder Stadtbücherei

 

 

vom 11. Juni 2020


Kübra Gümüsay: Sprache und Sein
Die Autorin legt in ihrem Buch an zahlreichen Beispielen dar, wie Sprache unser Denken und unser Weltbild prägen und letztlich auch die Politik bestimmen. In einer Zeit zunehmend harter und oft hasserfüllter verbaler Auseinandersetzungen wird es immer wichtiger, auch über den täglichen Sprachgebrauch nachzudenken. Erst dann sind Veränderungen möglich, und man kann Sprache menschlicher und gerechter gebrauchen und somit auch der Vielfältigkeit des Lebens gerechter werden.
Dies ist eine Lektüre mit Erklärungen und Denkanstößen, die auch für das Alltagsleben große Bedeutung haben. Mich hat das Buch darin bestärkt, weiterhin konsequent und deutlich gegen Diskriminierung und Abwertung jeder Art einzutreten.
(Empfehlung von Lesefreund und Mentor Manfred Pfeil)


Mitch Alborn: Dienstags bei Morrie (Tuesdays with Morrie)
Der amerikanische Schriftsteller erzählt in diesem Buch von seinen wöchentlichen Treffen mit seinem ehemaligen Professor. Dieser ist sehr schwer krank und muss mit seinem baldigen Tod rechnen. Mitch meint, Morrie aufheitern und in seiner letzten Lebenszeit besonders unterstützen zu müssen. Tatsächlich erlebt er, dass der Professor immer noch derjenige ist, von dem er etwas fürs Leben lernen kann.
„Wenn du lernst zu sterben, lernst du auch zu leben“ – dies ist wohl die Kernaussage des Romans. Für mich ist dieses Buch eines, das man auch mehr als einmal lesen kann.
(Empfehlung von Lese-Café Besucherin Hildegard Wilkes)

Ken Follett: Die Löwen
Eine Engländerin und ein Amerikaner begegnen sich während ihrer jeweiligen Einsätze im Hindukusch und werden trotz ihrer unterschiedlichen Aufgaben und Ziele ein Paar. Hineingezogen in den Strudel der politischen Schwierigkeiten und kriegerischen Auseinandersetzungen in Afghanistan wird ihre Beziehung auf die Probe gestellt.
Dieser Thriller hat alles, was eine Sommerlektüre braucht, und dem Autor ist es gelungen, einen realen Hintergrund als Schauplatz für eine äußerst spannende Geschichte zu nutzen.
(Empfehlung von Stadtarchivar Michael Cöln)

vom 28. Mai 2020

Maja Lunde: Die Geschichte der Bienen

Geschickt verwebt die Autorin in ihrem Roman drei Handlungsstränge über das Leben der Bienen durch Generationen. Sie erzählt von der Idee des Samenhändlers William im England des 19. Jahrhunderts für einen neuartigen Bienenstock, vom Imker Tom in Ohio im Jahr 2007, der vom Verschwinden der Bienen überrascht wird, und von der chinesischen Arbeiterin Tao im Jahr 2098, die Bäume von Hand bestäuben muss, weil es keine Bienen mehr gibt.

Maja Lunde zeigt die Verbindung der Menschen mit den Bienen über Jahrhunderte auf und macht dabei auf das nach wie vor aktuelle Thema des Bienensterbens aufmerksam. Mir hat besonders gefallen, dass sie die Charaktere der Menschen sehr anschaulich darstellt.

(Empfehlung von Lesementorin und Lese-Café Besucherin Ulla Lipp)

 

John Steinbeck: Früchte des Zorns

Staubstürme und Missernten, neue Agrartechniken und die wirtschaftliche Depression bringen die Landwirtschaft in Oklahoma in größte Bedrängnis und Tausende von Landarbeiten und Farmpächtern in den finanziellen Zusammenbruch. So machen sich zahllose Familien auf den Weg, um Arbeit auf kalifornischen Obstplantagen zu finden. Aber auch hier werden sie ausgenutzt und unterbezahlt und von Großgrundbesitzern und der Polizei unterdrückt. Klar und schonungslos beschreibt der Literaturnobelpreisträger John Steinbeck den hoffnungsvollen Aufbruch, die Not und Verzweiflung der Menschen und deckt dabei die menschlichen Folgen von Gewinnsucht und Hartherzigkeit auf.

Der Autor hat das Buch im Jahr 1939 geschrieben und dafür den Pulitzer-Preis erhalten. Es ist fast erschreckend, wie aktuell es jetzt wieder ist, wenn über die Folgen der Corona-Krise für Millionen von Arbeiter*innen auf der ganzen Welt berichtet wird. Für mich ist das Buch ein zeitloser literarischer Appell an Solidarität und Menschlichkeit.

(Empfehlung von Ulla Buse, Vorsitzende der Lesefreunde)

 

Zsuzsa Bank: Schlafen werden wir später

Zwei Frauen Anfang 40, Freundinnen seit klein auf, sind trotz ihrer unterschiedlichen Lebenswege eng verbunden. Marta lebt mit Mann und drei kleinen Kindern in einer deutschen Großstadt, ist eigentlich Schriftstellerin, aber ohne Zeit und Muße für ihre Arbeit. Johanna lebt alleine in einem kleinen Ort im Schwarzwald. Sie ist Lehrerin und denkt viel zu oft an den Mann, von dem sie verlassen wurde. Beide Frauen stellen sich dieselben Fragen: Wo stehen sie in ihrem Leben, was war, was wird noch kommen? Wird noch etwas kommen? Etwas Anderes? Im intensiven Mail-Austausch berichten sie sich wechselseitig von ihren Ängsten und Träumen und ihrem Alltag, der so verschieden ist.

Ein wunderbarer Roman über das, was im Leben wichtig ist, voller Empathie für seine beiden Hauptfiguren.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

 

vom 21. Mai 2020

 Hanns-Josef Ortheil: Lo und Lu – Roman eines Vaters

Der Literaturprofessor und Schriftsteller arbeitet zu Hause und erlebt mit seinen Kindern Lotta und Lukas viel gemeinsame Zeit von ihrer Geburt bis zu ihrer Einschulung. Wie in allen seinen Büchern erweist sich der Autor auch im „Roman eines Vaters“ als genauer und intensiver Beobachter, der die Erlebnisse und Erfahrungen dieser Jahre liebevoll erzählt.

Lo und Lu – für mich der schönste seiner Texte.

(Empfehlung der Lesefreundin und Lese-Café Besucherin Edelgard Thiel)

 

David Ball: Nacht über dem Yangtse

Eine Gruppe Amerikaner ist nach China gereist um dort Babys zu adoptieren. Kurz bevor die Adoption rechtskräftig wird, fordert die chinesische Verwaltung die Babys jedoch zurück. Ein Ehepaar, zwei Frauen und ein mitgereister Junge verweigern sich dieser Anordnung und können mithilfe ihrer chinesischen Reiseleiterin heimlich ihre Unterkunft verlassen. Verfolgt von der Polizei und dem Geheimdienst beginnt für alle eine abenteuerliche und äußerst gefährliche Flucht durch China.  

Sehr schnell wird man in den Bann der spannenden Handlung und temporeichen Erzählung gezogen und fiebert mit den Protagonist*innen, ob und wie sie gerettet werden.

(Empfehlung von Lese-Café- Teilnehmerin Roswitha Wilmer)

Frau Wilmer leiht das Buch auch gerne aus. Sie können sie erreichen unter 02233/46789 oder roswil13@gmail.com

 

Ingo Schulze: Die rechtschaffenen Mörder

Im Dresdner Stadtteil Blasewitz führt Norbert Paulini über 40 Jahre lang bis zur Wende im Jahr 1989 sehr erfolgreich ein Antiquariat. Die Folgen der Wiedervereinigung, die Konkurrenz durch das Internet und nicht zuletzt private Verwicklungen verändern das Leben und die politischen Ansichten dieses Mannes radikal. Der Autor bietet den Leser*innen aus verschiedenen Blickwinkeln und mit unterschiedlich aufgebauten Textteilen Einblick in das Leben Paulinis von der Kindheit in der DDR bis zu seinem Tod.

Das Buch war nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2020. Ich habe es gerade gelesen und kann es unbedingt weiterempfehlen.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Irene Grentz)

 

 

vom 14. Mai 2020

Lutz Seiler: Stern 111

Die Mauer zwischen Ost- und Westdeutschland fällt, eine Zeit mit vielen Änderungen beginnt. Für das Ehepaar Bischoff ist dies die Gelegenheit ihre Heimat Thüringen zu verlassen und sich mit einer Reise in den Westen einen lang gehegten Traum zu erfüllen. Ihr Sohn Carl zieht von Gera nach Berlin und erlebt dort eine aufregende erste Nachwendezeit. Doch die Suche nach einer glücklichen Veränderung ihres Lebens erweist sich für alle als schwierig.

Lutz Seiler hat für diesen Roman den Preis der Leipziger Buchmesse 2020 erhalten. Sein Buch habe ich mit großem Interesse und Gewinn gelesen.

(Empfehlung von Lese-Café Besucherin Gabriele Voß)

 

Dora Heldt: Drei Frauen am See

Jahrelang trafen sich vier Freundinnen einmal jährlich in einem Haus am See, wo sie als Kinder viele Stunden miteinander verbracht hatten. Nach einem Streit wurde die Regelmäßigkeit unterbrochen, und der Kontakt fand nur noch sporadisch statt. Dann stirbt eine der Frauen und bringt mit ihrem Testament die Überlebenden wieder zusammen.

Die unterschiedlichen Lebenswege, Einsichten und Erfahrungen der vier Frauen sind fesselnd erzählt und begeistern. Die Geschichte zeigt, wie Freundschaft auch über den Tod hinaus bleiben kann.

(Empfehlung von Lese-Café Besucherin Jutta Mittwede)

 

 Dror Mishani: Drei

Dror Mishani lebt in Tel Aviv und hat in Insrael bereits eine große Fangemeinde für seine Kriminalromane. Nun ist „Drei“ kein richtiger Krimi, obwohl auch in diesem Buch gemordet wird. Als Leser*in weiß man früh, dass die drei Frauen, von denen die Geschichte handelt, aufpassen sollten, anstatt sich aus Sehnsucht nach Nähe oder Neugierde auf den Mann vor sich einzulassen.

Mishanis Figuren wirken glaubwürdig, die Spannung lässt nicht nach, und man hofft bis zum originellen Ende, dass alles vielleicht doch anders ausgeht als es müsste.

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

 

 

vom 07. Mai 2020

Constanze Neumann: Der Himmel über Palermo

Im Jahr 1881 reist der Komponist Richard Wagner mit seiner Frau Cosima und ihrer Tochter aus erster Ehe, Blandine von Bülow, nach Palermo. Er sehnt sich nach Ruhe und will dort seine Oper „Parsifal“ beenden, während sich Frau und Stieftochter in das Gesellschaftsleben des sizilianischen Adels stürzen. Ob Blandine dort den Mann ihres Lebens findet?

Ein Buch, das von sorgenlosen Menschen und prachtvollen Festen in sonniger Landschaft handelt. Besonders gerne lese ich es vor dem Schlafengehen. Dann kann ich wunderbar abschalten und glücklich einschlafen.

(Empfehlung von Lese-Café Besucherin Emma Kleps)

 

Malala Yousafzai: Ich bin Malala

In dem Buch erzählt das Mädchen Malala von ihrer Kindheit und Jugend in Pakistan, der Unterdrückung durch die Taliban, die den Mädchen jegliche Schulbildung vorenthalten wollen und dem Attentat der Terroristen auf sie. Auf dem Weg von der Schule nach Hause wurde die 15-jährige durch einen Kopfschuss getroffen und überlebte schwer verletzt. Mutig und unerschrocken setzt Malala sich dennoch anschließend für Bildung und Bildungsgerechtigkeit ein. Für Ihr Engagement erhielt sie im Jahr 2014 den Friedensnobelpreis.

Das Buch kann ich besonders für ältere Kinder und Jugendliche nur empfehlen, zeigt es doch, dass es sich lohnt, nie aufzugeben.

(Empfehlung von Lesementorin Waltraud Meyer-Gladbach)

 

Delia Owens: Der Gesang der Flusskrebse

Das Marschmädchen wird sie genannt. Kya ist 6 Jahre alt, als ihre Mutter die armselige Hütte im Marschland an der Küste North Carolinas verlässt – für immer. Sie lernt, sich durchzuschlagen, alleine mit einem gewalttätigen und trunksüchtigen Vater inmitten von Salzwiesen und Sandbänken. Als es einen Todesfall gibt, sind sich die Bewohner des nahen Küstenstädtchens einig: Schuld ist Kya.

Ein Roman voll wunderbarer Naturbeschreibungen und einer isolierten Kindheit. Das Buch schaffte es im letzten Jahr wochenlang auf die Bestsellerliste, was nicht unbedingt ein Grund ist, ihn zu lesen. Aber ihn nicht zu lesen, nur weil er es in diese Liste geschafft hat, wäre fatal! Eine wunderbare Geschichte, eine wunderbare Sprache, ein wunderbares Buch!

(Empfehlung von Barbara Hoevels, Leiterin der Stadtbücherei)

 

 

 

vom 30. April

 Jojo Moyes: Ein ganzes halbes Jahr

 Nach einem Unfall ist der Banker Will Traynor querschnittsgelähmt und sitzt seit zwei Jahren im Rollstuhl. Nun braucht er eine neue Pflegekraft und stellt die junge Lou Clark ein. Sie bringt mit ihrer positiven Grundhaltung und ihrem Optimismus wieder Lebensfreude in sein Dasein, und die beiden verlieben sich sogar ineinander.

 

Die Autorin erzählt eine Geschichte voller Gefühle zum Schmunzeln, Lachen und Trauern. Mit großer Anteilnahme begleitet man als Leser*in das Paar durch seine gemeinsame Zeit.

(Empfehlung von Lese-Café Besucherin Jutta Mittwede)

 

 

Tilman Röhrig: Und morgen eine neue Welt

Der Hürther Autor, bekannt für seine historischen Romane, stellt diesmal Friedrich Engels in den Mittelpunkt seiner Erzählung. Mit einer geschickten Mischung aus geschichtlicher Wahrheit und Fantasie bringt er den Leser*innen den Fabrikanten, Gelehrten und einen der Vordenker des Kommunismus nahe. Dabei ist nicht nur Engels Zusammenarbeit mit Karl Marx von Bedeutung, vielmehr sind es auch die Frauen beider Männer.

Wie immer begeistert mich die Erzählweise von Tilman Röhrig. So wird Geschichte lebendig, mitreißend und verständlich dargestellt.

(Empfehlung von Lese-Café- Teilnehmerin Roswitha Wilmer)

Frau Wilmer leiht das Buch auch gerne aus. Sie können sie erreichen unter 02233/46789 oder roswil13@gmail.com

 

 

Hanns-Josef Ortheil: Liebesnähe

Ein Mann und eine Frau treffen sich zufällig in einem Hotel im Alpenvorland. Von Anfang an fühlen sie sich stark zueinander hingezogen, finden aber zunächst keine Worte für- und miteinander. Dennoch entwickelt sich durch Blicken, Gesten und Geschriebenes eine Kommunikation zwischen Beiden, und es entsteht eine „Liebesnähe“.

Ich war gespannt darauf, wie ein Schriftsteller mit seiner Biografie einen „Liebesroman“ schreibt. Und ich war sehr überrascht und begeistert.

(Empfehlung von Lesementorin und Kassenführerin der Lesefreunde Johanna Hartlaub)

 

 

vom 23. April 2020

 Michelle Obama: Becoming, Meine Geschichte

Wer kennt sie nicht – die kluge, warmherzige und elegante Frau des früheren amerikanischen Präsidenten Barack Obama. Aber sie war mehr als nur die First Lady an der Seite ihres Mannes. In dieser Autobiographie erzählt sie offen positive über Erlebnisse und Erfahrungen, spart aber auch Schwierigkeiten nicht aus. Sie macht insbesondere Frauen Mut, unbeirrt und selbstbewusst das eigene Leben in die Hand zu nehmen und zu gestalten.

Auch nach ihrer Zeit als Präsidentengattin hat Michelle Obama noch viel zu sagen. Ein anregendes Buch einer interessanten Frau – nicht nur für Frauen.

(Empfehlung von Lese-Café- Teilnehmerin Roswitha Wilmer)

Frau Wilmer leiht das Buch auch gerne aus. Sie können sie erreichen unter 02233/46789 oder roswil13@gmail.com

 

Isabel Bogdan: Der Pfau

Eine Gruppe Londoner Banker verbringt zusammen mit einer Psychologin und eigener Köchin das Wochenende auf einem Landsitz in den schottischen Highlands. Sie wollen die gemeinsame Zeit zu teambildenden Maßnahmen nutzen. Aber alles verläuft anders als geplant. Dies liegt vor allem an einem verrückt gewordenen Pfau und einem äußerst pragmatischen Hausherrn.

Es ist ein wunderbarer Unterhaltungsroman. Die Charaktere sind so detailliert und realistisch gezeichnet, dass die Leser*innen sie vor dem inneren Auge agieren sieht. Dabei spürt man förmlich das Zwinkern im Augenwinkel der Erzählerin, ohne dass ihr Ton ins Alberne oder Lächerliche abfällt.

(Empfehlung der Lesefreundin und Lesementorin Gabriele Remke)

 

Antoine de Saint Exupéry: Der kleine Prinz

Obwohl bereits im Jahr 1943 erschienen, ist dieses Buch zeitlos und immer aktuell. In einfacher und verständlicher Sprache ist der Text dennoch tiefgründig und voller Lebensweisheit. Die erzählte Freundschaft zwischen dem notgelandeten Flugzeugpiloten in der Wüste und seinem Retter, dem kleinen Prinzen, wird durch die Bilder des Autors einprägsam begleitet.

Gerade in Zeiten der Verunsicherung kann diese Geschichte wieder einmal aufzeigen, wie wichtig Zuversicht, Vertrauen und die innere Verbundenheit zwischen Menschen ist. Dies ist ein Buch zum (wiederholten) Selberlesen, aber auch zum Vorlesen und als Anlass für Gespräche.

(Empfehlung von Lesementorin Helge Kau)

 

 

vom 16. April 2020

 Hanns-Josef Ortheil: Die Erfindung des Lebens

Ein überbehütendes Elternpaar, das im Zweiten Weltkrieg und in den Jahren danach vier Söhne verloren hatte, ein Nachgeborener, der seine ersten Lebensjahre sprachlos zwischen seiner durch Trauer verstummten Mutter und seinem liebevollen Vater verbringt – das ist die Kindheit von Hanns-Josef Ortheil in Köln. Der Autor weckt in seinem autobiographischen Roman von Anfang an großes Interesse, ihn auf seinem Weg aus dieser Enge in die Welt der Sprache und des Erwachsenseins zu begleiten.

Mit dieser Erzählung begann für mich meine Liebe zu den Büchern von Hanns-Josef Ortheil.

(Empfehlung von Lesementorin und Kassenführerin der Lesefreunde Johanna Hartlaub)

 

 

Cynthia D`Aprix Sweeny: Das Nest

 Die Mittvierziger Melody, Jack, Beo und Leo leben in der Gewissheit, dass sie alle nach einer Verfügung ihres verstorbenen Vaters einmal viel Geld erben werden. Dies ist ihre einzige noch bestehende geschwisterliche Verbindung und führt sie zusammen, als alle in der Finanzkrise das Geld dringend brauchen. Doch ihre Mutter hat das Geld bereits anderweitig ausgegeben. So unfreiwillig vereint, müssen sich die Vier mit ihrer Vergangenheit und ihren Gefühlen auseinandersetzen. Ebenso verbindet die Geschwister die Notwendigkeit, neues Geld aufzutreiben.

Ein lebendig erzählter Familienroman, dessen Geschichte wieder einmal beweist, dass Geld nicht glücklich macht.

 (Empfehlung von Lesementorin Brigitte Worms)

 

 

Horst Wolfram Geißler: Alles kommt zu seiner Zeit (von 1953) und

                                              Königinnen sind so selten (von 1963)

 Geißler war ein Vielschreiber hat über 40 Romane veröffentlicht und ist vor allen mit seinem Buch „Der liebe Augustin“ berühmt geworden. In seinen Werken stecken Weisheit und Lebenserfahrung. Leider ist er zurzeit etwas in Vergessenheit geraten, aber vielleicht haben Sie Glück und entdecken eines seiner Bücher antiquarisch.

Der Autor bietet im besten Sinne altmodischen und romantischen Lesestoff für Zeiten, in denen die Seele auf „halbmast“ geflaggt ist. Gemütlich im Bett oder auf der Couch mit einer Kanne Tee kann man in einer vielleicht gar nicht existenten Welt neue Kraft schöpfen.

 (Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Marianne König-Kohlstadt)

vom 09. April 2020

Ernest van der Kwast: Fünf Viertelstunden bis zum Meer

Die Liebesgeschichte zwischen Ezio und Giovanna beginnt 1945 in Apulien am Strand von Lecce, endet jedoch aufgrund von Giovannas Freiheitsdrang rasch wieder. Über sechs Jahrzehnte sehnt sich Ezio nach seiner ersten und einzigen großen Liebe, die ein bewegtes Leben führt. Dann erhält er einen Brief von Giovanna.

Dies ist ein kleines Buch über eine große nichterfüllte Liebe.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Gerti Asbach)

 

Jung Chang: Wilde Schwäne

Die chinesisch stämmige Schriftstellerin Jung Chang erzählt in diesem autobiographischen Roman vom Leben einer Familie in China. Sie spannt dabei den Bogen über drei Generationen von der Kaiserzeit über die Herrschaft Maos bis in das Ende des 20. Jahrhunderts. Die jeweiligen Schicksale ihrer Großmutter, ihrer Mutter und ihr eigenes Leben stehen beispielhaft für die Erlebnisse und Erfahrungen Millionen anderer Menschen in diesem Land.

Das Buch ist sehr spannend, und man erhält Einsicht in Leben, Kultur und Denken in China.

(Empfehlung von Lesefreund Andreas Schulten)

 

Das große Buch der Fünf-Minuten-Geschichten

Dies ist ein Buch mit kurzen Texten für alle, die gerne vorlesen. Zum Glück geht dies auch ohne Körperkontakt, z.B. am Telefon oder per Skype. Ganz sicher freuen sich Ihre Kinder oder Enkelkinder oder Ihre Lesekinder darüber.

Dies Buch ist eine aufregende Geschichtensammlung und steckt voller zauberhafter und lustiger Gestalten, deren Abenteuer jedes Kind begeistern.

(Empfehlung von Lesementorin Brigitte Worms)

 

 

vom 02. April 2020

Kieran Larwood: Podkin Einohr, Band 1 – Der magische Dolch

Die Erzählung eines Barden für die Leser*innen tief in die Erde in einen Kaninchenbau. Eines Tages werden alle Tiere, die dort leben von einem feindlichen Stamm überfallen. Nur Podkin und seine beiden Geschwister können entkommen. Ihre Aufgabe ist es nun, die Kaninchenheit zu retten. Welche Abenteuer müssen sie bestehen, und wird es ihnen gelingen?

Das Buch war nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2019.

Ein sehr inspirierendes Buch über die Tapferkeit der Kleinen und die Macht des Zusammenhaltens

(Empfehlung von Lesementorin Birgit Anders)

 

Ulrich Schnabel: Zuversicht

Der Wissenschaftsjournalist und Autor von Sachbüchern Ulrich Schnabel schreibt in diesem Buch über Menschen, die auch unter schwierigen Lebensbedingungen ihren Lebensmut nicht verloren haben, wie z.B. der Physiker Stephen Hawking. Ulrich Schnabel stellt darüber hinaus Erkenntnisse und Ratschläge von Wissenschaftler*innen vor, wie Menschen auch in ernsten Lagen einer Gefahr trotzen und Handlungsspielräume für sich nutzen können.

Das Buch macht Mut, aus dem was ist, Kraft zu entwickeln und seine Situation selbst in die Hand zu nehmen, auch wenn nicht alles gut wird. Es gibt mir wirklich Zuversicht.

(Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Irene Grentz)

 

Fabio Geda: Der Sommer am Ende des Jahrhunderts

Eines Tages erhält der Vater des 12-jährigen Zeno eine lebensbedrohliche Diagnose. Obwohl er ihn noch gar nicht kennt, muss der Junge nun den Sommer bei seinem Großvater in Norditalien verbringen. Nur widerwillig nimmt dieser seinen Enkel auf, dennoch gelingt über die Zeit eine Annäherung zwischen den beiden Personen.

Ein Buch über die Bande zwischen Generationen und die heilende Kraft der Erinnerung.

 (Empfehlung von Lesefreundin und Lesementorin Gerti Asbach)

 

 

 

Unsere Lesetipps vom 27.03.2020

John Ironmonger: Der Wal und das Ende der Welt

„Ein kleines Dorf. Eine Epidemie und eine globale Krise. Und eine große Geschichte über die Menschlichkeit.“

So liest sich die Kurzbeschreibung über diesen Roman, dessen Handlung in einem kleinen Fischerdorf in Cornwall beginnt. Dort wird eines Tages ein junger Mann vom Meer angespült, dann strandet ein Wal, und Sonderbares entwickelt sich.

Jetzt, mitten in der Corona-Krise, ist es fast ein wenig unheimlich, wie aktuell die globale Krise im Roman beschrieben wird: der schnelle Zusammenbruch von allem, was wir als normal betrachten, aber auch der Zusammenhalt des Dorfes, die menschliche Nähe und gegenseitige Nachbarschaftshilfe. Vieles, von dem was ich beim Lesen dachte, dass dies vielleicht ein wenig unrealistisch und zu optimistisch geschrieben ist. Heute denke ich: Hoffentlich ist es weder das eine noch das andere!

(Empfehlung von Barbara Hoevels)

Isabel Allende: Dieser weite Weg

Dies ist ein Roman über den spanischen Bürgerkrieg und das Leben katalanischer Familien, die wegen des Sieges der Faschisten nach Südamerika fliehen und sich in Chile eine neue Existenz aufbauen.

Isabel Allende ist es auch in diesem Buch gelungen, einen historischen Hintergrund mit vielen faszinierenden Persönlichkeiten zu beleben. Ihre wunderbare Erzählweise und Sprache hat mich wieder begeistert.

(Empfehlung von Margret Schaaf)

Gabriel García Márquez: Die Liebe in den Zeiten der Cholera

Schon vor über 30 Jahren erschienen, ist dies immer noch eine zeitlose Geschichte über die Liebe. Als Achtzehnjähriger verliebt sich Florentino Ariza in die schöne Fermina Daza. Sie aber heiratet trotz seiner romantischen Werbung einen Arzt. Florentino hört nie auf, sie zu lieben und muss fast 52 Jahre warten, bis als Witwe mit ihm ein gemeinsames Leben beginnt.

Gerade in diesen Zeiten, wo wir unser Leben nicht so problemlos bestimmen können, wie wir uns das einmal vorgestellt haben, wo wir uns in Geduld, Zuversicht und Hoffnung üben müssen, lohnt es sich, dieses Buch noch einmal zu lesen. Márquez trägt uns mit seiner Erzählweise mühelos durch ein halbes Jahrzehnt Wartezeit seiner Protagonisten. Für mich ist eine der schönsten Liebesgeschichte der Literatur.

 (Empfehlung von Ulla Buse)